Tatsächliche Arbeitslosigkeit im Januar 2014

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Marburg 31. Januar 2014

Die Bundesagentur für Arbeit meldet, dass die Arbeitslosigkeit saisonbereinigt im Januar deutlich, nämlich um 28 000 Personen gesunken ist. Das wäre beachtlich, wenn nicht gleichzeitig gemeldet würde, dass die Unterbeschäftigung nur um 7000 Personen abgenommen hat (weil laut Bundesagentur der Einsatz entlastender Arbeitsmarktpolitik weniger gesunken ist als sonst saisonal üblich) und die Zahl der offenen Stellen praktisch unverändert geblieben ist. Wenn man noch hinzunimmt, dass es im Januar eine ungewöhnlich milde Witterung gab, ist es vollkommen offen, ob die Zahlen eine Bedeutung für die Frage nach einer Wende in der konjunkturellen Entwicklung haben.Weiterlesen bei flassbeck-economics

Bei genauer Betrachtung der Arbeitslosigkeit im Januar 2014 müssten in den Köpfen der politisch Verantwortlichen die Alarmglocken schrill läuten.

Die Krise ist zurück am Arbeitsmarkt

DIE LINKE hat auch in diesem Monat nachgerechnet: Real sind über 4 Millionen Menschen in Deutschland ohne Arbeit. Mit Kosmetik an der Statistik und dem Rotstift beim Etat der Bundesagentur kann die steigende Arbeitslosigkeit nicht bekämpft werden. Niedriglohn, Leiharbeit und prekäre Beschäftigung - das ist die Realität für zu Viele, die Arbeit haben. Geringe Einkommen, Existenzangst und wirtschaftliche Unsicherheit - damit kann die Binnenwirtschaft nicht angekurbelt werden.

Zudem: Arbeitslosen gelingt es eher selten, in Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Die strukturellen Probleme des Arbeitsmarktes treten immer stärker zu Tage. Die Menschen mit den größten Problemen am Arbeitsmarkt - Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderungen und ältere Arbeitslose - haben es immer schwerer, einen Job zu finden. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat sich im Vergleich zum Vorjahr erhöht, um 21.000 auf 1.086.000. Auch die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen stieg weiter an auf nunmehr 186.257. Den deutlichsten Anstieg im Laufe der Zeit ist bei den über 55-Jährigen Erwerbslosen festzustellen. Waren es im Jahr 2008 427.000, sind es nun 619.126.

Die Arbeitsmarktförderung wurde in den letzten Jahren stark zurückgefahren. Kahlschlag ist auch kein schlechtes Wort dafür. Im Interesse der Erwerbslosen ist ein grundlegender Kurswechsel notwendig. Vor allem die Menschen mit den schlechtesten Jobchancen - Langzeiterwerbslose, Ältere und Menschen mit Behinderungen - dürfen nicht abgeschrieben, sondern müssen verstärkt gefördert werden, ohne dass die Förderung in Verfolgungsbetreuung umschlägt. Die Politik der Agentur für Arbeit sich auf leicht vermittelbare Erwerbslose zu konzentrieren und den Rest seinem Schicksal zu überlassen, ist gleichermaßen unsozial und ökonomisch unsinnig.

Außerdem schreitet die Prekarisierung des Arbeitsmarktes beständig voran. 1,2 Millionen abhängig Beschäftigte können vom Lohn ihrer Arbeit nicht leben und beziehen ergänzende Hartz IV-Leistungen, 2,71 Millionen gehen mittlerweile einem Zweitjob nach, das heißt fast jeder zehnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Der ausufernde Niedriglohnbereich ist endlich effektiv zu bekämpfen. DIE LINKE fordert weiterhin die unverzügliche Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von zehn Euro die Stunde sowie die Abschaffung der systematischen Niedriglohnbeschäftigung in Form der Leiharbeit. Das sind zwei wesentliche Maßnahmen, um Arbeit wieder existenzsichernd zu machen.

Das angebliche Jobwunder in der Bundesrepublik entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Umverteilung der Arbeitszeit. Wobei junge Menschen, Frauen und einmal arbeitslos gewordene Männer prekäre Jobs bekamen, die älteren Beschäftigten in den exportierenden Wirtschaftssektoren konnten ihre Normaljobs einigermaßen halten und zusätzliche Arbeit ging an Zeitarbeiter, Teilzeitarbeiter oder an Beschäftigte mit Werkverträgen. Und darüber hinaus arbeitet jeder Fünfte für einen Lohn an der Armutsgrenze. (Einen schönen Artikel über die Manipulationen bei dem Jobwunder hier auf den Nachdenkseiten)

Die Begeisterung über die „Flexible Arbeitswelten“ ist offenbar ziemlich einseitig auf der Arbeitgeberseite und ihrer wissenschaftlichen Mietmäuler wie Bertelsmann und IZA anzutreffen. Es ist auch keineswegs so, dass die so hoch gelobte „Flexibilität“ etwa auf Freiwilligkeit der Arbeitnehmer beruhen würde: 6,7 Millionen Menschen wollen (mehr) Arbeit und 3,3 Millionen Erwerbstätige betrachten sich als (unfreiwillig) unterbeschäftigt, davon sogar 1,5 Millionen, die in Vollzeit arbeiten. Das meldete jedenfalls das Statistische Bundesamt im Herbst letzten Jahres (Hier der Link zu den Zahlen des statistischen Bundesamtes)

Quellen:
Bundesagentur für Arbeit: Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland. Monatsbericht Januar 2014, Seite 68. Die dort aufgeführte Altersteilzeit sowie Gründungszuschüsse und sonstige geförderte Selbstständigkeit haben wir in der Tabelle nicht berücksichtigt. Die dort ebenfalls aufgeführten älteren Arbeitslosen, die aufgrund verschiedener rechtlicher Regelungen (§§ 428 SGB III, 65 Abs. 4 SGB II, 53a Abs. 2 SGB II u.a.) nicht als arbeitslos zählen, befinden sich in der Gruppe Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I oder ALG II.

Zahlen Landkreis Marburg-Biedenkopf: Arbeitsmarktreport für Kreise und kreisfreie Städte, Marburg-Biedenkopf, Januar 2014, Tabellenblatt Unterbeschäftigung

Zahlen „Arm trotz Arbeit“: Arbeitsmarkt in Zahlen, Erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher, Agentur für Arbeit, Statistik

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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