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Wunsch oder Wirklichkeit? Einer Geschichte auf den Zahn gefühlt

Sie grassieren zu Dutzenden im Netz, in pps.-Dateien, kleinen bunten Heften oder auch in Briefen.
Geschichten a´la „plötzlich Christ“ oder ähnlich.
Solch einen letzteren bekam ich gerade von einem Christen, Mitglied einer Freikirche mit dem ich seit über einem Jahr im Briefkontakt stehe was sehr interessant, aber nicht immer unkompliziert ist.
Diesem Brief beigefügt war eine Geschichte – sie ist in leichten Variationen auf verschiedenen christlichen Internetseiten zu finden.

Hier eine Zusammenfassung:

Im Moskauer Staatstheater findet die Premiere des anti-religiösen Stücks „Jesus im Frack“ statt mit dem berühmten Schauspieler und Kommunisten Alexander Rostowzew .
Das Theater ist vollbesetzt; Schulen und Jugendkaderschmieden müssen das Stück in ihr Programm und in die Diskussion aufnehmen.
Im ersten Akt verunglimpfen Schauspieler als Nonnen- und Mönchskarikaturen verkleidet um einen als Theke dekorierten Altar das Christentum.
Im zweiten Akt tritt der Hauptdarsteller, als Jesus auf die Bühne, zitiert die ersten zwei Verse aus der Bergpredigt und soll dann, Gewand und Bibel von sich werfend ausrufen „Man reiche mir Frack und Zylinder!“ Stattdessen zitiert er alle 48 Verse aus dem Matthäus-Evangelium, bekreuzigt sich und geht ab mit den Worten"Herr, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst!" während das Publikum ergriffen schweigt.
Er war nicht mehr gesehen.

Ende der Geschichte.

Der Artikel auf den möglicherweise alle anderen basieren (dieser ist am Ausführlichsten; ich habe nirgends anders Fakten gefunden die in diesem nicht enthalten ist) endet mit dem Satz
„Dieser Tatsachenbericht eines Augenzeugen aus Moskau, dessen Glaubwürdigkeit geprüft wurde, erschien erstmals in der Zeitschrift "Arizona News" und wurde am 17. Juli 1963 in der Kreiszeitung der Grafschaft Hoya Nr. 163 abgedruckt.“
http://www.wegbegleiter.ch/wegbeg/gottlose.htm (Autor Werner Schiebeler), erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 1/2004, S. 28+29.
„Wegbegleiter“ ist eine „Unabhängige Zeitschrift zur Besinnung auf das Wesentliche“; ihre Internet-Präsenz bezeichnet sich als „Internet-Seiten für spirituelles Christentum, Parapsychologie und Spiritualismus“. Werner Schiebeler (+2006) veröffentlichte dort mehrere Artikel.

Zurück zur Geschichte:
Solche Stories a´la „Plötzlich wurde ich/er/sie Christ“ gibt es zuhauf. Da es sich meist um unbekannte Menschen in abgelegenen Regionen handelt (ich habe z.B. im „Wachturm“ oder anderen Blättchen nichts Entsprechendes aus Deutschland gelesen) oder die so anonymisiert daß sie somit auch praktisch nicht nachprüfbar sind (auch fehlen bestätigende Berichte von neutraler Seite) kann man sie glauben – muß aber nicht.

Wie verhält es sich hier:
Es gibt nur wenige nachprüfbare Fakten über diese Aufführung:
Der Ort der Veranstaltung – und aus der Angabe das Bolschoi sei voll besetzt gewesen daß es sich um rd. 1700 Zuschauer gehandelt haben müßte (die heutige Sitzanzahl angenommen),
der Name des Stücks und rudimentäre, wertende Angaben zum Inhalt und
den Namen des Hauptdarstellers.
Aus der Erzählung was in dem Stück hätte passieren sollen könnte geschlossen werden daß der Moskauer Augenzeuge ein Mitglied des Ensembles gewesen sein könnte, ein Angestellter des Theaters oder jemand der das Stück inhaltlich schon vor der Aufführung gekannt hatte.
Zudem der Name des Blattes das diese Geschichte zuerst veröffentlicht haben soll und
der Name der Zeitung , Ausgabe und Erscheinungsdatum der deutschen Erstveröffentlichung.
Daraus ergibt sich allenfalls ein Anhalt in welchem Zeitraum diese Aufführung gewesen sein muß – nämlich zwischen 1918 und 1963, wobei einige Zeiträume entfallen da das Theater geschlossen oder für andere Zwecke genutzt worden war.

