Sozialstaat profitiert von Zuwanderung

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Marburg, Ende November 2014

In Deutschland lebende Ausländer sorgen - entgegen der landläufigen Meinung - für ein erhebliches Plus in den Sozialkassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.

Die 6,6 Millionen Menschen ohne deutschen Pass sorgten 2012 für einen Überschuss von insgesamt 22 Milliarden Euro. Jeder Ausländer zahlt demnach pro Jahr durchschnittlich 3.300 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben als er an staatlichen Leistungen erhält. Das Plus pro Kopf ist in den vergangenen zehn Jahren um über die Hälfte gestiegen. Für einen weiteren Anstieg sind bessere Bildungspolitik und gesteuerte Zuwanderung die wichtigsten Voraussetzungen.

Sozialstaat profitiert von Zuwanderung

Diese Meldung ist vor allem für die Stammtische dieser Republik ein schwerer Schlag. Bis weit in die CDU/CSU hinein wird immer wieder über den angeblichen Sozialhilfemissbrauch von Zuwanderern gemunkelt. Von der AfD und noch weiter rechts stehenden Gruppierungen gar nicht zu reden. Die Bundesrepublik wurde und wird mal als das Sozialamt der Welt , mal als Weltsozialamt bezeichnet.

Auch gab es und gibt es Immer wieder im Bundestag Vorstöße die Freizügigkeit in Europa einzugrenzen. Der angebliche Sozialmissbrauch war zwar bisher nicht zu belegen, aber das Gerede darüber nicht totzukriegen. Die Zahlen der Studie – von der Bertelsmann-Stiftung und nicht irgendwelchen „Gutmenschen“ – zeigen eindeutig: Zuwanderung lohnt sich.

Die Stammtische irren: Sozialamt der Welt?

Vielleicht helfen die Zahlen ja auch in der gegenwärtigen Debatte um die vielen Flüchtlinge und Asylbewerber_innen die Bälle flach zu halten. Denn eines machen die Daten auch deutlich: Je besser die Zuwander_innen integriert werden, je höher die Bildung, umso mehr werden alle in der Bundesrepublik Lebenden von der Zuwanderung profitieren.

Vor diesem Hintergrund ist es auch notwendig, die derzeitige Asylpolitik zu überdenken und anzupassen.

Die offene Aufnahme und menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen ist eine humanitäre Verpflichtung, die auch in Zeiten steigender Flüchtlingszahlen positiv gestaltet werden muss. Die Bundesrepublik Deutschland muss dabei als reiche Industrienation ihren internationalen Verpflichtungen in vorbildlicher Weise nachkommen. Unter den aktuellen Mängeln bei der Aufnahme und Unterbringung und der Überforderung vieler Kommunen leiden die schutzbedürftigen Flüchtlinge – zugleich wird die Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung gefährdet und rechte Gruppen nutzen das Thema für eine höchst gefährliche rassistische Mobilisierung vor Ort.

Eine andere Asylpolitik ist nötig

Auf der Bundesebene:

  • Flüchtlingsschutz ist eine Aufgabe der gesamten Bundesrepublik, der Bund muss deshalb die Kosten der Aufnahme und Unterbringung (mindestens) für die Dauer der Asylprüfung übernehmen; statt notdürftiger Provisorien bedarf es einer durchdachten Planung und vorsorglichen Politik.
  • Das System der Zwangsverteilung und verpflichtenden Unterbringung in Lagern muss gelockert werden: Asylsuchende sollen – wenn es entsprechende Möglichkeiten gibt – von Beginn an bei Verwandten oder Bekannten wohnen und bundesweit eine Wohnung anmieten können; dies entlastet die staatlichen Aufnahmeeinrichtungen.
  • Die Zeit des untätigen Wartens muss verkürzt, Asylverfahren müssen erheblich beschleunigt werden: Flüchtlinge aus Ländern mit hohen Anerkennungsquoten sollen schnell anerkannt werden; für die über 150.000 unerledigten Fälle im Asyl-Bundesamt soll es eine großzügige „Altfallregelung“ geben, wenn Verfahren bereits länger anhängig sind; obligatorische, aufwändige Asyl-Widerrufs-Prüfungen sollen unterbleiben; das Bundesamt muss ausreichend qualifiziertes Personal erhalten.
  • Auf der Länderebene:

  • Eine Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen und dezentralen Einrichtungen muss Vorrang haben; das ist menschenwürdig, kostengünstig und vermeidet Konflikte, die mit einer Massenunterbringung verbunden sind.
  • Kostenerstattungen für die Kommunen müssen kostendeckend sein – Schutzsuchende dürfen vor Ort nicht als bedrückende Last wahrgenommen werden.
  • Kommunen müssen frühzeitig über eine Aufnahme informiert und eingebunden werden.
  • Kein Geschäft mit der Not von Flüchtlingen, gute Unterbringungsstandards statt Profite für private Wohnheimbetreiber.
  • DIE LINKE fordert einen grundsätzlichen einen Perspektivwechsel in der Asylpolitik: Weg von einer Politik der Ausgrenzung und Des-Integration (Arbeitsverbote, Residenzpflicht, Lager), hin zu einer schnellen Integration der Schutzsuchenden (Sprachkurse, Arbeitsmarktzugang, Wohnungsunterbringung). Eine große Mehrheit der Asylsuchenden wird länger oder dauerhaft in Deutschland bleiben. Heißen wir sie willkommen! Von einer positiven Ausgestaltung ihrer Aufnahme profitieren alle.

    Die Zahlen und Daten der Studie können hier nachgelesen werden.

    Bürgerreporter:in:

    Hajo Zeller aus Marburg

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