"Hallo Bernd, hallo Simone, Joelle und Wolfgang"
da werkeln sie, rücken Stühle und schieben Tische, schmücken mit zierlichen Blumenvasen, ordnen Speisekarten, wischen und polieren – es ist noch früh am Tag. Die Kleidung ist adrett, beinahe mit vornehmem Touch, gediegenes Schwarz mit kleidsamer Schürze. Das kleine Schild am Hemd zeigt den Ansprechpartner. Man kennt sich und zeigt offen seine Freude. Nichts ist anonym und nichts wird mit Schweigen ummantelt.
SAMOCCA, Kaffeerösterei + Cafe + Deli
Blumen, Bleistifte, Bestellkarten zum Ankreuzen, SAMOCCA – ein Kaffee in Nördlingen.
Wer ins SAMOCCA kommt, der spürt unaufdringliche Freundlichkeit und stille Bescheidenheit in einladender Atmosphäre. Die Bestellung findet auf dem Zettel statt, die Auswahl trifft der Kunde durch ein Kreuz auf dem Bestellschein. Das Angebot ist reichlich, denn SAMOCCA ist nicht nur ein Kaffee. Vom Rührei mit Speck, Kartoffelsuppe nach Mutter`s Art, vegetarisch und auch tierisch, alles wird hier zubereitet, gekocht und auch serviert – der Kuchen, die Torte, das Eis, heiße Schokolade, der „Bagel“ geschmückt mit allen Raffinessen, süß und sauer.
Längst gibt es Stammkunden, Kuchenkränzchen, Kaffeegenießer, Zeitungsleser, Mittagsplauderer – alle sind sie Genießer. SAMOCCA steht mehr für Slowdrink als für Fastfood, eine entschleunigte Oase im täglichen Alltagstrott inmitten der „Guten Stube“ von Nördlingen, der Stadt mit dem ganz besonderen Flair.
Es ist eine Idee und das Konzept heißt Inklusion.
Menschen mit Handicap arbeiten und erleben hier den ganz normalen Wahnsinn im Arbeitsleben wie jeder andere gesunde Mensch auch. Hier wird gezeigt und auch erlebt wie willensstark und schaffensfroh, wie konsequent und auch einfühlsam Menschen mit Behinderungen mit ihrem Gegenüber kommunizieren.
Jede Geschichte hat auch eine Vorgeschichte
Bernd, Simone, Wolfgang und all die anderen, man kennt sich seit vielen Jahren und man trifft sich immer wieder. Damals im Nördlinger Tierheim, die jungen Frauen und Männer der Lebenshilfe beschäftigten sich in ihrer Freizeit ausgesprochen gerne mit Geschöpfen auf vier Pfoten, pflegten mit ihnen kurzweilige Spaziergänge. Viele Gespräche und gemeinsame Erlebnisse wurden ausgetauscht, ein fröhliches Miteinander, ein Geben und Nehmen, gelebte Inklusion.
Beim Naturschutz die Brotzeit nach jedem Arbeitseinsatz: wer backt die Kuchen, kocht den Eintopf oder belegt die Semmeln? Die Frauen und Männer mit Handicap, betreut durch die Lebenshilfe, sie helfen wo sie nur können, legen eine Begeisterung an den Tag für all ihr Schaffen und bringen uns immer wieder zum Staunen.
Zurück zum SAMOCCA, hier geht die Erfolgsgeschichte weiter, denn bald feiert das Kaffee seinen zweiten Geburtstag. Die Mitarbeiter der Lebenshilfe haben einen großen Anteil daran.
Die Bohne, im SAMOCCA bearbeiten sie die Bohne selbst. Die Maschine ist nicht zu übersehen. Hier werden die Bohnen frisch geröstet und dann in die glänzenden, verchromten Schütten gefüllt. Im SAMOCCA ist Kaffee auch nicht einfach Kaffee. Das Getränk ist hier das Zentrum des Denkens, Empfindens, Genießens.
