Die Spartaner von Neu-Ulm - Portrait eines Teams
(rppr) Die Neu-Ulm Spartans sorgen für Aufsehen - nicht nur auf dem Football-Feld: Wegen ihres Konzept-Pakets aus Sport und gesellschaftlicher Verantwortung gilt die Abteilung des TSV Neu-Ulm mittlerweile als Vorzeigeprojekt in Bayern.
Dass sie sich Spartans nennen, kommt nicht von ungefähr: Sie sind hart, unbeugsam, geschlossen, aufrecht und stellen sich jedem Gegner. Doch es gibt einen Unterschied zur antiken Vorlage: Im Gegensatz zu Leonidas’ Spartanern in der Schlacht bei den Thermopylen verlieren sie nicht. Bereits in der ersten Saison des Gründungsjahres 2012 haben die Spartans den Aufstieg in die Bayernliga geschafft, wo sie nach sieben Spieltagen derzeit ohne Verlustpunkt an der Tabellenspitze stehen und sich für die Playoffs qualifiziert haben, die sie heuer in die Dritte Liga bringen sollen.
Dafür, dass American Football immer noch als Randsportart gilt, erfahren die Spartans regen Zuspruch: An die 600 Zuschauer kommen im Schnitt zu ihren Heimspielen ins Muthenhölzle.
Ein regelrechter Quantensprung gemessen an den ersten Gehversuchen in der Sportart Mitte der 1980er Jahre. Damals war mit Thomas Schenkel ein ehemaliger Spieler der Stuttgart Scorpions aus beruflichen Gründen nach Ulm gekommen, wo er in Kneipen und Cafés nach Mitstreitern für ein Footballprojekt an der Donau suchte. Da es zunächst weder einen Verein gab, der sich eine neue Abteilung ans Bein binden wollte, noch einen verfügbaren Sportplatz, trainierte das illustre Sammelsurium aus GI’s, die damals in Neu-Ulm stationiert waren, und einheimischen Football-Novizen – darunter auch der jetzige Vorsitzende des Ulmer Ruderclubs, Andreas Huber - in der Friedrichsau. Gefolgt vom wegen seiner Schieflage berüchtigten Arnegger Sportplatz, bevor die frisch gegründeten „Ulm Sparrows“ bei SV Grimmelfingen erstmals ebenerdig trainieren konnten.
Doch mit den Jahren kamen Zerwürfnisse, die in eine Abspaltung und Gründung eines weiteren Vereins, der „Neu-Ulm Barracudas“, mündete. Doch keines der beiden Teamprojekte war letztlich von nachhaltigem Erfolg und Dauer. Innerbetriebliche Störungen, Kompetenzgerangel und Querelen sorgten letztlich für den beginnenden Niedergang der Sportart in der Region. Was der heutige Spartans-Cheftrainer Daniel Koch unbedingt stoppen wollte. Zumal er als Head Coach der Deutschen Frauen-Nationalmannschaft als auch der bayerischen Jugendauswahl Kernkompetenzen für dieses Geschäft mitbrachte und wusste, worauf es ankommt.
Nach Lage der Dinge erschien ihm eine komplette Neuordnung der Footballszene die einzig tragfähige Zukunftslösung. Ergo wurde im Rahmen einer Trainerversammlung mit Vertretern der Altvereine der einvernehmliche Neuanfang auf den Weg gebracht. „Wir wollten keine negativen Verbindungen mehr mit der Vergangenheit und haben etwas völlig neues geplant“, sagt Daniel Koch. Mit einem Kodex, der für Funktionäre und Spieler gleichsam gilt und auf gegenseitigem Respekt, Zusammenhalt und Einsatzbereitschaft basiert. „Das Vereinsklima ist äußerst positiv, wir achten sehr drauf, dass es keine Querelen gibt und sich alle korrekt verhalten – sowohl im Verein, als auch außerhalb“, macht Koch deutlich.
Bislang ist die Rechnung aufgegangen, der Erfolg gibt ihm recht: „Im ersten Jahr haben wir bis auf eines alle Spiele gewonnen und sind gleich in die Bayernliga aufgestiegen.“ Was er auch darauf zurückführt, dass „alle gemeinsam an einem Strang ziehen und die Energien nicht in verschiedene Richtungen verschwendet werden“. Gebündelte Kräfte, die seinem Kerngeschäft zugute kommen: „Ich kann mich als Trainer voll auf meine Aufgaben konzentrieren.“
Die mit dem angestrebten Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse nicht kleiner werden, zumal in der Regionalliga bereits Gehälter bezogen werden und bisweilen US-Legionäre auf dem Platz stehen. Ein Weg, den die Spartans nicht gehen wollen, deren Spieler samt und sonders aus der Region stammen: „Wir wollen aus unserer eigenen Arbeit heraus erfolgreich sein, dazu gehört ein gutes Jugendkonzept.“ Wobei die Strategie ganzheitlich ausgerichtet ist und nicht allein auf die sportliche Ertüchtigung abzielt. „Wir legen großen Wert darauf, dass die schulische und berufliche Ausbildung nicht vernachlässigt wird.“
Einerseits bieten die Spartans gerade jenen eine sportliche Heimat, die andernorts wegen ihrer körperlichen Befindlichkeit keine Chance haben. Nach dem Motto „Woanders gemobbt? Bei uns bist Du willkommen!“ bemühen sich die Footballer um die Integration von Schwergewichtigen, die über den Sport zu einer höheren Fitness und über den Teamgeist zu einem gestärkten Selbstbewusstsein gelangen sollen. Dass dies funktioniert, zeigt das Beispiel von Anton Schoger, der nach vielen gescheiterten sportlichen Versuchen als letzte Hoffnung das „XXXL-Meeting“ der „Big Boys“ besuchte. Kurz darauf stieg der 17-jährige ins Training der Spartans-Jugend ein – mittlerweile ist er in den Kader der Bayerischen Jugendauswahl berufen worden.
Andererseits ist die Übernahme sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung ein weiterer Bestandteil des Konzepts – ob bei Geschenkaktionen in der Kinderklinik oder dem kollektiven Blutspenden. Nicht nur Nachwuchssportler, denen es an Mitteln für eine Football-Ausrüstung fehlt, werden unterstützt. Mit Hilfe der „Günter-Steinle-Fondation“, die seit 40 Jahren Kultur-, Sport- und Sozialprojekte fördert, wird Jugendlichen unter die Arme gegriffen – von der Nachhilfe bis zur psychosozialen Betreuung. „Was die Spartans machen finde ich einfach prima“, erklärt Stiftungsgründer Günter Steinle die Motivation. „Deshalb unterstützen wir sie gerne.“
Wobei nicht zuletzt die Selbstverpflichtung zu den Werten der derzeit 180 schwäbischen Spartaner eine zentrale Rolle spielt, die sie unter der Rubrik „Spartan Strong“ festgelegt haben. Dort wird unter anderem zum Verzicht auf Drogen, Alkohol und Tabak aufgerufen - zugunsten einer gesunden, sportlichen Lebensweise, verbunden mit dem Aufruf, anderen in Sachen Fairness und Hilfsbereitschaft ein Vorbild zu sein.
Bürgerreporter:in:Heinz Koch aus Günzburg |
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