Recht, nicht Rache

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Im November 2004 geschah es – die junge Studentin Ameneh Bahrami sieht ihren Verehrer Madschid Mowahedi auf der Straße – zum letzten Mal. Sie hat ihn abgewiesen; er ist tief gekränkt. Aus Wut und Enttäuschung schüttet er ihr Säure ins Gesicht – sie erblindet, ihr Gesicht und ihre Hände sind verätzt, entstellt; ihr Leben für immer verändert – es ist fraglich ob sie je eine eigene Familie gründen wird.
In dieser kulturell und religiös männerdominanten Gesellschaft in der sich die Frau dem Mann in vielen Bereichen zu fügen hat ist es kein Einzelfall.
Einzigartig ist die Geschichte nach der Tat:
Ein Scharia-Gericht verurteilte den Verschmähten zunächst zu einer 12jährigen Gefängnisstrafe, sprach ihr einen Schadenersatz zu – und das Recht ihren Peiniger ebenfalls mit Säure zu blenden – jedoch nur auf einem Auge, denn lt. der Auslegung des Koran ist eine Frau nur die Hälfte eines Mannes wert – das äussert sich auch in Bereichen wie z.B. Zeugenaussagen – wenn ein Mann eine Aussage macht braucht es dagegen zwei Frauen um es pari gelten zulassen.

Ameneh Bahrami wollte mehr. Sie wollte Mowahedi Gleiches tun – Auge um Auge, wie es auch im Alten Testament überliefert ist.
Bis 2009 kämpfte sie, und schließlich wurden ihre Entstellungen an Gesicht und Händen dem zweiten Auge des Attentäters gleichgestellt.

Sie war am Ziel.

Sie hatte nun das Recht dem jungen Mann Gleiches zu tun, ihn zu blenden.
In einem Krankenhaus würde es geschehen, nicht auf offener Straße. Er würde betäubt sein, wissen was ihn erwartet. Fünf Tropfen Säure in jedes Auge – er würde für immer erblinden, in derselben Welt leben müssen wie sie.

Das war ihr Ziel.

Viele versuchten sie davon abzubringen; die Familie, Exiliraner, verschiedene Menschenrechtsorganisationen, sogar der oberste Chef der iranischen Justiz baten sie auf diese Rache zu verzichten, boten ihr Geld.
Sie lehnte ab.

Sie sagte, sie wolle ein Signal setzen dafür daß Männer mit solchen Taten nicht ungestraft davonkommen. Und: „Was mir angetan wurde ist mit Geld nicht aufzuwiegen.“

Dier SPIEGEL hat einen sehr eindrücklichen Artikel veröffentlicht, über Ameneh, über Mohawedi, über ihre Familien, über die Tat und die Hintergründe. Und über ihre Lebensumstände heute.
Es vermittelt dem Leser eine tiefe Spaltung zwischen dem verständlichen Wunsch nach Vergeltung und einem Gnadenerweis aus Menschlichkeit für eine unmenschliche Tat,

Die Münchner Verlagsgruppe widmete dieser Geschichte ein Buch ( Julia Loscheder: „Auge um Auge“), und der Autorin schilderte Ameneh Bahrami heute den Tag der der Tag ihrer Vergeltung werden sollte, denn heute sollte Mohawedi sein Augenlicht verlieren – durch ihre Hand.

Die Betäubung war schon vorbereitet – da bat Amene den Staatsanwalt auf die Ausführung zu verzichten.

Der Verurteilte soll aufgesprungen sein, ihr Hände und Füße geküßt und erneut einen Heiratsantrag gemacht haben – doch sie wies ihn zurück. „ Ich habe nicht Deinetwegen verzichtet sondern meinetwegen“ sagte sie . Und: „Ich habe sieben Jahre dafür gekämpft daß diese Bestrafung durchgeführt wird, aber ich fühle mich jetzt befreit, daß es nicht geschehen ist“.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,72105...

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,77755...

Bürgerreporter:in:

Edgard Fuß aus Tessin

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