Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten 2020
Video der Ansprache hier im ZDF oder hier beim Bundespräsidialamt anschauen.
Wann kann ich meine Träume wieder leben?"
Dieser tiefe Seufzer, liebe Landsleute, ist eine von tausenden persönlichen Botschaften, die mich aus allen Teilen unseres Landes erreicht haben. Viele der Zuschriften haben wir in der Adventszeit hier draußen auf der Fassade von Schloss Bellevue zum Leuchten gebracht – jede einzelne ein Zeichen der Sehnsucht am Ende eines Jahres, das wir uns alle ganz anders vorgestellt hatten.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, was für ein Jahr! Ein winziges Virus hat Besitz ergriffen von unserem Leben und unserem Denken, hat Pläne durchkreuzt und Träume zerstört. Wir mussten auf so vieles verzichten, auf das wir uns gefreut hatten: Fußball im Stadion, Kino und Konzert, die Reise in den Urlaub, die Feier zur Hochzeit und vieles andere mehr.
Die Pandemie hat uns daran erinnert, wie verletzlich wir Menschen sind, wie zerbrechlich das ist, was wir unser "normales Leben" nennen. Aber etwas anderes haben wir auch erfahren dürfen: wie stark wir sind, wenn wir aufeinander achtgeben und füreinander da sind.
Weihnachten in diesem Jahr – das ist ein anderes Weihnachten. Ein Fest der Liebe: ja! Aber gerade an diesen Tagen, an denen wir einander besonders nahe sein wollen, müssen wir Abstand halten. Wir – auch ich – vermissen Freunde und Verwandte, die wir das ganze Jahr über nicht sehen konnten. Viele Ältere und Kranke bleiben allein, um sich vor dem Virus zu schützen. Für manche, gerade Jüngere, war diese Stille Nacht viel zu still.
Vielleicht haben wir noch an keinem Weihnachten so sehr gespürt, wie wichtig uns Menschen sind, wie sehr wir auf andere angewiesen sind: auf ihre Anwesenheit, ihre Zuneigung, auf das Gespräch mit ihnen.
Das ist gut zu wissen. Aber unbeschwert Weihnachten zu feiern, das fällt trotzdem schwer.
Ich denke an die Frauen und Männer, die in diesen Stunden auf den Intensivstationen mit dem Virus ringen. An ihre Nächsten, die um sie bangen.
Ich denke an die Menschen, die den Kampf gegen die Krankheit verloren haben. Viele sind einen bitteren, einen einsamen Tod gestorben, und sie alle fehlen.
Meine Gedanken sind auch bei denen, die sich von den Folgen der Infektion nur mühsam erholen.Und sie sind bei unseren europäischen Nachbarn, die die Pandemie mindestens ebenso hart trifft wie uns.
Uns allen haben die Einschränkungen, die wir uns auferlegen mussten, zugesetzt. Schulkinder sind genervt vom unregelmäßigen Unterricht, Familien erschöpft nach fast einem Jahr Homeoffice und Homeschooling. Künstler, Gastwirte und Hoteliers fürchten um ihre Existenz, Einzelhändler sind besorgt wegen der erneuten Schließung von Geschäften. Fröhlich sind diese Weihnachten wahrlich nicht überall.
Dennoch: Vergessen wir bitte neben den vielen dunklen die hellen Seiten dieses Jahres nicht. Gerade in diesen Tagen erleben wir doch: Das Virus treibt uns nicht auseinander. Im Gegenteil, es lässt uns zusammenrücken.
Unser Land ist ein starkes Land, weil so viele Menschen für andere da sind und in der Krise über sich hinauswachsen. Ich danke allen, die im Kampf gegen das Virus in der ersten Reihe stehen, die bis zur Erschöpfung arbeiten und ihre eigene Gesundheit riskieren – von der Ärztin bis zum Pfleger, von der Erzieherin über den Wissenschaftler bis zum Busfahrer.
Unser Land ist ein starkes Land, weil wir die Lasten der Krise gemeinsam schultern. Unser Staat greift denen unter die Arme, die wirtschaftlich in Not geraten. Viele von Ihnen unterstützen den Laden ums Eck, die Musikschule, den Sportverein. Oder Sie leisten Großartiges im Ehrenamt.
