Morbide Idylle hinter dem Marburger Hauptbahnhof
Ein Rückblick.
Wenn man nicht gerade Eisenbahner war, hatte man früher kaum eine Chance das Gelände hinter dem Bahnhof zu betreten. Hier befand sich das Bahnbetriebswerk. Im Lokschuppen qualmten die Dampfloks und warteten auf den nächsten Zug, den sie in Richtung Kassel, Frankfurt, Frankenberg, Siegen oder Herborn zu ziehen hatten.
Hier wurden die Kohlevorräte nachgebunkert, Asche entfernt, die Wassertanks aufgefüllt und Wartungsarbeiten durchgeführt. Für Unbeteiligte oder Kinder ein nicht ganz ungefährliches Terrain. Ich hatte das Glück, dass mein Vater selbst Eisenbahner und der Vater meines Freundes sogar Lokführer war, der uns mitnahm, um uns alles einmal zu zeigen und im Führerhaus zu erklären. Eine Mitfahrt bis zur Drehscheibe und wieder zurück war ebenfalls drin. Heute ist das alles Vergangenheit und sieht mit Spannung neuen Nutzungen entgegen. Die Faszination der Dampflok-Aera aber ist jedoch geblieben.
Die Bahn hat sich weiter entwickelt und braucht die Anlagen nicht mehr. Gleise sind nur noch rudimentär erhalten, Die Gebäude des Betriebswerks verfallen, andere haben neue Betriebsamkeit entwickelt. Kulturelle Veranstaltungen finden in der Waggonhalle schon seit einiger Zeit statt, verschiedene Kleinbetriebe haben dort ein Domizil gefunden. Sogar Pilger auf dem Jakobs- oder Elisabethweg finden hier ein Bett für die Nacht. Auch die Gastronomie, eine Freizeiteinrichtung und auch Merkblätter für Asylsuchende, vermutlich als Ausdruck damaliger Marburger Willkommenskultur, sind vertreten.
Irgendwie ist im ehemaligen Bahnbetriebswerk eine kleine, wenn auch morbide Idylle entstanden, während nur ein paar Schritte entfernt die moderne Eisenbahn elektrifiziert ihres Weges zieht, oder am neu Renovierten Hauptbahnhof Station macht.
Die Fotos entstanden zwischen 2015 und 2017.
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Töpfer aus Marburg |
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