Mein erster Urlaub mit Nutella
Den Führerschein hatten wir gerade seit ein paar Monaten in der Tasche, und die Sommerferien 1967 rückten täglich näher. Da war der Gedanke an eine gemeinsame Reise schnell geboren. Drei Klassenkameraden und ich studierten eifrig Straßenkarten und Reiseziele und so einigten uns für den Anfang auf den Bodensee. Ein Vier-Mann-Zelt wurde irgendwo aufgetrieben und einer unserer Väter hatte so viel Vertrauen, uns seinen Opel für diese Reise zu überlassen.
In Konstanz angekommen, verbrachten wir die erste Ferien-Nacht auf einem Camping-Platz direkt am Schwäbischen Meer. Es regnete es in Strömen, und wir froren uns förmlich die Hintern ab. Morgens daher schnell ein Telegramm nach Hause: „Fahren heute weiter in Richtung Süden bis es warm und trocken wird.“ Die Weiterfahrt führte durch die traumhaften Schweizer Alpen, vorbei am Comer See nach Mailand und nach einer Zwischen-Übernachtung über Genua an die Ligurische Küste. Endlich Sonne, Meer und Urlaubs-Feeling.
Unser Zelt schlugen wir in dem romantischen Städtchen Cervo Ligure auf, unter Schatten spendenden Weinranken, direkt am Mittelmeer. Ein idealer Platz, um sich von der Schule zu erholen und die Kultstätten des damaligen Italien-Tourismus bis hin nach Monte Carlo zu erkunden, wo unsere Träume vom großen Geld an den einarmigen Banditen im dortigen Casino zerplatzten. Wir lernten auch, dass uns in den Restaurants für Besteck und Teller oft mehr Geld abgeknöpft würde, als für das, was drauf lag. Versöhnlich stimmten die Abende unter südlichem Himmel in der Altstadt von Cervo. Literweise ließen wir süßen Frizzantino durch unsere jungen Kehlen rieseln und sorgten so für die nötige Bettschwere auf unseren Luftmatratzen.
Ein Höhepunkt unserer Reise war meine erste Bekanntschaft mit NUTELLA, als aus einem Flugzeug Probiergläschen an kleinen Fallschirmen über dem Wasser abgeworfen wurden, was die Feriengäste in wilder Panik in die Fluten trieb. Süßes zum Frühstück war bis zum Ferienende gesichert. Noch heute liebe ich die braune Pampe in unbeobachteten Momenten heiß und innig.
Auf der Rückreise streikte unser Opel mit Motorschaden. Das benötigte Ersatzteil war für uns Schüler nicht gerade preiswert, bescherte uns aber noch zwei zusätzliche Tage im französischen Teil der Schweiz. Meine erste Ferienreise ohne Eltern war ein spannendes Erlebnis und eine wichtige Erfahrung, die sich nie mehr wiederholen lässt. Schade nur, dass es vor fast einem halben Jahrhundert noch keine Digital-Kameras gab und die damaligen Papierbilder die Urlaubskasse arg strapazierten.
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Töpfer aus Marburg |
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