In einer Zeit der Verunsicherung haben wir gelernt, dass wir unserer Demokratie vertrauen können. Wir haben um den richtigen Weg gestritten – und Entscheidungen dann doch gemeinsam getragen. Diejenigen, die die Gefahr des Virus leugnen, sind zwar oft besonders laut. Aber die Vernünftigen sind die große Mehrheit. Sie sorgen dafür, dass wir Menschenleben schützen und die Krise bewältigen können.
Das ist die gute Nachricht dieses Jahres. Und deshalb ist auch dieses Weihnachten ein Fest der Hoffnung! Die allermeisten Menschen in unserem Land handeln rücksichtsvoll und solidarisch – nicht, weil der Staat es ihnen befiehlt, sondern aus Vernunft, Mitgefühl und Verantwortung. Ich wünsche mir, dass wir diesen Bürgersinn mitnehmen in das kommende Jahr.
Eines liegt mir dabei besonders am Herzen: Die Pandemie hat viele junge Menschen ausgebremst, junge Menschen, die in den Beruf einsteigen, eine Ausbildung oder ein Studium beginnen wollen. Seien wir jetzt auch solidarisch mit ihnen. Sorgen wir dafür, dass die Jüngeren in eine bessere Zukunft aufbrechen können.
Wie viel wir doch miteinander bewegen können, das erleben wir gerade jetzt in der Krise. Aus dieser Erfahrung können wir Mut und Kraft schöpfen, auch um uns gegen andere Bedrohungen wie den Klimawandel oder gegen Hunger und Armut zu engagieren. Lassen Sie uns gemeinsam handeln – in unserem Land, in Europa, mit einer neuen Regierung jenseits des Atlantik, auch weltweit. Und immer mit einem Blick auf die, die in anderen Teilen der Welt mit weit weniger Chancen geboren werden.
Ja, wir haben allen Grund zur Zuversicht. Seit dieser Woche sind Impfstoffe zugelassen, ab übermorgen wird geimpft. Vor uns liegt noch ein längerer, auch beschwerlicher Weg. Aber wir sehen das lang ersehnte Licht am Ende des Tunnels heller werden. Wir werden dem Ausgang aus der Krise jetzt Schritt für Schritt näherkommen. Wie lang der Weg noch sein wird, hängt auch von uns ab. Bleiben wir auf den letzten Metern vernünftig und geduldig, dann werden wir nach und nach vieles wieder tun können, auf das wir lange verzichten mussten.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, eine schwere Zeit liegt hinter uns. Die Pandemie wirft ihren Schatten auch auf dieses Weihnachtsfest. Aber wir dürfen uns darauf freuen, dass wir das nächste Weihnachten wieder so feiern, wie wir es lieben: im großen Kreis der Familie, mit unseren Freunden, mit Umarmungen und Gesang. Möge doch die Vorfreude darauf uns diese außergewöhnlichen Feiertage verschönern helfen.
Ihnen allen gesegnete Weihnachten!
»Bis auf die Sache mit der genetischen Veränderung stimme ich Ihnen in allen Punkten zu«
Hallo Martina,
Bei einem "normalen Impfstoff" werden dem menschlichen Körper abgeschwächte Erreger gespritzt. Durch diese abgeschwächten Erreger wird das Immunsystem so trainiert, dass es in der Lage ist, mit den "echten" Erregern "fertig zu werden".
Bei den Vakzinen, die auf RNA-, DNA- oder Vektorbasis beruhen, geschieht etwas ganz anderes. Bei diesen Verfahren werden Nukleotide in menschliche Zellen eingeschleust, die dann in der Zelle in die Proteinsynthese eingreifen. Das Ziel ist, dass die Zelle das virale Protein selbst herstellt, damit in einem zweiten Schritt das Immunsystem das Protein erkennt und Antikörper dagegen bildet.
Und dieses Verfahren ist ein "gentechnisches Verfahren". Von außen wird den menschlichen Zellen fremdes genetisches Material zugefügt und das fremde genetische Material verändert die Proteinsynthese in den Zellen. Somit sind Menschen, die mit RNA-, DNA- oder Vektorbasierten Vakzinen behandelt werden, gentechnisch veränderte Organismen.
Weiß nur keiner. Soll auch keiner wissen. Und die meisten Menschen wollen es auch gar nicht wissen.