Willkommen im Hotel Transsilvanien

Bran Castle
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Die Liste mit meinen noch zu bereisenden Ländern ist lang. Island, Portugal, Indien, Argentinien und Brasilien stehen darauf, dicht gefolgt von Madagaskar, Norwegen und Thailand. Niemals hätte ich gedacht, dass es mich einmal nach Rumänien, oder vielmehr Transsilvanien, verschlägt. Doch wie das Schicksal es wollte, lernte ich in Irland zwei wunderbare ungarische Au Pairs, die in Rumänien leben kennen und so kam es dann, dass ich eben jene für fünf Tage in ihrer Heimat besuchte. Es ist die beste Art zu reisen und einen Eindruck von Land und Kultur zu bekommen, wenn man seinen Urlaub mit einheimischen „Landeskundeexperten“ verbringt. Ein kleines Abenteuer abseits des typischen All-Inclusive Pauschalurlaubs erwartete mich – all-inclusive waren allerdings jede Menge Gastfreundschaft, Tagesausflüge, Insiderwissen und Spass.

Um ehrlich zu sein war ich vollkommen ahnungslos, was mich in diesem Land erwarten würde. Das Wetter sollte durchwachen sein, doch eher warm als kalt. Wohnen würde ich bei meiner Freundin in einer Kleinstadt namens Szentegyháza (Vlăhița), ein paar Stunden vom Flughafen entfernt am Rande der Karpaten.

(Zwischenanmerkung: Der erste Name ist in Ungarisch, der zweite in Klammern in Rumänisch. Diese Region Rumäniens gehörte in der Vergangenheit zu Ungarn, deshalb spricht der Großteil der Menschen dort offiziell nicht auf Rumänisch, obwohl sie diese Sprache natürlich ebenfalls beherrschen.)

Also was wusste ich noch über Transsilvanien? Ja, sicher. Es ist die Heimat des wohl berühmtesten Vampirs der Welt. Und nein, ich spreche nicht von Edward Cullen aus der Vampirsaga Twilight, sondern von Graf Dracula, dessen Schloss sich zwar nicht in unmittelbarer Reichweite befand aber doch nah genug um mich dazu zu bewegen ein paar Knoblauchzehen in die Seitentaschen meines Koffers zu stopfen. Sicher ist sicher. Klar, Rumänien ist natürlich ebenfalls Heimat der Zigeuner. Arbeitslosigkeit und eine schlecht laufende Wirtschaft werden ebenfalls mit Rumänien in Verbindung gebracht.

Naja, also auf geht es ins Neuland. Die Flüge waren schnell gebucht und unheimlich günstig (aus deutscher Sicht). Von Frankfurt/Hahn flog ich zum „Transylvania Airport“, wo mich meine Freundin und deren Freunde abholten. Eine knapp zweistündige Autofahrt führte uns durch viele Städte und Dörfer und schon jetzt merkte ich, dass mich meine Reise nicht nur in ein anderes Land geführt hatte, sondern anscheinend auch in eine andere Zeit. Pferdewagen ersetzten teilweise Autos und es war selten, dass ein Traktor die Arbeit auf den vielen Feldern erleichtere, sondern diese vielmehr Mensch und Tier verrichten. Ich dachte an die gigantischen Traktoren, die durch unsere Straßen in Deutschland brausen – bald schneller als manches Auto und breiter als jeder LKW. Zigeunerfrauen liefen am Seitenstreifen der Straße, in ihren bunten Kostümen. Durch Berge und Täler erreichten wir dann die Stadt Szentegyháza (Vlăhița), die mehr oder weniger aus einem Dorf- und aus einem Stadtteil besteht. Angekommen in einem Hochhaus packte ich dann meinen Koffer aus und wir aßen etwas. Gestärkt konnte das Abenteuer nun weitergehen.

Hier meine Top 5 - Erlebnisse, Feststellungen und Empfehlungen aus dem wunderschönen Rumänien:

1. Tagesausflug zum Bran Castle (Dracula‘s Schloss) in Törcsvár (Bran) in der Nähe von Brassó (Brașov): Ich würde sagen, dass dieser Tagesausflug den Tourist in mir zu neuem Leben erweckt hat. Was erwartet man von Dracula‘s Schloss? Ein dunkles, finsteres, gruseliges Gebäude mit dunklen und kalten Gängen – gespenstig und irgendwie verhext. Die Tatsache ist allerdings, dass man hier gut und gerne eine neue Folge der Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen drehen könnte, denn das Bran Castle ist derart romantisch und schön, dass man erwarten könnte dort ein Disney-Märchenpaar sogar noch nach ihrem …sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage … anzutreffen. Wunderschöne, kleine Gänge, verschnörkelte Verzierungen, ein Brunnen in der Mitte des Schlosshofes, … ein paar Räume wurden dann noch mit schwarzen Dracula-Möbeln ausgestattet, aber niemand konnte mir weiß machen, dass hier ein Vampir haust … höchstens nachts zur Untermiete bei Cinderella und ihrem Prinzen. Fazit: Ein wunderschönes Schloss und viele andere Touristen aber der Gruselfaktor bleibt aus.

