Nicht für Jeden ist die Bezeichnung Kamel eine Beleidigung.
Nicht für Jeden ist die Bezeichnung Kamel
eine Beleidigung.
Als sich unser tunesischer Reiseführer in Tunesien mit dem Namen „Kamel“ vorstellte, ging ein Raunen und Lachen durch den Bus, weil die Meisten das für einen Scherz hielten. Aber er hat uns erklärt, dass in arabischen Ländern, das Kamel in so hohem Ansehen steht, dass man diese Bezeichnung oder den Na-men dort nicht als Beleidigung ansieht.
Das in unseren europäischen Augen so „dumme“ Kamel hat in der Wüste oft instinktiv die nächste Wasserstelle gefunden, während der ach so „kluge“ Europäer im Kreis herumläuft, bis er vor Erschöpfung liegen bleibt und verdurstet, wenn er ohne jegliche Hilfsmittel dieses Ziel nur nach seinem Instinkt suchen muss. So war das Kamel besonders in früheren Zeiten nicht nur Last- und Reitier, sondern oft auch Lebensretter und Nahrungsspender (Milch, Fleisch außerdem Wolle Leder und sogar Brennmateriallieferant in Form von trockenem Kamelmist). Trotz Straßenbau und Motorisierung steht es daher in arabischen Ländern immer noch in hohem Ansehen und verdrängt heute teilweise sogar die Rinderzucht.
Korrekt müsste man von den einhöckerigen Dromedaren sprechen; aber die werden im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Kamel bezeichnet. – Nachfolgend einige Daten über Dromedare, die in den verschiedenen Quellen etwas voneinander abweichen: Lebenserwartung: 28 bis zu 40 Jahre und mehr. / Kopfrumpflänge: 2,2 bis 3,40 m, Höckerhöhe: 1,8 bis 2,5 m (wird manchmal auch als Schulterhöhe angegeben). Gewicht 450 bis 650 Kg. Trinkvermögen 135 bis höchstens 200 l . Das Kamel kann drei Wochen ohne Wasseraufnahme leben; in der Regenzeit kommt es bei ausreichender Grünfutternahrung mehre Monate ohne Frischwasser aus. .Die Kamelorgane resorbieren das Wasser, so dass der Urin stark konzentriert und der Kot trocken ist. Sogar die Nasenschleimhäute resorbieren die Feuchtigkeit aus der Atemluft. Die Temperatur des Blutes wird der Außentemperatur angepasst, so dass das Kamel nicht schwitzen muss. Mit seiner bekannten Genügsamkeit kommt es sogar mit dorniger und salziger Nahrung aus. Es kann 200 Kg. Last tragen und trotzdem eine Marschgeschwindigkeit von bis zu 40 km pro Tag einhalten.
Als Haustiere waren Kamele schon seit mehr als 3000 Jahren bekannt. Man hat sie auch in Kriegen als Reittiere verwand. Dass sie auch von der amerikanischen Arme in den Indianerkriegen eingesetzt wurden, ist nur wenig bekannt. – Auf den kanarischen Inseln wurden sie nach der Eroberung durch die Spanier zunächst als Arbeitstiere eingeführt, was man heute nur noch selten zu sehen bekommt (s. Bi. Nr. 1). Jetzt bringen sie mehr Ertrag als Reittiere für die Touristen.
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Bei einem Tagesausflug von Gran Canaria nach Lanzarote (die Insel der 300 Vulkane) war ein Kamelritt auf die Feuerberge im Preis enthalten. Da haben wir unter dem Druck der Verhältnisse mitgemacht und ich hatte Spaß daran gefunden, so dass das nicht der letzte Ritt war (s. Bi. Nr. 1 bis 6) – Dass nicht nur die Kamele sondern auch die Einstellung gegenüber Frauen aus dem Orient übernommen wurden, zeigte sich daran, dass die männlichen Touristen bevorzugt wurden. Sie konnten die an einem Berghang in einer Karawane lagernden Kamele von der bequemen flachen Seite besteigen, während die Frauen zwischen den Kamelen hindurch gehen und von der unbequemen Bergseite aus aufsteigen mussten. (s. Bi. Nr. 2) Man nimmt in einem bequemen Sessel Platz, von denen auf jeder Seite des Höckers einer hängt. In der Touristenzeitung wurden diese Sitze dramatisierend als „Torpedolift nach unten“ charakterisiert, weil man theoretisch beim Aufstehen des Kamels, das mit seinen enorm langen Hinter-
beinen zuerst aufsteht, nach vorne unten herausrutschen kann. Aber man hält sich reflexartig an den Armlehnen des Sessels fest, wenn der in Schräglage nach oben geht und hat auch noch mit den Füßen Halt auf einem Querstab (bzw. –brett), der unter dem Sitz an zwei Stricken hängt. Es ist nicht bekannt, dass ein Tourist tatsächlich aus dem Kamelsitz gerutscht ist. Aber trotzdem konnte man die Schreckensschreie und Gelächter mancher Frauen hören, die nicht auf einen solchen schrägen Aufstieg vorbereitet waren. – Unterschiedliche Gewichte der Reitpartner werden mit Sandsäcken unter dem Sitz ausgeglichen. - Wenn sich dann die Karawane in Bewegung setzt, kommt die nächste Überraschung. Der wiegende Passgang des Kamels bewirkt ein wippenartiges, seitliches Auf- und Abschaukeln der Reiter, das in der Touristenzeitung mit einer Schiffssituation bei Windstärke 9 – 10 verglichen wurde. Ich kann mich nicht für diese Angaben verbürgen, aber Leuten, die zur Seekrankheit neigen, kann ich aus eigener Erfahrung von einem solchen Ritt nur abraten. Wer damit keine Probleme hat, für den ist das eine echte Gaudi.
