Steuerpläne CDU/CSU: Spitzenverdiener profitieren am meisten
Steuerpläne von CDU und CSU verschleiern wahre Gewinner
Glaubt man den Unionsparteien, haben sie steuerpolitisch nur Gutes im Sinn: Zuerst betonte die CSU, ihr geplanter „Bayern-Tarif“ werde vor allem kleine Handwerker, Verkäuferinnen und Metallarbeiter entlasten.
Dann wollte auch die CDU-Mittelstandsvereinigung der Durchschnittsfamilie mit ihrem „MIT-Konzept“ Gutes tun. Gewiss gibt es Unterschiede, jedoch zielen beide im Kern darauf ab, die Progression der Einkommensteuer zu reduzieren, ohne aber Spitzen- und Reichensteuersatz zu erhöhen. Nach dem „MIT-Konzept“ soll der Spitzensatz nicht mehr ab 53.666 Euro greifen, sondern erst ab 60.000 Euro.
Wer hat, dem wird gegeben
In Euro gemessen profitieren Einkommen ab 60.000 Euro damit am meisten von den Vorschlägen. Selbst Einkommensmillionäre hätten in Euro und Cent einen größeren Vorteil als Durchschnittsverdiener. Genau dies verschleiert die CSU, indem sie lediglich die Entlastungen für Einkommen bis 60.000 Euro herausstellt.
Die individuellen Auswirkungen beim schrittweisen Wegfall des Solidaritätszuschlags ab 2020 analysiert sie erst gar nicht. Dabei sorgt dieser bislang in besonderem Maße für eine gerechtere Besteuerung, da er bis zu einem Bruttomonatseinkommen von etwa 1.500 Euro (Steuerklasse I) gar nicht erst erhoben wird.
Während beide Vorschläge kaum kenntlich machen, wer von ihnen besonders profitieren würde, machen sie keinen Hehl daraus, dass dem Gemeinwesen erhebliche finanzielle Mittel entzogen werden sollen. Allein der Vorschlag der CDU-Mittelstandsvereinigung zur Veränderung des Tarifverlaufs (siehe Grafik) würde nach eigenen Angaben fast 26 Milliarden, gepaart mit weiteren Vorschlägen gar die astronomische Summe von über 40 Milliarden Euro kosten.
Beide Konzepte gehen dabei von Steuerschätzungen aus, die keine Annahmen zu konjunkturellen Entwicklungen beinhalten und nur stetiges Wirtschaftswachstum kennen. Auch ignorieren sie den Finanzbedarf bei Bund, Ländern und Gemeinden. Allein die Kommunen schieben einen Investitionsstau von 136 Milliarden Euro vor sich her und eine nachhaltige Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist weiterhin nicht absehbar.
Es ist sicher richtig, untere und mittlere Einkommen, insbesondere die von Familien mit Kindern, stärker zu entlasten. Diese aber, wie etwa beim „Bayern-Tarif“, mit Beträgen in Höhe von 15 bis 32 Euro monatlich abzuspeisen, während Entlastungen für Spitzenverdiener schamhaft verschwiegen und dringend erforderliche öffentliche Investitionen auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden, ist schlicht unseriös.
Man kann es drehen und wenden wie man will: Eine ordentliche Steuerentlastung für die breite Masse, gute öffentliche Leistungen und ein Abbau der Staatsverschuldung setzen zwingend eine stärkere Besteuerung von Spitzeneinkommen und Top-Vermögen voraus.
Über sowas kann sich nur wundern, wer nicht weiß oder nicht begreifen will, wie das Steuersystem funktioniert.
Außerdem ist die Feststellung, eine bestimmte "Einkommensklasse" (das ist ja der Punkt der Kritik, nämlich, dass der Singular benutzt wurde) würde "am meisten entlastet", eine sehr relative. Wie sieht denn das absolut aus? Mit Recht könnte behauptet werden, zwischen den Grenzen von € 8.654 und € 60.000 würde "am meisten entlastet", nämlich um insgesamt € 25,8 Mrd. - so stellt es jedenfalls das DGB-Schaubild dar. Und um wieviel wird absolut über dem oberen Schwellenwert entlastet? Irgendeine Vermutung? :-)