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Deklaration von Alkohol auf Speisekarten
Die „DEHOGA*“ und ihre Ausreden

Ja, ich bin enttäuscht, sauer und unzufrieden.

Warum?

Ganz einfach, mein Projekt zur Einführung einer Kennziffer für Alkohol auf Speisekarten, in Zusammenarbeit mit der DEHOGA (Deutscher Hotel und Gaststättenverband) ist wohl gescheitert.

Um was geht es genau?

Die Kennzeichnung von Inhaltsstoffen auf Speisekarten umfasst heute eine ganze Liste von Bestandteilen, aber leider keinen Alkohol. Ziel wäre eine Kennziffer für Alkohol. In einer Zeit mit rund zwei Millionen registrierten Alkoholikern und einer riesigen Zahl an trockenen Alkoholikern – die Zahl wird auf rund 6,5 Millionen geschätzt – wäre es an der Zeit, mit einfachen Mitteln die Zahl der Rückfälle zu vermindern. So wäre es, aus meiner Sicht, relativ einfach, den Zusatzstoff „Alkohol“ mit einer Kennziffer auf der Speisekarte zu deklarieren. Dabei geht es mir nicht nur um den trockenen Alkoholiker, der offen mit seiner Sucht umgeht, sondern auch um eine andere Klientel.

Ist der Alkohol auf der Speisekarte deklariert, kann jeder Kranke, jedes Elternteil, jeder Gläubige oder jede Schwangere, die auf Alkohol verzichten möchten, erkennen, dass dieser Bestandteil im Spiel ist.

Eigentlich ein relativ leichtes Unterfangen, welches aber ein gewisses Maß an Willen voraussetzt. Mit Unterstützung der DEHOGA könnte man etwas bewirken und den Alkoholkranken und alle anderen Betroffenen vor der Droge Alkohol schützen.

 Ich erhielt das folgende Schreiben:

“Dr. Uta Stenzel

Referentin
Deutscher Hotel- und Gaststättenverband
(DEHOGA Bundesverband)

(Auszug 14.Dezember 22): vielen Dank für Ihre E-Mail und Nachfrage zum Stand „Alkohol auf Speisekarten“.

Wir haben die Thematik in der Sitzung des Beirates Gastronomie im DEHOGA am 26./27. September 2022 in Potsdam besprochen (Tagesordnungspunkt: „Kennzeichnung von Alkohol in Speisen auf Speisekarten“). Die Teilnehmenden haben sich dort für eine freiwillige Kennzeichnung ausgesprochen.“

Vorausgegangen waren, beginnend von 2016 diverse Schreiben an Ingrid Hartges (Hauptgeschäftsführerin).

Am 3.11.2016 schrieb sie mir:

„Vereinzelt ist das Thema auch schon in der Vergangenheit an uns herangetragen worden.

Ich bitte um Verständnis, dass ich darüber erst in unseren zuständigen Gremien eine Meinungsbildung herbeiführen muss. Nicht vorenthalten will ich Ihnen, dass unsere Betriebe bereits heute mit einer Vielzahl von Kennzeichnungsverpflichtungen konfrontiert sind. Besonderen Ärger hat die jüngst eingeführte Allergenkennzeichnung verursacht, da unsere Betriebe den Aufwand für völlig unverhältnismäßig halten. Eine Nachfrage der Gäste nach den Allergiker Speisekarten gibt es so gut wie gar nicht.

(Anmerkung des Verfassers: Die gibt es aber, wie der Titel oben zeigt)

Ich bitte um Verständnis, dass ich am 19./20. November ein Treffen nicht ermöglichen kann, da wir am 21. November unsere Delegiertenversammlung durchführen und am 22. November unseren Branchentag mit rund 1.000 Teilnehmern haben.

Ich schlage vor, dass wir uns im Januar zu einem Gespräch treffen. Dann habe ich sicherlich auch ein Stimmungsbild aus unseren Gremien vorliegen.“

Genau 6 Jahre sind vergangen von der ersten Kontaktaufnahme bis zu letzten Schreiben. 6 Jahre in denen NICHTS verändert wurde und wahrscheinlich auch nicht verändert wird.

Dazwischen erhielt ich noch ein Schreiben der DEHOGA mit folgendem Inhalt:

(Auszug) – „Der Beirat hat die Thematik intensiv diskutiert und die Möglichkeiten eruiert, die Branche für das Thema zu sensibilisieren. Wie Sie selbst in Ihrem Blog schreiben, sollte das Thema nicht überbewertet werden. (…)

Wie ich bereits in meiner Mail vom 16. Januar 2017 angedeutet habe, ist es uns nicht möglich, die Branche zuverpflichten, weitere Kennzeichnungspflichten einzuführen. (…)

Die betroffenen Gruppen Alkoholintolerante, Gläubige und Kinder (bzw. deren Eltern) sind zudem natürlich jederzeit eingeladen, bezüglich der Inhaltsstoffe der gewünschten Speise gezielt nachzufragen und sich somit zu vergewissern, dass kein Alkohol verarbeitet wurde.

