Antrag Weltkulturerbe: Altstadt Naumburg / Saale
Orginaltext:
"Altstadt Naumburg
Stadtanlage auf dem Hochufer südlich der Saale, zusammengewachsen aus mehreren Siedlungskernen; namengebend die Nuemburg der Eckhardinger auf steil nach Westen zur Saale abfallender Bergkuppe, später Stelle der im 18. Jh. hierher verlegten Propstei, seit 1913 überbaut vom Oberlandesgericht, an die einstige Burganlage südöstlich anschließendes Areal des Georgenklosters und des Domstiftsbezirks, seit dem Hochmittelalter sich mit seinen Kuriengbäuden zu einem rechtlich eigenständigen Stadtbereich (Domstadt) entwickelnd; der weitläufige Bereich um die viertürmige spätromanisch - frühgotische Kathedralkirche mit seinen Klausurbauten und der Marienkirche, gesäumt von den Kurien des Bischofs und der Domherren, den Straßen-, Platz- und Gartenanlagen in seiner Komplexität, überdurchschnittlich qualitätvoller Architektur und hervorragenden Erhaltung in Deutschland einzigartig und von höchster kultur- und kunstgeschichtlicher Bedeutung; im Zusammenhang mit der Verlegung des Bischofssitzes von Zeitz nach Naumburg im 12. Jh. gleichzeitig Entstehung einer eigenständigen, planmäßig gegründeten civitas (Ratsstadt), in der Folgezeit starker wirtschaftlicher Aufschwung und Loslösungsbestrebungen der Bürgerschaft vom bischöflichen Stadtherrn, seit dem 14. Jh. das politische Geschehen durch Patrizierfamilien bestimmt; Stapelrecht, Fernhandel, Waidvertrieb, Tuchmachereien und Brauereien als wichtige Gewerbezweige, dadurch bedingt charakteristische Stadthöfe mit Seitenflügeln und zahlreichen Nebengebäuden, die Wohnräume oft mit aufwändiger Ausstattung; bis 1835 rechtlich von der Domstadt getrennt; mit den mittelalterlichen Vorstädten, Stadtmauern und Wallanlagen insgesamt herausragendes Zeugnis mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Geschichte und Sozialgeschichte, ablesbar an der Parzellenstruktur, den Straßenläufen, Plätzen und den zumindest im Kern bis ins Mittelalter zurückreichenden Bauwerken (Kelleranlagen), darunter viele von besonderem architektonischem Rang; dank seiner guten Überlieferung Stadtdenkmal von herausgehobener Bedeutung."
Ich hatte ja schon in der Vergangenheit zum 1. Bauabschnitt im Jacobsviertel berichtet:
1) Naumburg und das Problem mit dem architektonischen (Welt-) Erbe
2) Naumburgs Welterbe - das historische Jacobsviertel und das "Geliebte Flachdach" (2)
Nun steht ja bald der 2. Bauabschnitt ins Haus, der ja nun erst recht im Zeichen des Erhaltes eines Weltkulturerbes stehen muß.
Wie es mal aussehen soll ist auf einem Plan zu sehen (Zu finden bei der GWG Naumburg, Lindenring, 1. OG). Auf Diesem man sich zumindest etwas informieren kann.
Ich schätze mal dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Entscheidungsträger mehr oder weniger stark ausgeprägte Defizite im Erfassen der Tragweite dessen, was da genehmigt wird, hat. Bei vielen spielen vordergründige soziale Fragen die 99%ige Hauptrolle, die Tafel ist das Wichtigste. Eine Tafel für Stadtarchitektur gibt es nicht. Alte baufällige Häuser sind abzureissen. Sie kosten ja eh nur Geld. Ein über Sätze wie: Naumburg ist doch seit der Wende sooo schön geworden, hinausgehendes kunsthistorisches Verständnis, geschweige denn wirkliches und fundiertes Interesse ist bei vielen nicht mal ansatzweise vorhanden. Eine Aufklärung findet nicht nicht statt, oder in sarkastisch hingestreuten Bemerkungen auf Erläuterungstafeln zur IBA, wie, dass die Sanierung des Schützenhauses 1,2 MEUR kosten würde und das Nietzschecenter genausoviel gekostet hat. Im nicht denkmalgeschützten Bereich ist eine nachgerade Verwahrlosung zu nennende Gleichgültigkeit im Umgang mit der überkommenen Architektur festzustellen. Völliges Desinteresse sowohl bei Bauherren als ausführenden Firmen, der hohe Anteil an unqualifizierter Schwarzarbeit und die weder von Seiten der Innungen noch der Stadt erfolgende Schulung und Hebung irgendeines ansatzweisen Interesses für die Materie bei den ausführenden Firmen tun hier ein übriges. Im Vergleich mit anderen Städten ähnlicher Grösse im ehemaligen sächsischen Einflussbereich wie Torgau, Zittau oder Pirna ist Naumburg in Bezug auf den städtebaulichen Gesamteindruck bis auf Einzelobjekte mittlerweile weit abgeschlagen. Der Einfluss des ausgelaufenen Modellstadtprojektes ist nicht in einer besonderen und insbesondere verinnerlichten denkmalpflegerischen Qualität zu erkennen. Fehlerhafte Ausführung, Überputzung und Weglassung bei einer Vielzahl von sanierten und denkmalgeschützten Fassaden sind die Regel und nicht die Ausnahme. Nicht zuletzt befördert der offen vorgetragene Stimmungs-, wenn nicht sogar Gesinnungswandel beim verantwortlichen Dezernat eine Annäherung an billige und beliebige Einheitsarchitektur im optisch etwas weiterentwickelten Plattenbaumodus. Der völlige Verzicht auf hochwertige Materialien bei den entstehenden Neubauten befördert diesen Eindruck und lässt zukünftige Bauschäden vornehmlich in den Sockelbereichen erahnen. Gewerbegebietsarchitektur in unmittelbarer Nähe zu Einzeldenkmalen (grüne Arztpraxis am Gefängnis, Empfangsgebäude in Pforte) lassen eine Empathie für das Ensemble und die Harmoniewirkung mit dem bereits Bestehenden auf brutale Weise vermissen. Wenn es das ist, was Weltkulturerbe ausmacht muss man sich fragen wer denn eigentlich die Menschen sind, die etwas vererben oder erben wollen und die, denen man dann so etwas antut. Hochmut ist ja wohl auch eine der der menschlichen Eigenschaften, die insbesondere im Stadium der Armut schützend zur Schau gestellt wird.