„Gotteslästerung“ NEIN – Gegen religiösen Haß – JA!
In den USA wurden unlängst eine Gruppe religiöser Fnatiker vor Gericht gestellt und verurteilt
– sie hatten andere, in ihren Augen abtrünnige Mitglieder ihrer Glaubensrichtung überfallen und ihnen – die Bärte abgeschnitten... !
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/bartraub-bei...
Dafür wurde diese Gruppe der christlichen Amish-People wegen „Verbrechen aus religiösem Hass“ zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Ich finde das in Ordnung.
Dabei geht es nicht einmal um den Pukt der Selbstjustiz
– in diesem Fall durch Körperverletzung – sondern um das Motiv.
Es darf einfach nicht sein daß ein Mensch einem anderen Schaden zufügt um seiner Weltanschauung willen.
Es darf einfach nicht sein daß ein Mensch seine Auffassung religiöser oder weltanschaulicher Regeln und Lebensweisen anderen aufzwingt und diese bei Nichtachtung zurechtweist, beleidigt oder gar bestraft.
Es ist kein Problem seine Sicht der Dinge für Richtig zu halten und darzulegen – dafür beinhalten die Menschenrechte das Recht auf Selbstbestimmung und daneben die Meinungs- und Religionsfreiheit.
Nur – dies Recht gilt gleichermaßen auch für den Anderen – und das wiederum bedeutet daß auch dessen Selbstbestimmung, Meinungs- und Religionsfreiheit zu respektieren ist.
Religionsfreiheit
– das heißt aber auch Freiheit VON Religion und beinhaltet das Recht an andere Götter oder an gar keinen zu glauben. Das beinhaltet nicht-theistische Religionen sowohl als auch Agnostizismus und Atheismus oder eben auch das reine „Ich glaub an garnix“.
Diese Menschenrechte entstanden im Zuge der französischen Revolution und setzen sich langsam weltweit durch – werden aber an einigen Stellen auch wieder zurückgedrängt – meist durch autokratische, diktatorische oder religiös- fundamentalistische Regierungen.
Doch auch in einer freiheitlichen Demokratie müssen diese Menschen- bzw. Grundrechte immer neu begründet und verteidigt werden – unter anderem gegen Einflussnahmen religiöser Gruppen die der Gesellschaft wie dem Einzelnen ihre Vorstellung vom „richtigen“ Leben, deren Normen und Werte aufzudrängen suchen.
Dies ist sogar relativ normal – schließlich sind diese Gruppen selbst von dieser Richtigkeit überzeugt, und umso schwerer fällt es ihnen in ihren Augen „falsche“ Lebensweisen zu tolerieren.
Aus solcher Einflussnahme – die nicht mit dem Zeitalter der Aufklärung endete – entstand auch die Strafbarkeit der „Gotteslästerung“ - ein Paragraph der jedoch im Laufe der Zeit wesentlich entschärft wurde, aber dennoch bis heute fortbesteht, ein Relikt aus einer Zeit in der es undenkbar war an etwas anderes als das Christentum zu glauben – oder gar an garnichts...
Dieser Paragraph beinhaltet eigentlich einen direkten Gegensatz zur Religionsfreiheit und kann daher so keinen Bestand haben – auch gerade da wieder christlich-konservative Kreise eine Verschärfung dieses Gesetzes fordern.
Dies ist widersinnig und den Grundrechten entgegengesetzt: Während ein Anders- oder Nichtgläubiger sich bereits ins Unrecht setzen würde wenn er die Existenz Gottes bestreitet kann ein Gläubiger ungehindert Nichtgläubige oder Angehörige Nicht-Theistischer Religionen verhöhnen und beleidigen – wo kein Gott da auch keine Gotteslästerung.
Religiöser Hass und religiöse Gewalt
geht aber von allen Seiten aus, und hier kommt eine andersartige Variante in Betracht, nämlich das Verbot von Vergehen oder Verbrechen aus religiösem Hass.
Während Straftaten wie Beleidigung, Sachbeschädigung und Körperverletzung bis hin zum Mord konkret gegen einzelne Personen gerichtet sind uns – mit Ausnahme von Mord – nur auf Antrag verfolgt werden sind bei Tatbeständen wie der Volksverhetzung hohe Hürden zu überwinden.
Ein Tatbestand des „religiösen Hass“ jedoch betrifft einzelne Opfer wie auch einzelne Gruppierungen. Er schließt auch Predigten ein an denen die angegriffenen Menschen garnicht teilhaben und kann gegen Religionsströmungen angewendet werden deren Programmatik explizit Haß auf Andersdenkende beinhaltet, aber auch gegen extremistische Nicht-Gläubige die gegen Religionen im Einzelnen oder im Allgemeinen hetzen. Religiöser Hass – das kann Hass aus Religionen oder eben auch Hass auf Religionen sein.
Die aktuellen Debatten und Vorfälle zeigen aber auch die Schwierigkeiten auf die im Alltag damit verbunden sein werden; insbesondere wird die Grauzone zwischen Meinungsfreiheit und strafbarer Hetze in jedem neuen Fall ausgeleuchtet werden müssen,zumal die Toleranzschwelle vieler Religionsgläubiger in diesem Bereich eher niedrig angesetzt ist, andererseits aus der Überzeugung der eigenen moralischen Überlegenheit und z.B. einer „Gottgewolltheit“ heraus die Hemmschwelle gering ist andere Überzeugungen massiv anzugreifen.
Unser Staat ist zur Neutralität in religiösen Belangen verpflichtet – eine Verpflichtung der er m.E. durch den Druck religiöser Kreise nicht umfassend nachkommt. Zu dieser Neutralität gehört nicht nur die Verpflichtung niemandem die Ausübung der eigenen Religion (oder Nicht-Religion) zu verwehren sondern auch jeden in die Schranken zu weisen der versucht die Überzeugung anderer zu schmähen.
Anwendung finden könnte solche ein Gesetz z.B. sowohl gegen Islamhasser der „Pro“-Bewegungen als auch gegen die Salafisten die mit Gewalt gegen Mohammed-Karikaturen vorgehen.
Die Zerstörung kirchlicher Einrichtungen wie auch Angriffe gegen Juden wie auch Polizisten haben nicht mehr nur Sachbeschädigung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch oder Körperverletzung oder Widerstand gegen die Staatsgewalt zur Folge; die Motivation des religiösen Hass gibt der Tat ein andere Dimension. Auch das Thema „Ehrenmorde“ würde anders bewertet werden können – jedoch müssen sich auch geistliche überlegen ob sie weiterhin von der Kanzel herab Atheisten und Nazis oder Abtreibung und Holocaust gleichsetzen können. Auch die Herabwertung Nichtgläubiger als nicht Vollwertig oder die Hetze gegen Homosexuelle könnte dann strafrechtliche Folgen haben – ein gewichtiger Grund warum der Weg zu einem solchen wichtigen Gesetz lang und steinig sein würde.
Bürgerreporter:in:Edgard Fuß aus Tessin |
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