„Kultur ist die Grundlage unseres Lebens“

Kopetzky: "Mozarts Musik beglückt Chinesen und Österreicher gleichermaßen" | Foto: Oliver Mark
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Seit Mai dieses Jahres ist Steffen Kopetzky neuer Kulturreferent in Pfaffenhofen. Kopetzky studierte Philosophie und Romanistik in München, Paris und Berlin. Als freier Schriftsteller lebte er zeitweilig in der Bundeshauptstadt. Mit myheimat unterhielt sich der 37-jährige Kulturreferent über sein Amtsverständnis, das Konzept des Pfaffenhofener Kultursommers, den Begriff „Heimat“ und Kulturpolitik in wirtschaftlich angespannten Zeiten.

myheimat: Herr Kopetzky, Sie sind seit Mai dieses Jahres neuer Kulturreferent in Pfaffenhofen. Wie würden Sie Ihr Amtsverständnis beschreiben: Sehen Sie Ihre Rolle im Kulturbetrieb als „Kulturmanager“, „Kulturmacher“ oder als „kundenorientierter Dienstleister“?
Kopetzky: Als Kommunalpolitiker steht man eigentlich zwischen der Bevölkerung der Stadt und ihrer Verwaltung, und das ist eine Position, die für einen „Kulturmacher“ oder, um das etwas altmodischere Wort zu bemühen, für einen „Kulturschaffenden“ wie mich gewöhnungsbedürftig ist. Unsere Aufgabe in den nächsten Jahren besteht aber weniger darin, selber Programm zu machen – das wird sicher auch vorkommen - , sondern dem Kulturleben unserer größer gewordenen Stadt eine angemessene Infrastruktur zu verschaffen: wir brauchen mehr und flexibel einzusetzende Mittel, aber vor allem auch so etwas wie eine gewisse Koordination und Gesamtdarstellung dessen, was hier passiert. Insofern glaube ich, dass „kundenorientierter Dienstleister“ die Sache eigentlich fast am besten trifft.
myheimat: Sie studierten Philosophie und Romanistik in München, Paris und Berlin. Als freier Schriftsteller lebten Sie zeitweilig in der Bundeshauptstadt. Der Weg von diesen Metropolen in die doch eher beschauliche Stadt Pfaffenhofen an der Ilm scheint ein weiter zu sein. Was hat sich bewogen, in die Heimat zurückzukehren?
Kopetzky: Zuletzt waren wir in Hamburg. Und so schön es dort auch war, mit der Geburt unseres Sohnes erwachte bei meiner Frau und mir der Wunsch, in einem größeren familiären Zusammenhang zu leben.
myheimat: Welche Bedeutung hat für Sie der Begriff „Heimat“?
Kopetzky: Heimat kann überall dort sein, wo man die Leute auf der Straße versteht – nicht nur, weil man ihre Sprache spricht, sondern auch, weil man etwas von ihrer Geschichte und ihrem Leben weiß.
myheimat: In Augsburg tobt gerade ein kulturpolitischer Grabenkampf. Der neue Kulturreferent Peter Grab will mit seinem Angebot ein möglichst breites Publikum ansprechen. Vorbei scheinen die Zeiten „elitärer“ Hochkultur mit Brecht und Mozart. Wie lässt sich aus Ihrer Sicht der Spagat zwischen Massentauglichkeit und hohem Anspruch meistern?
Kopetzky: Hochkultur ist ja nichts Abstraktes, Formales, sondern das Zusammenspiel aus zigtausenden individueller Künstlerpersönlichkeiten, die es in ihrer Arbeit vermochten, über ihre Zeit hinaus bedeutend zu sein und sich gegenseitig zu inspirieren. Nicht weil sie von ein paar Kritikern zum Kanon der „Hochkultur“ gezählt werden, beschäftigen wir uns mit Mozart und Brecht. Vielmehr ist es eben so, dass Mozarts Musik Chinesen und Österreicher gleichermaßen beglückt, dass Brechts Gedichte und seine Stücke bis auf den heutigen Tag faszinieren und inspirieren können – wenn man sie richtig inszeniert und darbietet. Deswegen ist es aus meiner Sicht ein sehr großer Fehler, ein derart renommiertes Format wie das „ABC-Festival“ abzuschaffen. Wäre ich Augsburger Kulturreferent würde ich alles tun, um meiner Stadt das Festival zu erhalten.
myheimat: Wie fällt Ihre Bilanz in Bezug auf den diesjährigen Kultursommer aus?
Kopetzky: Es war viel geboten – aber vielleicht waren die Einzelereignisse ein wenig zu lose oder zu weit gestreut, als dass sich wirklich Festivalatmosphäre eingestellt hätte. Daran müssen wir arbeiten.
myheimat: Der Kultursommer besteht aus einer Vielzahl von Einzelveranstaltungen. Kritiker sprechen von „Masse statt Klasse“. Würde dem Kultursommer eine grundlegende Überarbeitung gut tun?
