Tatsächliche Arbeitslosigkeit im Mai 2013
Marburg im Juni 2013
Lage auf dem Arbeitsmarkt ist kein Grund zum Feiern
Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, kommentiert die Arbeitsmarktzahlen vom Mai 2013:
"Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen und die Politik der Bundesregierung sind kein Grund zum Feiern. Deutlich mehr Arbeitslose als im Vorjahr und ein rückläufiges Stellenangebot sind ein klares Zeichen. In diesem Jahr droht eine wirtschaftliche Stagnation mit entsprechenden Folgen für den Arbeitsmarkt. Es ist unverzeihlich, dass die Bundesregierung nichts tut, um den Niedriglohnsektor zu bekämpfen und prekäre Beschäftigung einzudämmen, während die Unternehmen steigende Gewinne verzeichnen.
So wie die deutsche Regierung anderen Ländern in der EU entgegen jeder Vernunft brutale Kürzungsmaßnahmen aufzwingt und so den Arbeitsmarkt dort ruiniert, bleibt sie notwendige Taten für mehr gute Arbeit in Deutschland schuldig. Drei Millionen Menschen sind arbeitslos, weitere Millionen Beschäftigte stecken in unsicherer und schlecht bezahlter Arbeit. Hunderttausenden Migrantinnen und Migranten wird ein gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt. Die Bilanz der Politik der Bundesregierung ist eine Bilanz der sozialen Ungerechtigkeit."
Druck auf Arbeitsmarkt steigt trotz vieler Frühverrentungen
Immer mehr Menschen in Deutschland scheiden vorzeitig aus dem Arbeitsmarkt aus und nehmen die damit verbundenen finanziellen Einbußen in Kauf. Nach den Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen 2011 knapp 700.000 Menschen erstmalig ihre Altersrente. Knapp die Hälfte von ihnen - fast 337.000 - bekamen nicht ihr volles Ruhegeld ausgezahlt, weil sie nicht bis zur Regelaltersgrenze von 65 Jahren gearbeitet hatten. Der Anteil der Frührentner mit finanzieller Schlechterstellung ist von 41,2 % im Jahr 2005 auf zuletzt 48,2 % gestiegen.
Auch nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit lag die Beschäftigungsquote der 60- bis 64-Jährigen im Juni vergangenen Jahres bei nur noch 29,3 %, bei den 64-Jährigen waren es sogar nur 14,2 %. Andererseits werden die Älteren ab 58 Jahren als Arbeitslose nicht mehr gezählt, wenn sie innerhalb eines Jahres kein Stellenangebot erhalten.
Statistische Tricks
Trotz aller Tricks steigt die Arbeitslosigkeit verglichen mit dem Vorjahr bereits seit Oktober 2012 wieder an (Abb. 17432). Dass der deutsche Arbeitsmarkt in schwierige Zeiten kommt, zeigt sich auch im Stellendindex der Bundesanstalt für Arbeit, der schon erheblich unter dem Niveau vom Beginn des vergangenen Jahres liegt (Abb. 14616).
Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Viele der Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik. Im Mai 2009 kam eine weitere Ausnahme hinzu: Wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat.
Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen. Dazu sagte der damalige Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) am 4. Juni 2009 in der Fernsehsendung Panorama: "Alles, was an Effekten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entsteht, wird jedes Mal zusammen mit der Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. ... Ich glaube, dass man sich auf die Seriosität dieses Prozesses verlassen kann. Wer anders rechnen wolle, könne ja "seine Zahl veröffentlichen - und dazu ein Flugblatt drucken." Das tue ich gern.
Hier sind die tatsächliche Zahlen, die allein auf amtlichen Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruhen. Im Mai 2013 waren fast 3,8 Millionen Menschen arbeitslos. Zeit zu handeln, statt zu tricksen.
Darüber hinaus tauchen 567.000 nicht erwerbstätige Personen - die sogenannte stille Reserve (1) - in keiner Arbeitslosenstatistik auf, weil sie sich entmutigt vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben und sich nicht (mehr) als arbeitslos registrieren lassen.
Anmerkung: (1) IAB Kurzbericht 14/2012 Seite 10
Quellen:
Bund: Bundesagentur für Arbeit: Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland. Monatsbericht Mai 2013, Seite 66. Die dort aufgeführte Altersteilzeit sowie Gründungszuschüsse und sonstige geförderte Selbstständigkeit haben wir in der Tabelle nicht berücksichtigt. Die dort ebenfalls aufgeführten älteren Arbeitslosen, die aufgrund verschiedener rechtlicher Regelungen (§§ 428 SGB III, 65 Abs. 4 SGB II, 53a Abs. 2 SGB II u.a.) nicht als arbeitslos zählen, befinden sich in der Gruppe Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I oder ALG II.
Landkreis: Arbeitsmarktreports nach Ländern, Kreisen und kreisfreien Städten, Regionaldirektionen und Agenturen für Arbeit - April 2013 - Marburg-Biedenkopf
Aufstocker: Arbeitsmarkt in Zahlen, Erwerbstätige Arbeitslosengeld-II-Bezieher, Januar 2013 Anmerkungen: (2) Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wurde zum April 2012 das bisherige Instrument der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante mit den bisherigen Leistungen zur Beschäftigungsförderung zu einem neuen Instrument der Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) verbunden.
Bürgerreporter:in:Hajo Zeller aus Marburg |
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