Bronzezeitliche Kulturspuren in Kleinaitingen/Oberottmarshausen:
Zu einem besonderen Vortragsevent lud der Bürgermeister der Gemeinde Kleinaitingen - Rupert Fiehl - am Mittwoch, den 12. November in die „Lechfeldstub’n“. Hintergrund waren die Ausgrabungen in Kleinaitingen und Oberottmarshausen seit 2004 vom Grabungsteam des Referenten Herrn Linke, sowie seiner Stellvertreterin Frau Matysik auf dem Gelände der Kiesgruben LAUTER und WEIGL.
Die Entdeckungen, die in diesen Jahren gemacht wurden, zeugen von der enormen Bedeutung des „Lechfelds“ in der Vorgeschichte dieser bayerischen Region. Wertvolle Erkenntnisse zur Geschichte des Lechfelds lieferten die Bronzezeit-Funde einer vorgeschichtlichen Nekropole mit Siedlung zwischen dem heutigen Oberottmarshausen und Kleinaitingen. 2004 wurde dort in Zusammenarbeit mit der Fa. Lauter Sand Kies Beton GmbH & Co. KG Bobingen, und unter der Fachaufsicht des bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, sowie dem Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte Gruppe Süd in mehreren Kampagnen große Abschnitte von insgesamt 5 Gräberfeldern der Bronzezeit und Spuren einer zugehörigen Siedlung freigelegt. Ob diese Siedlung mit einer später errichteten Keltenschanze in Oberottmarshausen in Verbindung stand, konnte noch nicht eingehend bewertet werden.
Wertvolle Grabbeigaben wie z.B. einem Bronzeschwert, Bronzeblechtasse und Goldschmuck, aber auch Frauenschmuck wie Armreife, Ringe, Blechhülsen, Tutuli usw. zeugen von den weitverzweigten Handelsbeziehungen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Europa gebildet hatten. Aufgrund dieser Erkenntnisse zählt das Lechfeld heute zu einem der beigabenreichsten Gebiete Bayerns in Bezug auf die Bronzezeit.
Erste Hinweise wurden durch eine Frau in 2004 gegeben, der Erdverfärbungen bei einer Kiesabbaufläche aufgefallen waren. Danach wurde das besagte Gelände für längere Zeit archäologisch unter strikter Geheimhaltung (um Raubgräber und illegale Metallsondengänger fernzuhalten), näher untersucht.
Dabei wurden Grabstellen aus verschiedenen Epochen entdeckt. Das älteste war ein Brandgrab aus der Kupferzeit („Glockenbecherkultur“ - 24.-22.Jdt. v.Chr.) Im Norden davon entdeckte man Teile einer Siedlung. Werkzeuge, Fragmente von Mahlsteinen sowie einer Geweihhacke zeugen vom täglichen Leben dieser Bewohner, die nachweislich an einer Wasserstelle mit verlandendem Flussarm gesiedelt haben.
Hervorstechendstes Merkmal während der verschiedenen Abschnitte der Bronzezeit sind die Begräbnisrituale. Im Osten des Geländes fand man aus der Frühen Bronzezeit Körpergräber, in denen die Verstorbenen in typischer Seiten- oder Rückenlage bestattet wurden. Der Späten Bronzezeit konnte man längliche Brandgräber zuordnen. Nach Süden hin lagen Urnengräber mit den verbrannten Überresten der Verstorbenen, in denen man die Grabbeigaben, z.B. Messer, Gewandnadeln, Ringe usw. deponiert hatte.
Erwähnenswert sind hier Befund Nr. 27, einem Bronzedepot bestehend aus 228 Teilen eines Wagens. Diese hatte man neben der Urne dem ehemaligen Besitzer beigelegt. Hintergrund dafür ist die mythologische Vorstellung, dass der Verstorbene nach seinem Ableben im Jenseits einen Wagen bauen und die deponierten Beschläge dafür wieder verwenden konnte. Bedeutend war auch Grab Nr. 23 – eine Frauenbestattung mit 8 goldenen Sonnenscheiben und Bronzeschmuck.
Kiesgrube WEIGL / Kleinaitingen:
Auf diesem Gelände wurden insgesamt 55 Gräber freigelegt, denen man
24 Gräber dem Zeitraum 1300 – 1200 v. Chr. / Späte Bronzezeit und
31 Gräber dem Zeitraum 1200 – 900 v. Chr. / Urnenfelderzeit zuordnen konnte.
Ebenso erwähnenswert ist hier ein keltisches Heiligtum, das man mit fast identischem Grundriss bereits in Bopfingen-Flochberg / Baden-Württemberg aufgefunden hatte.
Im Gewerbegebiet Nord der Gemeinde Kleinaitingen wurden 63 Körpergräber aus der Frühen Bronzezeit (2100 – 2000 v.Chr.) freigelegt.
Besonders erwähnenswert sind hierbei folgende Befunde:
• Eine Frauenbestattung (Hockergrab) auffallend durch Beigaben von Bronzescheiben, sowie beiliegender Säuglingsbestattung. Wahrscheinlich ist diese Frau im Kindsbett gestorben.
• Ein Männergrab mit einem Bronzedolch als Beigabe
• Zwei Kindergräber (Mehrfachbestattungen: zwei Jungen mit einer darunterliegenden zusätzlichen Säuglingsbestattung sowie zwei Mädchen mit einem Jungen). Hier handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Begräbnisstätte eines Familienverbundes.
Zu erwähnen ist hier noch ein Steinkistengrab, bereits antik ausgeraubt, belegt durch Funde aus der Latenèzeit (ca. 400 – 15 v.Chr.). Bezeichnend ist hier die Tiefe des Grabes von 1,80 bis 2,0 m. Bemerkenswert ist ein Männergrab mit Bronzemeißel, Dolch und Gewandnadel, das als Bindeglied eines Handels gilt, deren Ursprung im Elb-/böhmischen Gebiet (Aunjetitzer-Kultur) lag, und sich bis in die französische Schweiz hinzog.
Fundstücke sind heute im Archäologischen Museum Königsbrunn ausgestellt.
Literaturhinweis:
• Beck, Sara: Die frühbronzezeitlichen Grabfunde von Königsbrunn, Kreis Augsburg, in ihrem regionalen Kontext (SS 2007)Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Würzburg
• W. Pötzl & O. Schneider; Vor- & Frühgeschichte; Archäologie einer Landschaft - Landkreis Augsburg, Band 2
• R. Linke, Sonderdruck: "Aus der Vor- und Frühgeschichte" Königsbrunn, eine junge Stadt mit archäolog. Vergangenheit
Internet Links:
Archäologisches Museum Königsbrunn
My Heimat.de/Archäolog. Museum Königsbrunn
Dr. Stephan Wirth / Universität de Bourgogne)
Kiesgrube "LAUTER - Aktuelles"
Siedlungs-Geschichte Kleinaitingen
Lechrain-Geschichte / Museum Königsbrunn
Bürgerreporter:in:Alfred Platschka aus Igling |
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