Lampenfieber ist das größte Kompliment ans Publikum

Patrick Lindner im Gespräch mit Joachim Meyer
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nördlinger: Herr Lindner, nach der Schule absolvierten Sie erst mal eine Ausbildung zum Koch und arbeiteten nach abgeschlossener Lehre unter anderem auch im "Bayerischen Hof". Es sah also eher nach einer Karriere im kulinarischen Bereich aus. Wie kamen Sie zur Musik? Stammen Sie aus einem musikinteressierten Elternhaus?
Patrick Lindner: Musik spielte schon immer eine große Rolle in meinem Leben. Ich konnte mir aber lange nicht vorstellen, auf der Bühne zu stehen, da ich anfangs sehr schüchtern war. 1985 begann ich, in München Theater zu spielen. Plötzlich stand ich dann doch "auf den Brettern, die die Welt bedeuten". Das war die erste Bühnenerfahrung. Ich kam auf den Geschmack und 1988 produzierte ich zusammen mit Jean Frankfurter und Irma Holder die erste Single. Dieses Autorenteam war für mich ein absoluter Glücksfall.
nördlinger: Und welcher Impuls treibt Sie an, sich künstlerisch auszudrücken?
Patrick Lindner: Das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Manche Dinge im Leben entziehen sich einer rationalen Erklärbarkeit, aber irgendeine "innere Stimme" muss mich auf den künstlerischen Pfad geführt haben.
nördlinger: Sie haben davon gesprochen, dass Sie an und für sich eher ein "schüchterner" Mensch seien. Müssen Sie sich jedes Mal neu überwinden, auf die Bühne zu gehen?
Patrick Lindner: Jeder Auftritt ist eine neue Herausforderung. Man weiß nie so genau, was einen erwartet. Auf der anderen Seite bekommt man schon eine gewisse Routine, wenn man solange dabei ist. Ein bisschen "Lampenfieber" ist aber gut und leistungsfördernd. Wenn man zu abgezockt auftritt, ist man nicht mehr authentisch. "Lampenfieber" ist eigentlich das größte Kompliment, das man seinem Publikum machen kann.
nördlinger: Beim internationalen Finale des Grand Prix der Volksmusik 2006 konnten Sie den 6. Platz erringen. Welchen Stellenwert haben derartige Wettbewerbe? Wie wichtig sind solche Auszeichnungen in der Volksmusikbranche?
Patrick Lindner: Solche Wettbewerbe haben mit Sicherheit einen Einfluss auf die Verkaufszahlen. Dennoch ist die Platzierung, die man beim Grand Prix belegt, nicht notwendigerweise eine Garantie für hohe Verkaufszahlen. Es kam schon vor, dass weiter hinten platzierte Titel erfolgreicher und bekannter waren als das Siegerlied. Mein 2. Platz beim Grand Prix der Volksmusik 1989 war für mich wie ein Siegertitel. Der Grand Prix ist für viele Newcomer ein gutes Sprungbrett.
nördlinger: Mit ihrem Album "Gigolo" (2005) haben Sie sich dann kurzfristig von Ihren Wurzeln entfernt. Auf dieser CD finden sich dreizehn der schönsten internationalen Swingnummern vereint. So reicht die Bandbreite von "Moon River" über das lateinamerikanische "Sway" bis zu "Mack the knife". Bleibt es bei diesem einmaligen Ausflug in die Welt des Swing bzw. Jazz oder sind weitere derartige Projekte geplant?
Patrick Lindner: Das war voraussichtlich eine einmalige Geschichte, die mir sehr großen Spaß gemacht hat. Die Zusammenarbeit mit einem fabelhaften Orchester wie der Thilo Wolf Big Band wird mir immer in bester Erinnerung bleiben. Da ich in der Schlagerbranche relativ erfolgreich war, steckte man mich natürlich in eine bestimmte Schublade. Es ist schwierig, sich daraus zu befreien. Für mich war der Ausflug in die Welt des Swing eine willkommene Abwechslung. Es ist mir aber wichtig zu betonen, dass ich immer nur Dinge gemacht habe, die wirklich zu mir passten. Ich konnte mit dem Album "Gigolo" auch Leute ansprechen, die sonst mit meiner Musik nicht so viel anfangen konnten.
