Neil ist tot

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It suddenly struck me that that tiny pea, pretty and blue was the earth.
I put up my thumb and shut one eye, and my thumb blotted out the planet Earth. I didn´t feel like a giant. I felt very, very small.
(Neil Armstrong)

Ehren Sie seinen beispielhaften Dienst, seine Leistung und Bescheidenheit, und wenn Sie das nächste Mal in einer klaren Nacht nach draussen gehen und der Mond zu Ihnen herunterlacht, denken Sie an Neil Armstrong und zwinkern Sie ihm zu.
(Eine Bitte von Neil Armstrongs Familie)

„You made humanity one united group for a few minutes, and that's way better than anyone else has done. „
(Eine Stimme aus Twitter posthum an Neil Armstrong)

Neil ist tot. Natürlich – es würde irgendwann passieren, aber es ist traurig.

Auf ihn passt die Bezeichnung „Cool“ wirklich, das zeigen mehrere Situationen die er scheinbar völlig ruhig und mit dem Willen diese Situationen zu beherrschen und sich nicht beherrschen zu lassen gemeistert hat – die aufgrund eines Fehlers in der Fluglagesteuerung immer schneller rollende „Gemini“-Kapsel oder der Absturz des Mondlandetrainers aus sehr geringer Höhe ebenfalls infolge eines technischen Defekts – Neil schoß sich praktisch im letzten Moment mit dem Schleudersitz heraus.
Seine Kameraden fragten ihn in seiner Büroecke den Bericht tippend „Neil – stimmt es – Du bist mit dem „Fliegenden Bettgestell“ abgestürzt?“ Neil antwortete mit einem kurzen „Ja...“ Und das wars. Die, die ihn kannten beschrieben dies als typisch für ihn.
Und es ist etwas ganz anderes als das was heute als „cool“ gilt – SO war er ganz sicher nicht.

Und ich?
Ich kann über ihn nicht urteilen. Natürlich kannte ich ihn nicht wirklich, leider. Ich habe ihn nicht live erlebt, nur in den Fernsehberichten vor, während und nach diesem Ereignis das mich so sehr beeinflusst hat und in den Sendungen darüber im Rückblick. Er hatte sich zurückgezogen mit dem Hinweis er habe seine Schuldigkeit getan – der Rest ist privat.

Doch warum macht mich sein Tod traurig?
Wie viele Menschen habe auch ich Idole, Vorbilder (aber keine Götter). Sie verkörpern in dem was ich von ihnen wahrnehmen kann etwas was mir erstrebenswert erscheint, und dabei weiß ich auch daß sie nicht vollkommen sind, ihre Schwächen haben.
Manche ehemaligen Idole haben mich sehr enttäuscht als ich Näheres über sie erfahren habe – Heinz Rühmann gehört dazu.
Andere wiederum haben sich untereinander nicht wirklich gemocht – so z.B. Helmut Schmidt und Willy Brandt.
Es gibt sogar welche die sich erst später zu meinen Idolen entwickelt haben – darunter Heiner Geissler.
Einige musste ich mir erst erarbeiten wie z.B. Albert Schweitzer.

Manche Fliegerpioniere und die ersten Astronauten – ich zähle die Besatzungen der „Mercury“, „Gemini“ und „Apollo“-Missionen dazu – faszinieren mich besonders.
Sie sind geschichtlich noch nicht so weit entfernt, und sie sind Teil meiner Träume. Den vom Fliegen habe ich realisiert, ob der vom Raumflug in Erfüllung gehen, ob ich die Schwrelosigkeit erleben, unseren Planeten, Sonnen- und Mondauf-und -untergang aus der Umlaufbahn werde ist eher unwahrscheinlich ,aber nicht ausgeschlossen.

Es bleibt das Träumen – die Filme vom Start einer Saturn V fesseln mich immer wieder in ihrer Grandiosität, dieser Mächtigkeit der fünf brüllenden Hohlkegel aus denen innerhalb von Sekunden Tonnen von Treibstoff als Feuerlohen gegen die mit Fontänen von Wasser gekühlten Betonabweiser der Startplattform prallen und, eingehüllt vom fauchendem Wasserdampf, seitlich herausschießen.
Erst 9 Sekunden nach der Zündung haben alle Triebwerke sicher gleichmäßigen Schub aufgebaut und die mächtigen Haltearme geben die Rakete frei die sich zunächst quälend langsam erhebt und immer schneller wird – nur dadurch daß sie dabei immer mehr an Gewicht verliert … und an der Spitze dieser 110m langen, sich verjüngenden Röhre von denen gut 90m nur aus Treibstoffässern besteht liegen 3 Männer in ihren Schutzanzügen, in einer reinen Sauerstoffatmosphäre, sorgfältig ausgesucht nach Qualifikation, körperlicher Eignung und bestimmten psychischen Merkmalen.

Und doch sind sie so verschieden.