Von hinten angefangen:
Ich habe die deutsche Zeitung angeschrieben mit der Bitte mir diesen Artikel zur Verfügung zu stellen. Ob da mehr drinsteht? Schau´n mer mal... vor allem bin ich auf den Verfasser gespannt.

Über eine Zeitschrift „Arizona News“ ist im Netz nichts zu finden.
Allerdings könnte diese Zeitschrift inzwischen eingestellt worden sein. Daraus könnte man schlußfolgern daß es a) dieses Blatt nicht gab oder b) der Namen falsch war oder c) dieses Blatt so unbedeutend war daß es spurlos verschwand.

Über den Augenzeugen ist nichts bekannt – nur daß es „Moskauer“ sein soll.
Auch gibt es keinerlei Hinweise wer dessen Glaubwürdigkeit überprüft und bestätigt hat - a´la „Von führenden Fachärzten empfohlen...“ bekannt aus der Werbung und völlig nutzlos.

Der Name des Stücks ist nur in den o.a. Internetseiten zu finden – sonst nirgends.
1700 Zuschauer + die mit der Vorbereitung und Aufführung befassten plus derer mit denen die Zuschauer und „Insider“ darüber gesprochen haben (daß sie es nach diesem Ereignis nicht getan hätten ist äusserst unwahrscheinlich) + evtl. zahlreiche Parteikader die dieses Stück in ihrem Bereich verbreiten sollten.

Über den berühmten Schauspieler und Kommunisten, einem Bühnenstar gar, findet sich – nichts.
Wie wahrscheinlich ist es daß jemand der einem breiten Publikum, der in Kultur und Politik bekannt ist völlig verschwindet, daß niemand nach ihm fragt, daß sich nach der Perestroika niemand für ihn und dieses Ereignis interessiert oder darüber berichtet? Selbst Trotzki war mit aller Macht nicht auszulöschen!
Über den es keine Zeitungsberichte gibt, dessen Name auf keinem alten Plakat auftaucht, der nie Bestandteil einer anderen Berichterstattung war – zudem im Kommunismus die Aufführungen insbesondere des Bolschoi auch internationales Publikum hatten.
Für die russisch-orthodoxe Kirche wenn nicht für alle Kirchen, ja für die gesamte Christenheit müßte es doch DAS Wasser auf ihre Mühlen sein – doch es ist komischerweise nur ein Rinnsal.

Über den Titel „Jesus im Frack“, das Stück und seinen Inhalt findet sich – nichts.
Mal überlegt: Da übt ein erfahrener Bühnenschauspieler ein Stück wochen- wenn nicht monatelang ein (es dauert schon etwas um eine neue Inszenierung vorzubereiten) und, um mal „auf der anderen Seite“ zu denken, dreht der Hauptdarsteller ausgerechnet bei der Premiere durch. Hat vielleicht was Falsches im Kaffee gehabt oder sich schlicht zu sehr mit seiner Rolle identifiziert. Sowas soll vorkommen.
Eine Staatsmacht die diesem Stück angeblich eine so wichtige Rolle zugesteht (nach dem wenigen was über das Stück geschrieben wird hat es absolut nichts Ungewöhnliches...) hat aber ausgerechnet die Rolle des Jesus nicht doppelt besetzt. Na gut. Und diese rational denkenden, atheistischen Parteikader lassen sich sosehr ins Bockshorn jagen daß das Stück gleich komplett abgesetzt wird?
Nicht mal ein zweiter Versuch? Wie wahrscheinlich ist denn das?

