Oh Herr, erlöse uns von den Blöden!
Oh Herr, erlöse uns von den Blöden!
Ja, wo leben wir eigentlich? Dass wir eine Gesellschaft von Fußballtrainern, Feinschmeckern, Weinkennern und Klugscheißern sind, ist ja schon lange bekannt. Doch dass wir in kurzer Zeit zudem noch ein Volk von pathologischen Hysterikern, militanten und besserwissenden Virologen wurden, das ist neu. Da stehen sich plötzlich Wutbürger und Weltverbesserer, vermeintlich Ewiggestrige und Meinungsdiktatoren mit der Querdenkerbommel um den Hals feindselig gegenüber. Nein, die aktuelle Krise hat es nicht geschafft, unser Miteinander zu verbessern. Nein, sie hat die Blödheit einer brüllenden Minderheit eher noch verschlimmert.
Ihr glaubt, Eure Grundrechte seien in Gefahr und Eure Meinungsfreiheit wird mit Füßen getreten. Der Spruch, “man darf das ja hierzulande nicht mehr offen aussprechen“, gehört zum Standardrepertoire. Doch, man darf. Man darf hierzulande “Merkel muss weg“ skandierend durch die Straßen rennen. Man darf sogar die Meinung vertreten, lieber Menschen im Mittelmeer krepieren zu lassen, als sie “hier rein zu lassen.“ Dass Corona nicht schlimmer als eine Erkältung sei, ihr, die ihr Euch im Besitz der absoluten Wahrheit wähnt, dürft auch das rauslassen. Ohne, dass ihr dafür verhaftet werdet oder zu fürchten,gar vom Geheimdienst ermordet zu werden. Falls Ihr es noch nicht wisst, wir haben hier Meinungsfreiheit!
Das heißt aber nicht, dass man Euch nicht widersprechen darf, selbst wenn es Euch noch so sehr auf die Palme bringt. Glaubt mir, auch das gehört zur Freiheit der Meinung. Wenn Ihr Seite an Seite mit rechten und linken Extremisten und anderen Populisten auf die Straße geht, darf ich der Meinung sein, dass Ihr faschistische Spinner seid. Und wenn Ihr glaubt, dass Corona eine reine Panikmache sei, um Euch gefügig zu machen, darf ich Euch Covidioten nennen, oder wie seht ihr das?
Ach was wäre ich froh wenn euer Geschwurbel bald verstummen würde. Ich werde jedenfalls mein Nachtgebet entsprechend ergänzen.
Und hier eine kluge Stimme aus dem Volk, ein Leserbrief aus der heutigen örtlichen Oberhessischen Presse:
Die Relationen stimmen nicht mehr
Zum Leserbrief „Radikale Schlussfolgerungen“ von Wolfgang Form, vom 19. November:
Ja, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, aber die Würde umfasst doch nicht nur das nackte Leben!
Macht es Sinn, wenn alte Menschen in Altenheimen ihren letzten Lebensabschnitt isoliert verbringen?
Macht es Sinn, einen alten Menschen zu sedieren und intensivmedizinisch am „Leben“ zu erhalten, damit er vielleicht noch drei Monate apathisch im Bett liegt?
Praktisch besteht doch ein Dauerkonflikt zwischen medizinisch machbar, ethisch noch vertretbar und den begrenzten Ressourcen. Auch wenn es unangenehm ist, aber wir müssen als Gesellschaft viel mehr gemeinsam darüber befinden, was wir uns leisten können beziehungsweise wollen und der einzelne bestimmt dann, was er davon annehmen will oder eben auch nicht.
Es ist leider auch nicht ganz so einfach, dass man nur eine Maske tragen und etwas Abstand halten muss.
Die Maßnahmen selbst produzieren Kollateralschäden und kosten Menschenleben: Wenn OPs ausfallen, Menschen selbst mit Herzinfarkt oder Schlaganfall Krankenhäuser meiden oder wenn viele Mitarbeiter in den Krankenhäusern fehlen und der Rest einen extrem hohen Hygieneaufwand betreibt, so hat dies Folgen! Egal wie gefährlich Corona nun ist! Zudem machen die Maßnahmen die Reichen weltweit immer noch reicher und die Armen noch ärmer. Dies wird Folgen haben! Wollen wir das? Wo bleibt da die Würde?
Ich will nicht zynisch werden, aber dass dem menschlichen Leben dieser unbedingte Wert gegeben wird, ist mir neu: In Deutschland sterben pro Jahr zirka eine Million Menschen. Davon sterben zirka 120 000 Menschen an den Folgen von Tabakkonsum, zirka 75 000 an den Folgen von Alkohol, zirka 60 000 an Medikamenten-Nebenwirkungen (inklusive Missbrauch), bis zu 25 000 an Grippe, bis zu 20 000 an multiresistenten Keimen, bis zu 20 000 an Fehlbehandlungen, zirka 10 000 an Suizid, zirka 3000 im Straßenverkehr und zirka 1000 an Drogen.
Von den vielen, vielen Opfern, die jährlich weltweit Kriege, Hunger und Armut fordern, will ich hier gar nicht reden. Vieles davon wäre vermeidbar!
Dies geschieht aber alles ganz unaufgeregt und ohne jegliche Panik! Es ist scheinbar „normal“ für uns geworden! Warum reden wir nicht darüber?
Derzeit fahren wir das soziale und ökonomische Leben fast auf Null, übersehen aber scheinbar die Folgen, derweil in der gleichen Zeit alleine an MRSA in unseren Krankenhäusern mehr Menschen sterben, ohne dass wir uns aufregen. Da stimmen doch die Relationen nicht mehr so ganz!
Ich würde mir jedenfalls wünschen, wir wären bei dem einen oder anderen Thema ähnlich aktiv wie derzeit bei Corona. Manfred Grün, Marburg