ERSTER ÖKOLOGISCHER KRIEG DER WELT
Teneriffa. In Brasilien tobt ein Krieg am Amazonas. Die brasilianischen Streitkräfte haben endlich zusammen mit speziellen Polizeieinheiten eine aktivere Rolle bei der Bekämpfung der zunehmenden Vernichtung des Amazonas-Regenwalds durch die illegale Holzindustrie übernommen. Mit dieser Entscheidung reagierte die Regierung in Brasilia auf den zunehmenden Druck aus Brüssel und die Tatsache, dass sich die Zerstörung des Urwalds einem historischen Rekordniveau nähert. Dieser erste ökologische Krieg der Welt, zeigt das Dilemma, in dem wir Menschen stecken, wenn wir immer so weiter machen wie bisher und aus unseren Erfahrungen keine Konsequenzen ziehen.
Immergrüne, tropische Regenwälder (Primärwälder) gibt es seit Menschengedenken auf allen Kontinenten, auf beiden Seiten des Äquators bis ungefähr zum 10. Breitengrad, vor allem in Südamerika, Afrika und Ozeanien. Die größte zusammenhängende Fläche - zugleich mehr als die Hälfte der Gesamtfläche aller tropischen Regenwälder - befindet sich im Bereich des Amazonasbeckens. Der Amazonasregenwald, die grüne Lunge unserer Erde, bedeckte allein in Brasilien ursprünglich etwa 410 Millionen Hektar; mittlerweile ist er auf 340 Millionen Hektar geschrumpft. Von 2003 bis 2007 wurden jährlich im Durchschnitt 1,9 Millionen Hektar Amazonas-Regenwald vernichtet. Damit sind bereits 17 % dieses einmaligen Lebensraumes unwiederbringlich verloren. Weitere 17 % sind bereits degradiert. In den letzten Jahren gab es bereits mehrere Dürrekatastrophen mit erschreckenden Konsequenzen für Flora und Fauna und Indianer.
Zur Regenwaldzerstörung trägt eine Vielzahl von Faktoren wie Straßenbau, Vordringen menschlicher Siedlungen und die Umwandlung des Waldes in Acker- und Weideflächen bei. Ursache für diese Entwicklung ist der zu 80% illegale Holzeinschlag, der sich von Süden und Südosten immer tiefer in das Herz des Amazonasregenwaldes hinein frisst. Hier werden einzelne, wertvolle, vom internationalen Handel begehrte Holzarten in einem Ausmaß gefällt, dass viele von ihnen bereits gefährdet sind und in manchen Gebieten nicht mehr vorkommen. Der illegale Holzeinschlag auf Indianerland verursacht beträchtliche Kollateralschäden. Pro verwerteten Baum werden im Amazonas 27 weitere Bäume beschädigt, 40 Meter Straße neu gebaut und in das geschlossene Kronendach eine Lücke von 600 m² gerissen.
Unberührte Urwaldgebiete (Indianerland) im brasilianischen Bundesstaat Pará werden durch internationale Holzkonzerne, Politiker und lokale Mafia-Bosse in Besitz genommen. Pará ist die größte Holz exportierende Region des gesamten Amazonas und verkauft tropische Hölzer auch nach Deutschland. Mehr als zwei Drittel des Holzes werden illegal im Urwald eingeschlagen. Danach werden im industriellen Maßstab auch Soja-Plantagen und Viehweiden angelegt.
Die Umweltprobleme in Pará sind eng verbunden mit sozialer Ungerechtigkeit und weit verbreiteter Gesetzlosigkeit. In entlegenen Gebieten des Urwaldes, in denen die Polizei bisher keine Kontrolle ausübte, wurde die Zerstörung des Urwalds oftmals mittels Sklaverei vorangetrieben. Kirchliche und Menschenrechts-Vertreter werden systematisch mit dem Tode bedroht. Eine jährlich in allen Tageszeitungen veröffentlichte schwarze Liste verzeichnet 50 brasilianische, teilweise prominente (Groß-) Unternehmen, die unbezahlte Sklavenarbeiter ausbeuten. Die Rekrutierung erfolgt überregional und organisiert. Die weite Verbreitung von Feuerwaffen ermöglicht die gewaltsame Verhinderung der Flucht von denen oft hunderte von Quadratkilometer großen Fazendas, auf denen in den letzten Monaten heimliche Friedhöfe entdeckt wurden. Durch Korruption werden Gerichtsprozesse auch auf Landesgerichtsebene bis zur Verjährungsgrenze verschleppt oder verhindert. Durch einen Volksentscheid wurde ein Verbot von Feuerwaffen abgelehnt.
Das neue Rezept der brasilianischen Regierung gegen die Waldvernichtung ist einerseits die Gründung eines „Amazonasfonds“ unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, die in neu ausgewiesenen Sammelgebieten ein besseres Einkommen unabhängig von der Holzmafia finden soll. Im Rahmen des Programms „Aktionsplan zur Vorbeugung und Kontrolle der Urwaldzerstörung“ unterstützen jetzt Soldaten und Umweltpolizei die Beamten der Umweltbehörde Ibama bei der Entdeckung und Bekämpfung illegaler Landbesetzungen im Amazonasgebiet. Dabei werden Schusswaffen, Hubschrauber und Satellitenbilder eingesetzt.
Diese Fotos machte ich anläßlich einer Fahrt auf dem Amazonas vor zwei Jahren. Siehe auch:
http://www.myheimat.de/marburg/in-160-tagen-um-die...
http://www.myheimat.de/marburg/in-160-tagen-um-die...
Bürgerreporter:in:Hans-Rudolf König aus Marburg |
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