Wohnungslosigkeit: Kältetod in Deutschland

Herbst und Winter sind für Wohnungslose doppelt hart
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Foto: Eric Pouhier - own work by Eric Pouhier, CC BY-SA 2.5, Wikipedia

Berlin, 21.12.2017. Mindestens drei wohnungslose Männer sind bereits in diesem Herbst und Winter den Kältetod gestorben: ein 60-Jähriger Anfang November in Hannover, ein 51-Jähriger Ende November in Freiburg, ein 52-Jähriger Mitte Dezember in Schwerin. Bei zwei weiteren auf der Straße verstorbenen wohnungslosen Männern – in Recklinghausen und Berlin - könnte ebenfalls die Kälte die Todesursache gewesen sein.

Die BAG Wohnungslosenhilfe (BAG W) hatte im November d. J. ihre aktuelle Schätzung zur Zahl der wohnungslosen Menschen in Deutschland veröffentlicht. Danach leben 52.000 Menschen ganz ohne Unterkunft auf der Straße - deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Diese Menschen sind der Kälte besonders schutzlos ausgeliefert und damit auch besonders gefährdet.

„Der Kältetod von wohnungslosen Menschen muss verhindert werden! Niemand soll unfreiwillig auf der Straße leben müssen“, fordert Werena Rosenke, Sprecherin der BAG Wohnungslosenhilfe. „Aufgrund der steigenden Zahl wohnungsloser Menschen auf der Straße befürchten wir, dass die Unterbringungskapazitäten in vielen Kommunen nicht ausreichend sind. Wir befürchten auch, dass ausländische Hilfesuchende von den Kommunen zurückgewiesen werden. Dies wäre allerdings rechtswidrig“, sagte Rosenke.

Nach den Bestimmungen des Ordnungsrechts muss jede Kommune in Deutschland Wohnungslose menschenwürdig unterbringen, unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsstatus. Städte und Gemeinden verstoßen gegen ihre Amtspflichten, wenn sie nicht rechtzeitig Notunterkünfte bereitstellen oder verschaffen. Rosenke betonte, dass dies selbstverständlich auch für kleinere Kommunen in ländlichen Regionen gelte.

Die BAG W fordert deshalb, dass jede Stadt und jede Gemeinde prüft, ob die getroffenen Vorkehrungen in Quantität und Qualität ausreichen. Nach den Erfahrungen der Wohnungslosenhilfe sind viele ordnungsrechtliche Unterkünfte zu weit abgelegen und werden deswegen nicht erreicht. Manche sind zu früh überfüllt, bieten tagsüber keine Aufenthaltserlaubnis, erlauben keine sichere Aufbewahrung der Habseligkeiten oder verbieten den Zutritt von Hunden. Nach wie vor gibt es zuwenige Angebote für Paare und wohnungslose Frauen.

„Auch aus solchen Gründen bleiben wohnungslose Menschen selbst bei Minustemperaturen auf der Straße. Es ist ein Armutszeugnis, wenn der Wunsch der Betroffenen nach einem Mindestmaß an Privatheit und Individualität, der Wunsch nach Sicherheit und Selbstbestimmung nicht ernst genommen wird“, erklärte Rosenke.

„Angesichts der steigenden Zahl wohnungs- und obdachloser Menschen fordern wir von der zukünftigen Bundesregierung einen Wohnungsgipfel und eine nationale Strategie zur Überwindung der Wohnungsnot, u. a. gehört die ordnungsbehördliche Unterbringung auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz, um Leitlinien für eine menschenwürdige Unterbringung wohnungsloser Menschen zu entwickeln. Als oberste Aufsichtsbehörden müssen die Innenministerien der Länder sicherstellen, dass die Kommunen ihren gesetzlichen Verpflichtungen tatsächlich nachkommen“, so Rosenke.

Angesichts der ersten Kältetoten bekräftigt die BAG W ihre Appelle und Forderungen:

• Aufbau oder Ausweitung der Straßensozialarbeit und anderer Formen aufsuchender Arbeit (z. B. Kältebusse)
• Einrichtung von Kältenotrufen
menschenwürdigen Asyle: ein Mindestmaß an Privatsphäre und Selbstbestimmung in Unterkünften ermöglichen sowie Schutz und Sicherheit vor Diebstahl und Gewalt in den Unterkünften gewährleisten
• separate und sichere Unterbringung für wohnungslose Frauen
• Unterkünfte für Paare
• dezentrale Unterkünfte, keine Massenunterkünfte
• Unterkünfte für wohnungslose Menschen mit Hunden
• Öffnung der Unterkünfte auch tagsüber sowie niedrigschwellige Tagesaufenthalte
• keine Befristung des Aufenthaltes auf wenige Tage
• Öffnung von U-Bahnstationen, Bahnhöfen und anderen geeigneten öffentlichen Gebäuden
• bei Bedarf zusätzliche Anmietung von geeigneten Räumlichkeiten (bspw. Gasthäuser oder leerstehende Gewerbeimmobilien, die beheizbar sind und über sanitäre Einrichtungen verfügen)

„Jede Bürgerin, jeder Bürger sollte achtsam sein: Wenn Sie wohnungslose Menschen sehen, die hilflos oder in einer Notsituation sind, informieren Sie umgehend die Polizei, den Rettungsdienst oder einen Kältenotruf“, appelliert Rosenke.

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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