Der immer noch jungenhafte, sympathische Mike Collins der sein Erleben so eindrucksvoll in „Im Schatten des Mondes“ beschrieb, der offene wie impulsive Edwin „Buzz“ Aldrin der einem Mondlandungsleugner der ihn bedrängte seine Handschrift auf die Nase schrieb und nie wirklich verwinden konnte nicht der erste Mensch auf dem Mond gewesen zu sein – und der stille, immer fröhlich zu lächeln scheinende Neil.
Wenn er nicht gerade hochkonzentriert ernst aussah.

Seine Freunde traf er oft auf dem privaten Fluggelände eines Freundes wo er unter anderem Weltkriegs-Mustangs P51 durch die Landschaft jagte oder das Fliegen so pur wie möglich im Segelflugzeug genoss.
Ich bin vielen dieser Männer etwas näher gekommen, doch leider nur in Büchern von ihnen oder über sie – wobei ich keine Allerweltsgeschichtsbücher oder Zusammenfassungen meine.
Von „We Seven“ (von den ersten 7 Mercury-Astronauten) über Oriana Fallacis „Wenn die Sonne stirbt“ bis zu „Failure Is Not An Option“ von Flugdirektor Gene Kranz“, „The Unbroken Chain“ des deutschstämmigen Pad Leaders Guenther Wendt, Buzz Aldrins „Magnificent Desolation“ und schließlich „Carrying The Fire“ von Michael Collins.
Dies zu lesen (einige sind auch auf Deutsch erschienen) bedeutet sich einzulassen auf die Welt und den Geist von Cape Canaveral der auf die berühmte Rede von US-Präsident John F. Kennedy beruhte und eine Euphorie, Leistungs- und auch Risikobereitschaft ohnegleichen hervorrief, lustige und skurrile Anekdoten wie auch tragische Ereignisse. Gut eine halbe Million Menschen dienten diesem Ziel das Versprechen des ermordeten Kennedy zu erfüllen bis zum Ende der Dekade einen Menschen zum Mond – und sicher wieder zurückzubringen.

Niemand würde diesen drei Menschen direkt helfen können im Falle einer Katastrophe, das hat Apollo13 eindrücklich gezeigt, und doch ist bis zur Space Shuttle Ära kein amerikanischer Astronaut trotz kritischer Phasen und ernster Pannen während einer Mission ums Leben gekommen.

Und trotz diesem Wissen um die Risiken, um das Alleinsein während mehr als einer Woche Leben in einer Kapsel die weniger Platz bietet als der Innenraum eines PKW, inmitten einer Umgebung die jeden sofort tötet der sich ihr ungeschützt aussetzen würde haben sich diese Männer auf ihre Liegen schnallen lassen.
Buzz wie auch Neil waren sich darüber im Klaren daß vielleicht einer von ihnen auf der Mondoberfläche zurückbleiben würde- mit nach einem Sturz geborstenen Visier, einem aufgerissenen Anzug oder einer defekten Sauerstoffversorgung, oder daß beide durch das Versagen des Triebwerks des Lunar Modul nicht mehr würden zum im Mondorbit kreisenden Raumschiff zurückkehren können.
Michael Collins hätte dann den Rückflug zur Erde allein antreten und Präsident Nixon seine bereits vorbereitete Rede herausholen müssen während zwei Männer nur noch auf ihren Tod durch Sauerstoffmangel – oder besser durch Kohlendioxidvergiftung – hätten warten können. Das Märchen von Zyankalikapseln ist ein Märchen und daß Armstrong oder Aldrin freiwillig das Druckablassventil geöffnet hätten halte ich für unwahrscheinlich.
Wäre wie bei Apollo13 eine Brennstoffzelle - allerdings auf dem Rückflug - explodiert hätte keiner der Astronauten überlebt.
Und dies ist nur eine winzig kleine Auswahl des möglichen fatalen Pannensortiments.

Natürlich wurden diese Männer als Helden gefeiert, doch sie sind diesem Ruhm nicht erlegen; ihre Biographie zeichnet ein sehr unterschiedliches Bild.
Neil zog sich konsequent zurück; Michael wurde Direktor des „Smithonian“ - und Buzz stürzte ab; brauchte lange um sich und sein Leben wieder in den Griff zu bekommen – in seinem Buch beschreibt er diese Rückkehr mit bemerkenswerter Offenheit.

Sie wurden gefeiert - aber Helden wollten sie wohl nie sein.
Es wird nicht mehr lange dauern und von den 9 Besatzungen die die Rückseite des Mondes mit eigenen Augen sahen, den 18 Männern die als einzige bisher einen fremden Himmelskörper betreten haben wird niemand mehr am Leben sein.

Dieses Maß an menschlicher Bescheidenheit, Konzentration, Pflichterfüllung und bei allem Ruhm so menschlich und freundlich zu wirken – das ist es was ich vor allem an Neil Armstrong schätze - ich vermag nicht zu sagen warum er mir am nächsten kam - und daß er im Sinne und für die Menschheit einen Traum wahr werden ließ - und dafür das volle Risiko inkauf nahm.

Ich hoffe er ist auch jetzt dort wo er sein wollte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Neil_Armstrong

Bürgerreporter:in:

Edgard Fuß aus Tessin

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