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Der verlogene Schnee

Als ich aufwachte, drangen diffuse Schimmer durch die Vorhänge.
Nicht so wie von irgendwelchen Lampen, nein, ein ruhiges, gleichmäßiges warmes, aber zugleich auch kaltes Licht und es war so eine ruhige, friedliche Stimmung in mir. Ich stand auf, schaute in den Garten, die Uhr zeigte sechs. Es hatte in der Nacht kräftig geschneit, und ein weißer, über der Landschaft liegende Mantel, verursachte dieses anheimelnde Licht.

Ich mag den Winter nicht sonderlich, aber gedenk meiner Pflichten zog ich mich warm an, um den Fußweg von dieser Pracht zu befreien, schnappte mir den Schieber sowie einen Besen und wollte mit der Arbeit beginnen. Da lag er nun, der Schnee, ausgebreitet wie ein riesiges Leinentuch und nur gestört von den Tritten der Zeitungszusteller, die schon vor mir ihre Pflicht erfüllt hatten und hohen Dank verdienen. Und eine Katze musste wohl auch schon unterwegs gewesen sein.
Er, der Schnee, lag so ruhig, alles bedeckend, aber nicht wie von vielen Dichtern beschrieben als Leichentuch, sondern als Bote friedlicher Ruhe und Ausgeglichenheit. Der Mantel, jeden Laut dämpfend, verbreitete eine friedliche Zuversicht und die Erkenntnis, auf einem wunderschönen Planeten zu leben. Es tat mir weh, eine Wunde in diese Gleichmäßigkeit schlagen zu müssen und den Mantel in seiner Gesamtheit zu zerstören und zu teilen, aber meine Pflicht war es, zu fegen.

Nach getaner Arbeit kochte ich leicht durchgefroren, aber immer noch in dieser Hochstimmung einen Kaffee, suchte den Sessel vor dem Fernseher auf und wollte die frühen Nachrichten des frühen Tages gucken. Nach den ersten Bildern, sie berichteten von den unglaublichen Geschehnissen der letzten Nacht, fühlte ich mich betrogen und mochte den Winter nun erst recht nicht mehr, den der Schnee hatte ganz fürchterlich gelogen …

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