Dialektik der Aufklärung: Mehr Vernunft ist nötig
Marburg, Mitte September 2014
Immer wieder stieß ich in den letzten Wochen und Monaten bei der Lektüre theoretischer Abhandlungen über unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem von Wertkritiker_innen und Wertabspaltungskritiker_innen an die Grenze meines „sprachlichen“ und „begrifflichen Apparates“.
Um diese Grenzen zu überwinden, beschloss ich, mich mit der „Kritischen Theorie“ der „Frankfurter Schule“ näher zu befassen. Als Einstieg wählte ich die „Dialektik der Aufklärung“ von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno.
Trotz Kritischer Theorie: Mehr Vernunft ist nötig
Bereits die Vorrede elektrisierte mich ähnlich, wie Erich Fromms Text „Haben oder Sein“ (Erich Fromm war ein Mitbegründer der „Frankfurter Schule“) Als ich „Haben oder Sein“ zum ersten Mal las, fragte ich mich, wie kann dieser Mensch so etwas schreiben, der kennt Dich doch gar nicht. Horkheimer/Adorno schreiben 1944 (!) – somit lange vor dem heutigen, öffentlichen Diskurs – bereits in der Vorrede ihrer Schrift zum Thema Denken, Wahrheit und Geist:
„In der Meinung, ohne strikte Beschränkung auf Tatsachenfeststellung und Wahrscheinlichkeitsrechnung bliebe der erkennende Geist allzu empfänglich für Scharlatanerie und Aberglauben, präpariert es den verdorrenden Boden für die gierige Aufnahme von Scharlatanerie und Aberglauben. Wie Prohibition seit je dem giftigeren Produkt Eingang verschaffte, arbeitete die Absperrung der theoretischen Einbildungskraft dem politischen Wahne vor.“
Und einige Zeilen weiter heißt es: „Der Einzelne wird gegenüber den ökonomischen Mächten vollends annulliert. Während der Einzelne vor dem Apparat verschwindet, den er bedient, wird er von diesem besser als je versorgt. Im ungerechten Zustand steigt die Ohnmacht und Lenkbarkeit der Masse mit der ihr zugeteilten Gütermenge. Die Flut präziser Information und gestriegelten Amüsements witzigt und verdummt die Menschen zugleich.“
Vielleicht gelingt es ja, auch auf myheimat eine Diskussion auszulösen, die sich nicht in "Aaahs" und "Oohs" über die schönste Präsentation von fränkischem Pressack oder nordhessischer Ahler Woorscht erschöpft, sondern zumindest ein Stück weit, auch differenzierte Diskussionen über gesellschaftlich relevante Themen hervorbringt. Fände ich gut.
Zurück zum Text: Die derzeitige öffentliche Diskussion oder besser Nichtdiskussion wesentlicher Themen in der Öffentlichkeit hat tatsächlich „den verdorrenden Boden für die gierige Aufnahme von Scharlatanerie und Aberglauben“ bereitet. Wie anders ist zu erklären, dass in Gegenden in der Bundesrepublik mit einem äußerst geringen Anteil von Ausländern eine politische Kraft mit – vorsichtig formuliert – „keinem Herz für Ausländer“ derartig reüssiert.
Und „die Lenkbarkeit der Masse“ wird dadurch ersichtlich, dass in den Augen der Mehrheit der Bevölkerung die russische Föderation von einem „Freund und Partner“ – unter Gorbatschow - zu einer Bedrohung der eigenen Sicherheit mutierte. Aber hiergegen regt sich Widerstand.
Vielleicht können wir die Aussagen in dem folgenden Video im Sinne einer "kritischen Aufklärung" diskutieren, ohne dass sofort der Schaum vor dem Munde der Schreibenden erkennbar wird. Dieses Video ist ein Beleg dafür, dass "die Lenkbarkeit der Masse" in Zeiten des Internets vielleicht doch an ihre Grenzen stößt.
Hintergrund: Jens Veit Günther aus Markneukirchen hat einen Brief an den Beitragsservice des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, namentlich an den Fernsehdirektor des MDR, Herr Wolf-Dieter Jacobi, geschrieben. In dem nachstehenden Video illustriert er seine prinzipielle Kritik an der Berichterstattung (Lügen, Halbwahrheiten, Auslassungen, Dilletantismus u.a.) zum Bürgerkrieg in der Ukaraine und begründet seiner Weigerung, dafür auch noch Geld zu bezahlen.
Hier dasVideo:
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Bleiben wir mal bei der Einleitung: Was für eine neuartige Erkenntnis dieser "Frankfurter Schule", dass Gegensätze nicht ohne einander existieren können, sich unter gewissen Bedingungen auch gegenseitig aufschaukeln. Das bekommt auch durch eine verschwurbelte Sprache (s. das Anullieren des Einzelnen; etwas witzigt die Menschen) keinen größeren Neuigkeitsgehalt.
Was das nun direkt mit Braungesprenkeltem oder der Propaganda der Beteiligten am aktuellen Weltgeschehen zu tun haben soll, wird nicht ganz deutlich!