Auf dem Rückweg hielten wir an einer Burg in Kőhalom (Rupea), welche ebenfalls wunderschön ist, wir jedoch wegen Bauarbeiten nicht betreten konnten.

2. Kulinarische Entdeckungen: Während meines Aufenthaltes in Rumänien habe ich einmal mehr festgestellt, wie schlecht, chemisch und komisch-aussehend unser Gemüse in Deutschland (!) eigentlich ist. Äpfel ohne jegliche kleinen Makel, Tomaten und Zucchini die perfekter nicht aussehen oder geformt sein können - rundherum schichtenweise Chemie. In Rumänien wiederum findet man in den Geschäften Gemüse, in Körben und ohne sinnlose Plastikverpackung, die so natürlich aussehen und schmecken wie man es sich hier gar nicht mehr vorstellen kann. Ich hätte es selbst nicht gedacht. Mein Highlight war jedoch eine unglaublich leckere Süßspeise namens Kürtőskalács (siehe Foto). Nicht geschmeckt hat mir das Wasser, das direkt aus den Quellen im Dorf kommt. Es ist sehr eisenhaltig und gesund, allerdings ist es für Menschen, die es nicht gewohnt sind, zu stark. Auf einer Wanderung haben wir jedoch eine andere Quelle entdeckt, von der mir das Wasser wiederum sehr gut geschmeckt hat.

3. Ausflug in die Karpaten und Wanderung zu einem Berg namens Egyes-kő (Piatra Singuratică): Wer hätte gedacht, dass Rumänien landschaftlich gesehen so ein Augenschmaus ist. Ich hatte absolut keine Ahnung was mich landschaftlich erwartet, wusste nur, dass die Karpaten nicht weit entfernt sind zu denen wir an einem der Tage mit dem Bus fuhren. Das war vielleicht ein Anstieg. Kilometer um Kilometer wanderten wir bergauf, …bergauf, bergauf, bergauf. Ich wusste schon immer, dass ich nicht wirklich viel Ausdauer besitze, aber dieser Anstieg hat mich tatsächlich an meine aller letzten Grenzen gebracht. Es hat sich gelohnt. Der Ausblick war unbeschreiblich und glücklicherweise sind wir auch nicht von den dort einheimischen Braunbären gefressen worden.

4. Ausflug nach Máréfalva (Satu Mare) zu den berühmten Szekler Toren (Székely Kapu): Ich hatte großes Glück eine private Führung durch das wunderschöne Dorf Máréfalva zu bekommen. Dort wurden mir die einzigarten und uralten Szekler Tore gezeigt und deren Geschichte erzählt. Außerdem erhielt ich noch eine lustige Führung durch ein traditionelles Haus und mir wurden die Haushaltsgegenstände der Vergangenheit gezeigt. Traditionsgemäß übergibt der Mann einer Frau zur Hochzeit ein Holzbrett mit Stiel (die Waschmaschine der Vergangenheit – eine romantische Vorstellung, oder?). Bin ich jetzt mit meinem Fremdenführer verlobt?
Weiterhin wurden mir alte Berghöhlen gezeigt, in welche man hineingehen konnte und einen wunderschönen Blick auf das Dorf Máréfalva hatte.

5. Fortbewegungsmittel: Wie kommt man in Rumänien an sein Ziel? Da wir nicht immer ein Auto zur Verfügung hatten, mussten wir den Bus nehmen. Auf den Bus und dessen Pünktlichkeit verlassen konnte man sich aber grundsätzlich nicht – also vergleichbar mit unserer Deutsche Bahn. Allerdings war ich doch beeindruckt, dass die Busse in Rumänien unsere deutschen „ausrangierten“ Busse waren, die in Deutschland vermutlich kein TÜV mehr bekommen hätten. Also ein klein wenig abenteuerlich und wacklig so eine Busfahrt in Rumänien. Ganz normal ist es ebenfalls, dass man per Anhalter mitfährt. Auch diese Erfahrung war ganz neu für mich, denn ich hätte meine Hand ins Feuer gelegt, dass niemand für uns anhält. Ein paar Minuten später saßen wir dann aber schon in einem kleineren LKW auf dem Weg zu einer weiteren Entdeckung.

Rumänien ist ein wirklich schönes Land und ich würde es jederzeit wieder bereisen, denn gerade landschaftlich hat es mich sehr beeindruckt. Ich bin meinen Freundinnen und allen die ich kennenlernen durfte unheimlich dankbar für ihre Gastfreundschaft, denn die wird definitiv unterschätzt.

Bürgerreporter:in:

Annika Ludwig aus Wohratal

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