Eine deutsche Woche
PAZ vom 5.6.2010
Eine deutsche Woche
- Kräftig durchgeschüttelt -
Lieber Herr Reinhard Urschel,
wenn schon mal ein Ruck durch Deutschland geht, und dabei der scheidende Bundespräsidenten Prof. Horst Köhler seine Amtsgeschäfte vorzeitig niederlegt.
Dann hat in diesem Land ein kräftiges Orkantief gewütet, und viele Bürger haben Verständnisvoll mit dem Kopf geschüttelt. Das war kein Sturm im Wasserglas, das hinterlässt tiefe Spuren in unserer Gesellschaft. Nun lassen sich Missverständnisse nur schwer aus dem Weg schaffen, wird erst einmal Öl ins Feuer gegossen, nur noch selten Freundschaften geschlossen, selbst langjährige Nachbarn sich um des Kaisers Bart ständig in der Wolle haben, weil nicht die richtige Worte fallen. Die Menschen nicht Zusammenführen, sondern diese ins Unglück stürzen.
Manch einer fürchtet sich schon vor dem spielerischen Ausgang der Fussballweltmeisterschaft im entfernten Südafrika. Umjubelt wird derzeit nur Lena. Ja, leben wir nur auf den Straßen der Lieder, wofür bezahlen wir eigentlich noch unsere Bundestagsmitglieder . Gibt es Straßenschlachten, Schlägereien unter Verwandten, sollte es die Nationalelf dort nicht schaffen. Dann ist am Ende der Bundestrainer der große Verlierer und kein Sieger. Auch Er wird seine Arbeit vorzeitig beenden, und das runde Leder an seinen Nachfolger übergeben. Dabei hat auch Er Freudentränen in den Augen, weil diese fest an einen Sieg glaubten. Doch muss Er sich wirklich eines Besseren belehren lassen, wobei dessen Spieler ihn Respektieren, ihn aber als Spielball betrachten, von Leuten die in unserem Land eine tragende Rolle spielen.
An der Amtsführung eines deutschen Bundespräsident wird nicht mehr übermütig Gerüttelt, stattdessen von Mitmenschen ihm kräftig schon bei Amtsantritt die Hände geschüttelt. Die ihm den Rücken freihalten, auch wenn mache die Fäusten ballen. Es wird nur an gewöhnlichen Arbeitstagen in die Hände gespuckt, an Festtagen die in eine Arbeitswoche fallen, nur eine Schlagzeile gedruckt. Dieses Jahr ist Arbeitgeberfreundlich, das finden viele Arbeitnehmer scheußlich.
Damit geht eine deutsche Woche zu Ende - von Überraschungen nur die Rede.
Gruß
Lothar Assmann