Kopetzky: Das ist ganz klar. Genau daran arbeiten wir.
myheimat: Beim landesweiten Projekt "Kunsträume Bayern" hat sich die Region für den Untertitel "Kunst im Fluss" entschieden. Was hat es mit dem Namen auf sich?
Kopetzky: Was verbindet große und kleine Städte? Dass sie an Flüssen liegen. Außerdem sollte damit wahrscheinlich gesagt werden, dass die Kunst veränderlich wie ein Wasserlauf ist, nehme ich mal an.
myheimat: Welche Möglichkeiten bestehen, Jugendliche in Sachen Kunst und Kultur in Pfaffenhofen zu fördern?
Kopetzky: Von städtischer Seite möchte ich einerseits versuchen, jugendlichen Kunstschaffenden immer wieder zu Bühnen, Auftritten, also generell Öffentlichkeit zu verhelfen. Andererseits wünsche ich mir, herausragende Künstler ihres Fachs verstärkt als Lehrer und Inspiratoren in die Stadt holen zu können. Ein derartiges Musikprojekt für die zweite Hälfte 09 planen wir gerade.
myheimat: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stehen oft die Ausgaben für kulturelle Einrichtungen wie Stadt- und Staatstheater, Bibliotheken oder Museen besonders auf dem Prüfstand. Häufig werden leider gerade in diesen Bereichen Kürzungen vorgenommen. Befürchten Sie negative Auswirkungen der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise? Kann die Stadt Pfaffenhofen auch in den nächsten Jahren einen qualitativ hochwertigen „Kulturbetrieb“ gewährleisten?
Kopetzky: Mein Gefühl für die bevorstehenden Etat-Verhandlungen im Stadtrat ist eigentlich ganz gut. Nicht zuletzt das kurzfristig organisierte Ereignis der Rathauseröffnung hat der Politik doch gezeigt, welche Bedeutung Kultur für das Selbstverständnis einer Stadt hat. Dass man dafür auch Mittel bereitstellen muss, ist allen Beteiligten klar.
myheimat: Gerade in ökonomisch angespannten Phasen muss sich der Bereich „Kunst & Kultur“ argumentativ behaupten. Warum braucht der Mensch „Kultur“?
Kopetzky: In einem Dorf im Burgund habe ich mal am Morgen auf dem Weg zum Bäcker einen alten Mann auf der Straße getroffen, der mir plaudernd erzählte, dass er sein ganzes Leben mit „la culture“ verbracht habe. Erst dachte ich, es würde sich um einen Künstler handeln, doch dann fiel mir ein, dass „la culture“ ja nichts anderes meint, als „Landwirtschaft“ – also die Grundlage unseres Lebens schlechthin. Kultur ist nichts anderes.
myheimat: Von Gerhart Hauptmann stammt das Bonmot: „Zivilisation ist Zwang, Kultur Freiheit“. Was bedeutet „Kultur“ für Sie?
Kopetzky: Ich würde Hauptmann zustimmen, dass „Kultur“ mit Freiheit zu tun hat, nur leider brauche ich dazu viel mehr Wörter. Kultur ist, wie wir miteinander umgehen, und wie wir uns artikulieren. Welche Ziele wir unserem Handeln setzen. Ob wir als Gesellschaft in der Lage sind, uns darüber zu verständigen. Ob wir Freude an unserer Gemeinschaft haben können, oder ob man sozusagen nur notgedrungen zusammen bleibt, weil man nirgendwo anders hin kann. „Kultur“ ist ganz einfach das, was man aus dem unvermeidlichen Zwang, nun einmal da zu sein und zu existieren, macht. „Kultur“ schafft also im Ganzen, was der einzelne Künstler in seiner Arbeit auch schafft. Ein Künstler überzeugt durch die Freiheit, die er sich nimmt, die er beansprucht, zu der er verdammt ist, da man von ihm ein Original erwartet: also etwas, das kein anderer für ihn herzustellen vermag. Ein guter Betrachter oder Leser erlebt eine andere Art von Freiheit – die seiner eigenen Imagination und seiner Interpretation, durch die er zu einem Mitschöpfer wird.
myheimat: Auf welche kulturellen Highlights dürfen sich die Pfaffenhofener im Jahr 2009 freuen?
Kopetzky: Ich wünschte, ich könnte das so genau sagen, aber leider gibt es noch keine Übersicht oder Zusammenschau dessen, was in der Stadt laufen wird. Ich persönlich freue mich aber auf das Programm der Künstlerwerkstatt, und auf die neue Produktion des Theaterspielkreises. Der Kunstverein versucht gerade, eine große Fotoausstellung zu realisieren. Und ich bin ziemlich sicher, dass wir einige schöne Lesungen in Pfaffenhofen haben werden. Lassen wir uns überraschen.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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