Türchen 20 meines Adventskalenders öffnet sich für euch....
Türchen 20 meines Adventskalenders öffnet sich für euch...
Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte
„Alle Jahre wieder...“ schallte es aus den Lautsprechern auf dem Weihnachtsmarkt.
Josef Christ schüttelte angewidert den Kopf. „Ich hasse Weihnachten!“, dachte er.
Solange er sich zurückerinnern konnte, hatte er nie ein schönes Weihnachtsfest erlebt.
Seine Eltern waren früh gestorben und so wuchs er in einem Waisenhaus auf, das sich allerdings nicht viel Mühe mit den Kindern gab. Sie bekamen zu essen und zu trinken, aber Aufmerksamkeit oder gar Liebe gab es in diesem Heim nicht für die Kinder. Weihnachten wurde überhaupt nicht gefeiert. Überall sahen die Waisenkinder Menschen mit glücklichen Gesichtern zur Weihnachtszeit, aber sie selber konnten diese schöne Erfahrung nie machen.
Auch nach dem Verlassen des Heimes verlief sein Leben nicht glücklich. Er lernte zwar einen Beruf, aber sein Wunsch nach einer Familie erfüllte sich leider nicht. Er fand einfach nicht die passende Frau. Und so saß er jedes Jahr an Heiligabend einsam zu Hause und war froh, wenn die Feiertage vorbei waren.
Mit mittlerweile 70 Jahren war Josef Christ dermaßen verbittert, dass er Weihnachten regelrecht hasste. Er konnte die glücklichen und erwartungsfrohen Gesichter der Menschen einfach nicht mehr ertragen. Familien unter dem Tannenbaum, Weihnachtslieder und Kinderlachen, all das war für ihn eine einzige Qual.
Hoppla! Er kam plötzlich ins Stolpern. Ein kleiner schwarzer wuscheliger Hund war ihm geradewegs vor die Füße gelaufen. „Nanu, wer bist du denn?“, fragte Josef Christ erstaunt.
Er besah sich den Hund näher. Dieser sah gepflegt aus, trug aber kein Halsband, das auf den Besitzer hätte hinweisen können. Neugierig beäugte ihn der Hund, und kam dann näher, um ausgiebig an seinen Einkaufstaschen zu schnuppern.
„Jetzt reicht es! Komm, geh nach Hause!“, rief Josef. Schnell ging er weiter. Aber der Hund folgte ihm dicht an seinen Fersen. „Nun hau endlich ab!“
Aber auch das nützte nichts. Der Hund schien ihn einfach zu mögen und folgte ihm weiterhin.
Josef Christ flüchtete in einen Laden. Als er herauskam, saß der Hund immer noch da und schaute ihn mit treuen Hundeaugen an. Das erweichte schließlich sein Herz.
„Na gut, dann komm eben mit mir nach Hause! Bin ich morgen am Heiligabend wenigstens nicht ganz allein!“ Er besorgte noch schnell etwas Hundefutter im Supermarkt. Dann eilte er schnellen Schrittes nach Hause und war sogar fast gut gelaunt. Er wollte schon immer einen Hund haben, aber aus verschiedenen Gründen hatte er sich nie einen angeschafft.
Sollte dies endlich einmal ein Weihnachtsfest werden an dem er nicht allein war?
„Fridolin! Fridolin! Wo bist du? Bitte komm wieder nach Hause!“ Ein kleiner Junge kam weinend um die Straßenecke gelaufen.
Der kleine schwarze Hund bellte freudig und stürzte auf den Jungen zu. Er sprang an ihm hoch und leckte ihn ab. „Ist das dein Hund?“, fragte Josef Christ etwas enttäuscht.
„Ja, das ist mein Fridolin. Er hat vorhin im Garten eine Katze gesehen und ist über den Gartenzaun gesprungen, um sie zu verfolgen. Dabei hatte ich ihm noch nicht mal sein Halsband angezogen. Ich habe gedacht, ich sehe ihn nie wieder.“
„Ja, dann hast du ihn ja jetzt wieder. Er ist mir die ganze Zeit gefolgt. Hier ist noch etwas Hundefutter, das ich gekauft habe. Nun geh nach Hause!“ Schnell drehte sich Josef Christ um, damit der Junge nicht die Tränen in seinen Augen sah. Er würde Weihnachten wieder allein sein. Alles wie immer.
Aber der Junge hielt ihn auf. „Warten Sie! Vielen Dank, dass Sie sich um meinen Hund gekümmert haben. Ich heiße übrigens Simon. Sie können jetzt nicht einfach gehen. Kommen Sie mit mir nach Hause! Sie müssen das alles meiner Mutter erzählen!“
„Nein, nein“, antwortete Josef Christ. „Doch Sie müssen mitkommen, bitte!“ Simon sah ihn flehend an und Fridolin jaulte zum Herzerweichen. Josef Christ war irgendwie gerührt.
„Na gut, aber nur kurz. Ich heiße übrigens Josef Christ.“ Simon war begeistert: „Sie haben ja einen richtig weihnachtlichen Namen. Toll!“
Auf dem Weg erzählte Simon, dass er 7 Jahre alt war und Fridolin zu seinem Geburtstag bekommen hatte .
Er war viel allein, da seine Mutter den ganzen Tag arbeiten musste. Sein Vater war kurz nach seiner Geburt gestorben. Und Großeltern hatte er auch nicht mehr.
Josef Christ tat der Junge leid. Er kam ihm genauso einsam vor, wie er selbst.
Als sie bei Simon zu Hause ankamen, wartete seine Mutter schon auf ihn. Er stellte Josef Christ vor und erzählte alles. „Vielen Dank. Sie haben unser Weihnachtsfest gerettet. Ohne Fridolin hätten wir nicht feiern können. Darf ich Sie dafür morgen zu Heiligabend einladen? Oder haben Sie etwas anderes vor?“
Josef Christ schwankte. Eigentlich hasste er ja Weihnachten und alles, was damit verbunden war. Aber irgendwie hatten der Junge und der Hund sein Herz gerührt. „Tja ähm, ich weiß nicht. Eigentlich ist Weihnachten ein Fest für die Familie.“
„Aber wir haben ja auch nur noch uns. Und bei Ihrem weihnachtlichen Namen müssen Sie einfach kommen!“, antwortete Simons Mutter. Josef Christ gab sich einen Ruck und sagte zu.
An Heiligabend ging er ein wenig aufgeregt zu Simon und seiner Mutter.
„Sie sind mein schönstes Geschenk! Können Sie nicht so etwas wie mein Opa sein?“, fragte Simon.
Josef Christ nickte gerührt. Er hatte den Jungen schon längst in sein Herz geschlossen.
Und so erlebte er mit 70 Jahren sein erstes schönes und glückliches Weihnachtsfest. Es sollten noch viele schöne folgen. Er übernahm wirklich die Rolle eines Opas für Simon und war endlich nicht mehr einsam.
(Anja Fiedler)
Danke für Deine Geschichte, Anja. So einfach geschrieben - doch diese Zeilen zeigen wie natürlich vieles sein könnte. Anrührende Zeilen zum Nachdenken. Danke dafür.
LG Fred