Gnade...?
Gnade - das ist es was sich die Christenheit so gern auf die Fahne schreibt, was aber im Wesentlichen die Grundlage des Humanismus ausmacht - Gnade, das ist ein Akt der Vergebung und des Verzichts auf Vergeltung für erlittenes Unrecht.
Gnade - das ist aber auch ein Rechtsakt, wenn der Bundesrpäsident über das Gesuch eines Verurteilten entscheidet ob diesem die weitere Verbüßung seiner in einem ordentlichen und fairen Verfahren von einem ordentlichen Gericht verhängten Strafe erlassen wird - oder nicht.
Vielfach wurden gerade Stimmen laut die für den zurückgetretenen Bundespräsidenten Wulff "Gnade" forderten - so solle man doch von einem Prozess wegen "Peanuts" absehen.
Doch wäre es "gnädig" gewesen den Großen einfach so mit einem "Schwamm drüber" laufen zu lassen mit dem im Raum stehenden Schandmal am Revers, wo doch so viele Kleine vor ihm wegen Vorteilsnahme zu Recht angeklagt und verurteilt wurden, und auch in anderen Fällen zu Recht oder Unrecht über Korruption geklagt wird?
Wohl gemerkt - es geht nicht um die Summe, es geht um das Ob.
Nein, Klärung kann da nur eine Anklageerhebung und ein ordentlichen Verfahren bringen - die Frage der Gnade stellt sich erst nach einer Verurteilung.
Das was da gerade in Putins Russland passierte - das hat mit "Gnade" nichts zu tun,
und so ist es mir nur schwer erklärlich daß sich Politik und Medien auf diesen terminus eingelassen haben.
Das was da dem Oligarchen Chodorkowski und den Akteuern von "Pussy Riot" widerfahren ist - das war Willkühr, wie auch deren Verurteilung ein Akt der Willkühr und der Rache war, und so hat auch Sängerin Nadscheda Tolokonnikowa den Mut aufgebracht offen zu sagen daß ihr diese "Gnade" am A... vorbeigeht und sie diese sogar abgelehnt hätte wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte - und weitere Proteste gegen das Unrechtsregime des Diktators mit demokratischem Umhängchen angekündigt.
Auf der einen Seite ein immer noch steinreichen Mann, dem es früher egal war womit er sein Geld machte und dafür jede Grauzone nutzte (weswegen viele seine Verurteilung nicht ganz so negativ sahen) und der angeblich ein Gnadengesuch wegen seiner in Berlin behandelten kranken Mutter stellte (so ganz klar ist das alles nicht) wird nun erstmal ein wohl nicht sehr kärgliches Leben in der Schweiz führen wo er einen nicht unerheblichen Teil seines Vermögens geparkt hat.
Auf der anderen Seite eine junge Mutter die - dafür war und ist sie nicht bedeutend genug - dem Despoten und der mit ihm eng verbandelten russisch-orthodoxen Kirche nicht wie Chodorkowski im weg, sondern nur einfach ein Dorn im Fleisch war - und der durch die ungewöhnliche und provokante Art des Protestes, aber stärker noch durch die nur als willkührlich zu bezeichnende Härte des Prozess und der Strafe weltweit zum Politikum und auch danach die Haftbedingungen durch die Medien kritisch begleitet wurden.
Hat Putin darauf gerechnet daß sich die Aufregung nach ein paar Tagen legen und die jungen Aktivistinnen in der medialen Versenkung verschwinden würden?
Will er den immer stärker werdenden Diskussionen im Vorfeld der Olympiade einen Akt der scheinbaren Menschlichkeit entgegensetzen?
Dabei darf natürlich nicht vergessen werden daß die morde und Überfälle auf Regimegegner in Russland nicht aufgeklärt wurden und hunderte, wenn nicht tausende andere, unbekanntere Putin-kritiker weiterhin gnadenlos eingekerkert sind.
Ein deutliches Zeichen wäre es wohl diese bedingungslos freizulassen und die Türen zu öffnen für Veränderungen im Sinne einer demokratischen Reform und der Anpassung an die Menschenrechte.
Einige feiern gar daß nun "sogar" einige NGO (die sich vorher per Gesetz als "ausländische Agenten" bezeichnen mußten) wieder staatliche Zuwendungen bekommen - während das gesetz als solches fortbesteht - es ist als wäre man schon froh, dem Höllenfeuer entronnen nun auf einer glühenden Herdplatte sitzen zu dürfen.
Nicht zu vergessen die hasserfüllte russisch-orthodoxe Gemeinde
die gegen jeden und alles einen unerbittlichen Kreuzzug führt die ihre religiösen Überzeugungen infragestellt - auch in der nicht nur gesellschaftlichen, sondern auch strafrechtlichen Verfolgung Homosexueller spielt sie eine maßgebliche Rolle - von einem "Akt der Gnade" ist zumindet dieser Teil der Christenheit noch weit entfernt.
Doch auch dem russischen Staat ist dies nur begrenzt geglückt:
"..
Die Frauen der Punkband Pussy Riot bleiben auch nach ihrer Entlassung aus dem Straflager im russischen Kulturbetrieb unerwünscht. Eine mit internationalen Preisen ausgezeichnete russisch-britische Dokumentation über die Musikerinnen darf im staatlichen Gogol-Zentrum in Moskau nicht gezeigt werden. Das teilte Kulturdezernent Sergej Kapkow der russischen Agentur Interfax zufolge dem Zentrum in einem Brief mit. .." http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-12/pussy-r...
Bürgerreporter:in:Edgard Fuß aus Tessin |
6 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.