Sehen – Riechen – Hören,
wie kleine Kieselsteine sprudeln sie als unbehandeltes Naturprodukt durch die Hände des Lehrmeisters Rudi Siegel. Heinrich füllt das Rohmaterial in den Behälter und beobachtet den Röstvorgang. Von der Pike auf will er es lernen und Rudi, sein Betreuer und Begleiter im täglichen Arbeitsalltag hilft ihm beim Sehen – Riechen – Hören:
„das Wasser entweicht durch den Temperaturanstieg, die Bohne springt auf, der Fruchtzucker karamellisiert“ . . . Rudi erklärt und Heinrich sein „Lehrling“ kontrolliert angestrengt und voll Wissbegierde den Zeiger am Arbeitsgerät, zählt die Minuten, kontrolliert immer wieder die sich langsam bräunenden Bohnen – er sieht – riecht – hört – und fertig ist der Röstvorgang. Die Bohne springt auf, die zarte Hülle löst sich . . . man hört es tatsächlich.
Spezialitätenkaffee aus Ruanda, die milde Note von Schokolade strömt aus dieser Arabica Bohne – Indien steht für den Geschmack des Monsuns – Brasilien der weiche und milde Kaffee – Äthiopien süß und blumig – Malawi Pamwamba, Zimbabwe, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala und noch mehr sortenreine Kaffees aus der ganzen Welt.
Gourmetmischungen: Raetia, die Hausmischung, zaubert den feinherben Körper Nördlinger Ries auf deinen Gaumen. Suevia, die milde Mischung Schwaben, lässt dich den Nachmittag fruchtig und weich erleben.
Den Espresso „Daniel“, den muss ich dir unbedingt noch vorstellen:
„ein kräftiger, dunkler Espresso, der alles mit sich bringt was ein guter , italienischer Espresso haben muss. Er präsentiert sich so kräftig wie sein Namensgeber, der Turm unserer St. Georgskirche“, so steht es geschrieben auf gelbem Flyer der Empfehlungen.
SAMOCCA steht für eine Idee, dazu gehört das Rösten vor den Augen des Konsumenten, den Kaffee in Vollendung zu genießen. Deli steht als Abkürzung für „delicious“ für die frische und hochwertige Qualität sowie für das gute Preis-Leistungsverhältnis aller Speisen und Getränke.
Unsere Freunde mit Handicap zeigen dir und mir ihr Können an einem Tisch inmitten der Feiermeile an diesen ganz besonderen Tagen. Sie sind Aussteller und auch Helfer auf dem Platz, allzeit bereit bei all ihrem Tun.
Und die Inklusion in Nördlingen nimmt kein Ende: die `Schnippelküche` aus dem „Cap… der Lebensmittelpunkt“ lässt es sich nicht nehmen als Aussteller am CittaSlow Festival ihr Können und auch ihr Geschick zu zeigen in der Vielfalt ihrer allseits beliebten Salatplatten, Kreationen mit Pfiff und vollendetem Geschmack – und alles mit Liebe zubereitet.
Und noch etwas, die Band Tintenfisch: hier geben Musiker mit Handicap den Ton an. Ein integratives Musikprojekt der Lebenshilfe Donau-Ries. Musiker/innen mit geistiger Behinderung spielen zusammen mit erfahrenen Musikern. „Tintenfisch“ zeigt wie „Inklusion“ funktioniert. Ihre Konzerte sind einmalig, nicht wiederholbar – eben etwas ganz Besonderes, ein Live – Erlebnis an diesem einmaligen Fest.
Wir laden dich herzlich ein zum Probieren, Genießen und Erleben, zum Abschalten und Philosophieren über Gott und die Welt
und wo? Drei Tage im Ausnahmezustand In Nördlingen am 14. bis 16. August beim CittaSlow Festival 2015
Urlaub im August in Nördlingen im Ries im bayerischen Schwabenland mit der ganzen Familie, das wär doch der Hit in diesem Jahr, oder etwa nicht?
Bürgerreporter:in:Heidi Kaellner aus Nördlingen |
6 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.