In der Krim-Krise schlägt die Stunde der Irrationalisten
Die Schlacht um die Deutungshoheit der Krim-Krise und die damit einhergehende teils abstruse, sich im Kreise drehende Meinungsvielfalt, resultiert m.E. daraus, dass mittlerweile kaum jemand weiß welchen Nachrichten und deren Quellen er noch trauen kann. Dieser Umstand zeigt letztlich die Machtlosigkeit aller, sich in dem augenblicklichen Informations-Chaos einen seriösen Überblick zu verschaffen. Das ist aber nur eine Seite des Irrationalismus.
Die andere sind die irrationalen Vorstellungen der überheblichen westlichen Politik, mit peinlichen Sanktionen und Geldgeschenken die Entwicklungen in der Krisenregion beeinflussen zu können. Nichts werden sie in einer Welt gegenseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeiten ausrichten. Und vergessen wir nicht den über Jahrzehnte aufgestauten Frust Russlands, das von uns “Besserwessis“ nie so richtig für voll genommen wurde, nur weil bestimmte Dinge nicht in unser Wessi-Weltbild passte und wir nicht einfach akzeptiert haben, dass der russische Bär anders tickt.
Jetzt rächen sich diese Versäumnisse der Vergangenheit. Dabei wäre vieles einfacher gewesen, hätte man im Umgang mit Russland mehr Gemeinsamkeit, Vertrauen, Respekt und Toleranz gezeigt. Sollen die Völker der Krisenregion doch selbst entscheiden, wo künftig ihre ethnische, politische und wirtschaftliche Heimat sein soll. Unter den genannten Prämissen muss dann die jeweilige Entscheidung auch vorbehaltlos respektiert werden. Gemeinsam hätte man diese Prozesse begleiten können. Nur wenn das Vertrauen auf allen Seiten erst einmal geschwunden ist, darf man sich nicht wundern, dass Herr Putin seinen eigenen Weg geht.
Und solange er die Nato nicht mit Waffengewalt angreift, oder ethnische Gruppen ausrottet, kann er in seinem Machtbereich tun und lassen, was er will, ob es dem Westen passt oder nicht. Er braucht sich von uns keine Vorschriften machen zu lassen. Zudem sitzt er energiepolitisch momentan am längeren Hebel, das sollten zumindest wir Europäer nicht vergessen.
Statt wirkungsloser Sanktionen sollte die Politik vielmehr alles unternehmen, verlorenes Vertrauen aufzubauen. Und das geht nur durch offene, ehrliche Worte am runden Tisch. Ob dafür noch Zeit ist, lässt sich allerdings ebenso wenig vorhersagen, wie die Frage, ob Herr Putin daran überhaupt noch interessiert ist. Momentan können wir uns nur damit trösten, dass derartige Krisen früher in verheerende Flächenkriege mündeten. Doch um Peter Scholl-Latour zu zitieren: “In heutigen Kriegen gibt es keine Gewinner“. Wenigstens das haben wir aus der Geschichte (hoffentlich) gelernt.
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Töpfer aus Marburg |
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