nördlinger: Auf Ihrer Homepage ist zu lesen, dass Sie mit Ihrem aktuellen Album "Die Sonne ist für alle da" wieder zu "ihren Wurzeln" zurückkehren. Wie würden Sie selber ihre Wurzeln beschreiben?
Patrick Lindner: Das ist ganz einfach zu beschreiben: Nach 10 Jahren kehrte ich zu meinem Erfolgsteam Jean Frankfurter und Irma Holder zurück. Darüber hinaus habe ich wieder mein altes Management. Die Auswahl der Lieder orientierte sich bei der aktuellen CD wieder mehr am breiten Publikumsgeschmack.
nördlinger: Welche Gründe waren dafür ausschlaggebend, wieder zu den Wurzeln zurückzukehren? Entsprang die Rückkehr einem inneren Bedürfnis oder war sie eher Sache des Managements?
Patrick Lindner: Ich würde von einer gemischten Motivationslage sprechen. Ich wollte ein breiteres Zielpublikum ansprechen. Man macht seine Musik schon in erster Linie für das Publikum. Andererseits wollte ich auch selbst wieder zurück zu meinen Wurzeln kehren.
nördlinger: Der Volksmusikbranche wird zuweilen eine gewisse Oberflächlichkeit nachgesagt. Brisante Themen wie Überbevölkerung, Umweltzerstörung, Kriege oder die Ausbeutung der Entwicklungsländer durch die Industrienationen bleiben weitgehend ausgeblendet. Kritiker sprechen von einer "keimfreien Scheinwelt". Wie gehen Sie mit einer derartigen Kritik um?
Patrick Lindner: Das wird der volkstümlichen Musik in der Tat gerne angelastet. Ich denke, dass die Einschaltquoten eine deutliche Sprache sprechen. Die Leute haben eine Sehnsucht danach, sich auch einmal fallen zu lassen. Es wäre fahrlässig, dieses Bedürfnis zu ignorieren. Wenn unsere Lieder dazu beitragen, dass sich die Menschen "in eine eigene Welt hineinträumen können", dann haben wir unseren Auftrag erfüllt. Das gilt auch für das Fernsehen. Warum hat die Serie "Das Traumschiff" so hohe Einschaltquoten? Aus den Gründen, die ich vorher genannt habe.
nördlinger: Hier in Nördlingen sind Sie in Ihrer Eigenschaft als Werbeträger für den Sozialverband VdK. Wie kam es zu diesem sozialen Engagement?
Patrick Lindner: Nach einigen konstruktiven Gesprächen mit der VdK-Telecom stand für mich fest, dass ich mich für diese gute Sache engagieren werde. Das Konzept hat mich überzeugt. Sie sparen mit dem VdK-Telecom Tarif und fördern dabei noch Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, ohne dass Sie zusätzlich Geld ausgeben müssen. Zum Hintergrund muss man wissen, dass der Sozialverband VdK Bayern e.V. unter anderem in Straubing eine Integrationsfirma mit derzeit über 100 Vollzeitarbeitsplätzen für Menschen mit psychischer Behinderung betreibt.
nördlinger: Darüber hinaus sind Sie auch noch Botschafter für die 15 SOS-Kinderdörfer in Deutschland.
Patrick Lindner: Ja, genau. Im Übrigen habe ich mich auch in Russland viele Jahre lang für Straßenkinderprojekte eingesetzt. Auf diese Weise habe ich auch meinen Sohn kennen gelernt. Er ist 9 Jahre alt und besucht inzwischen die 3. Klasse. Jetzt wird’s langsam ernst für ihn.
nördlinger: Herr Lindner, vielen Dank für dieses Gespräch.

Interview: Joachim Meyer u. Bilder: Bernd Aue

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Joachim Meyer aus Friedberg

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