Ganz ehrlich – solche Geschichten sind bis zum Beweis des Gegenteils wie Verschwörungsbehauptungen:
Der böse, atheistische Kommunismus organisiert ein anti-religiöses (oder vielleicht eher anti-kirchliches), grottenschlechtes Bühnenstück (zu etwas Besserem sind diese bösen, atheistischen Menschen natürlich nicht fähig). Der Hauptdarsteller wird bei der Premiere (wobei auch bei der Vorpremiere, der allerletzten Probe Publikum dabei ist) von Gott übermannt und wandelt sich binnen Sekunden vom Kommunisten zum Christen worauf die böse Staatsmacht den Mann verschwinden lässt, alle seine Spuren verwischt und die Erinnerung des selbstverständlich tief ergriffenen Publikums gleich mit und dann voller Angst das Stück einfach so absetzt.
Das Ganze fällt fast schon in die Kategorie „Wunder“ - wobei sich die meisten inzwischen leider erledigt und aufgelöst haben – für den selbstdenkenden Menschen jedenfalls.

Das ist aber exakt das was ein strenggläubiger Mensch von seinem Gott erwartet.
Die Frage jedoch – ist das wirklich so oder ist auch hier der Wunsch Vater des Gedankens – und damit der Geschichte?

Damit es spannend wird:

Wer mir beweisen kann (wobei nur mir vorliegende Beweise in Form von Dokumenten bzw. Fotos mit belegbarer Herkunft oder mindestens zwei voneinander unabhängige Zeugenaussagen von neutralen Personen akzeptiert werden) die belegen daß
- dieses Stück tatsächlich aufgeführt wurde
- es diesen Schauspieler in der dargestellten Weise tatsächlich gegeben hat
bekommt von mir ein Abendessen mit Partner/in im Wert von bis zu 100€ (gegen Beleg) in einem Lokal seiner/ihrer Wahl spendiert.

Und das ist so sicher wie das Amen in der Kirche...

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29 Kommentare

Danke für den Hinweis auf die "Arizona News" - ich bin selbst nicht fündig geworden dabei, hake aber nochmal nach. Leider ist es wohl illusorisch den Artikel noch zu bekommen.

Den Original-Artikel aus der Hoyaer Zeitung konnte ich zum Zeitpunkt des Artikels nicht auch bekommen . Das Mikrofilm-Lesegerät war lt. der Redaktion defekt und die Herausgabe des Mikrofilm nicht möglich.
Wenn der Artikel vorhanden ist wäre ich dankbar für eine Kopie.

Bei einem Bühnenstar wie es dieser Rostowzew gewesen sein soll ist es aber gerade in der post-kommunistischen Ära sehr unwahrscheinlich über seine Tätigkeit und Rollen garnichts zu finden - zumal es auch zu Chrustchows Zeiten genug Christen gab (von anderen Ausländern die dieses Theater sicherlich besucht haben ganz zu schweigen) die über diesen Menschen und mit großer Wahrscheinlichkeit auch über dieses Bühnenstück und dieses "Wunder" berichtet hätten. Es müßte da noch einige Augenzeugen geben die von der mächtigen russisch-orthodoxen Kirche ganz sicher hervorgezaubert worden wären.

Auch ein totalitäres System ist niemals "wasserdicht"!

Da die Geschichte von der Theateraufführung letzten Sonntag in der Predigt vorkam, hab ich mal ein wenig gesucht - und einen Hinweis gefunden, und zwar bei
Wolfgang Kasack: Christus in der russischen Literatur (1999) Verlag Otto Sagner München, S. 124-125
(Download)
Die Geschichte soll in den 1920ern passiert sein (fällt damit in die späte Lenin- oder frühe Stalin-Zeit) und wurde von Vasilij Nikiforov-Volgin (1901-1941) aufgeschrieben.

Die Begebenheit wird schon bei Dahms 1964 berichtet. Also dichter dran an der Zeit des Geschehens, als wir es sind.
Gerne kann ich Dir auch mal aus meinem Leben erzählen. Dann brauchen wir uns nicht streiten, ob diese Geschichte nun so war. Ich kenne lauter Menschen und bin selbst einer, die erlebt haben, dass Gott lebendig in ihr Leben hineinspricht, weil sie es wagen, die Bibel mal so zu lesen: Was heißt es, wenn das wahr ist.

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