Auf Lanzarote reitet man über schwarze Lava-Asche auf die Feuerberge hinauf. Auf dem Rückweg kommt dann auf steil nach unten führenden Wegen zum Schaukeln noch ein Ruckeln in den Kniegelenken der Kamele hinzu. – Auf dem 512 m hohen Berg Timanfaya wird dann den Touristen vor der Gaststätte El Diabolo (Teufel) in Experimenten deutlich gemacht, welche enorme Vulkanhitze noch immer nahe der Oberfläche vorhanden ist:
In Spatentiefe kann man Eier hart kochen, in einem 60 cm tiefen Loch entzündeten sich hineingeworfene trockene Reiser in wenigen Sekunden von der Vulkanhitze (s. Bi. Nr. 3) und aus einem senkrecht in den Boden getriebenem Rohr schoss wenige Sekunden, nachdem Wasser hineingegossen wurde, explosionsartig eine mehrere Meter hohe Dampffontäne empor (s. Bi. Nr. 4). In 20 m Tiefe könnte man theoretisch Stahl schmelzen. - Im Lokal wurden auf dem Rost über einem brunnenartigen Schacht Spanferkel in der aus dem Schacht aufsteigenden Vulkanhitze ohne zusätzliche Wärmequellen gegart (s. Bi. N. 5).
Bei einem solchen Ausflug wird einem die Urgewalt der Natur bewusst, die solche Lavamassen vom Meeresboden bis an die Meeresoberfläche und darüber hinaus zu Bergen (Teneriffa = 3 718 m) aufgetürmt hat. Dabei wurden auf Lanzarote im Jahr 173O während eines 19tägigen Vulkanausbruchs 11 Dörfer unter einer 6 bis 10 m hohen Lavadecke (bzw. Lava-Asche) begraben. - 1824 ergossen vierzig Vulkane zugleich ihre Lavamassen über die Insel und verschütteten nochmals 10 Dörfer.
Lanzarote ist eine interessante Insel und hat noch mehr Eigenheiten zu bieten, deren Schilderung aber noch weiter vom eigentlichen Thema wegführen würde.
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Dem Klischee von einem Ritt durch die Sahara kommt man in Gran Canaria-Süd am nächsten, weil dort der Weg der Karawane durch echte Sanddünentäler mit hellem Sand führt und man sich wirklich in einer „Minisahara“(!) (zwischen Maspalomas und Playa del Ingles) (s. Bi. Nr. 7) bewegt. Für die Kamelkarawanen sind allerdings bestimmte Routen vorgeschrieben, weil ein 328 ha großes Areal unter Naturschutz gestellt wurde. Die Kamele und die Touristenmassen sollen die 10 bis 20 m hohen Sanddünen nicht platt trampeln können (s. Bi. Nr. 8 ).Die Mehrzahl der Kamele trägt Maulkörbe, um sie am Beißen oder Spucken zu hindern (s.Bi. Nr. 12). Die Höhe des Sattels schreckt einen zunächst etwas ab; dafür hat man einen weiteren Ausblick (s. Bi.Nr. 13). Ein Kamelritt ist ein kleines Abenteuer, das nicht wirklich gefährlich ist.
Im Tal von Fataga auf Gran Canaria führte der Weg in einem fast trockenem Bachbett durch einen grünen Tunnel von Bäumen und Büschen (Bambus, Zuckerrohr, Orangenbäume, Guayababirn-, japan. Wollmispel- und Feigenbäume (bzw. Büsche), was zwar auch sehr schön war; aber das entsprach weniger der Klischeevorstellung von einem Kamelritt. (Bi.Nr. 14)
Im Tenogebirge auf Teneriffa bekamen die Touristen Beduinenbekleidung zum Anziehen, um dann wie „echte Beduinen“ durch die Berglandschaft zu reiten (s. Bi. Nr.15 - 16). Zu hause hätte man einen solchen Unsinn nicht mitgemacht. In Urlaubslaune hat man da weniger Hemmungen und schöne Erinnerungsfotos.
Bürgerreporter:in:Walter Wormsbächer aus Marburg |
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