Auch in Situationen, in denen sich ein trockener Alkoholiker nicht „outen“ möchte, sollte es in der Regel möglich sein, ein vertrauliches Gespräch mit dem Personal zu führen. In diesen Situationen sollte auch an die Eigenverantwortlichkeit von trockenen Alkoholikern appelliert werden. Selbst wenn ein trockener Alkoholiker bei einem Restaurantbesuch unbeabsichtigt Restalkohol (der nach dem Verkochen der ohnehin z.B. in Saucen sicherlich eher sparsam verwendeten Alkoholmenge in der Regel minimal sein dürfte) zu sich nehmen sollte, führt dies nicht automatisch zu einem erhöhten Rückfallrisiko. Ursachen, die zu einem Alkoholrückfall führen, sind in der Regel psychologischer Natur und haben viel mit der seelischen Verfassung, der inneren Haltung und den sonstigen Lebensumständen, als mit der tatsächlich aufgenommenen Alkoholmenge zu tun.“

Eine Aussage, die ich für recht überheblich halte und so nicht akzeptieren kann.

Wohlgemerkt, Alkohol gehört zu unserem Leben, ist fast überall gegenwärtig und es ist klar, der Suchtkranke selbst ist verantwortlich für den Umgang mit dieser Droge. JA, er kann auch nachfragen, wenn er ein Restaurant betritt und bevor er bestellt, ABER: Wir reden nicht nur über Suchtkranke und trockene Alkoholiker die Rückfälle befürchten können und müssen.

NEIN -wir reden hier auch über 8 – 10 Millionen Menschen die im Umfeld von Suchtkranken leben, die darauf hoffen das die Abstinenz des Partners, Freundes oder Kollegen dauerhaft ist und nicht durch diesen oberflächlichen Umgang mit dem Thema gefährdet wird.

Es ist mir klar, dass die DEHOGA in erster Linie die Interessen ihrer Mitglieder vertritt, aber es sollte auch klar sein das meine Bemühungen eine verbindliche Vorgabe für die gastronomischen Betriebe zu erreichen weitergehen wird. Vielleicht mit der DEHOGA, aber auch mit dem zuständigen Bundesministerium, der Presse und allen erreichbaren Medien.

Vielleicht gelingt es ja doch die DEHOGA zu einem Umdenken zu bewegen, gemäß ihrem eigenen Motto zum Branchentag 22 „Wandel gestalten, Perspektiven schaffen. Zukunft sichern“ – Vielleicht dann auch mit Blick auf die Suchtkranken und deren Angehörige.

Restaurants und Gaststätten müssen und sollen wirtschaftlich denken und handeln, aber dabei sicher nicht die Kunden aus den Augen verlieren.

Nach der Veröffentlichung in der”Trokkenpresse” (Ausgabe Februar/März 2023) habe ich die DEHOGA erneut angeschrieben und beende den Brief wie folgt:

Ich darf ihnen versichern das ich die Entwicklung sehr bedauere, aber in vielen Veranstaltungen, insbesondere in den letzten Wochen erfahre ich eine unerhörte Unterstützung von Organisationen, Selbsthilfegruppen und Kliniken. Eine Veränderung der Situation wäre recht einfach, eine einheitliche Kennziffer für alle Betriebe mit einer verbindlichen Information Ihres Hauses als zumindest als Maßgabe, könnte viel bewirken.

Ich bin in den nächsten Wochen und Monaten wieder viel unterwegs, treffe viele Firmen, Klinikärzte, Krankenkassen und Suchteinrichtungen und arbeite weiter an der Einführung dieser Kennziffer.

Ich möchte noch einmal eine Bereitschaft zu einem Gespräch und zu weiteren Gesprächen anbieten. Abschließend noch ein Hinweis: Nachdem auch Prof. Lauterbach das Thema „bessere Prävention“ aufgreift, ich das Ministerium „Gesundheit“ und auch den Suchtbeauftragten der Regierung einbeziehe, verstehe ich die Zurückhaltung der DEHOGA, auch in Hinsicht auf die Mitgliedsbetriebe leider nicht.

Warten wir ab was passiert, ich bleibe dran und berichte weiter.

Diesen Beitrag gibt es auch als Podcast(und natürlich Weitere) unter – hier klicken

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