Im Elektrobus durch Marburg
Elektrische Busse als Zukunft für den Stadtverkehr in Marburg? Am 8. und 9. April konnten sich Interessierte für je drei Stunden einen elektrisch angetriebenen Bus aus Mannheim anschauen oder mit ihm eine Probefahrt machen.
Den Elektrobus und einen Infostand gab es beim Cineplex in Marburg. Die meiste Zeit stand der Bus zum Besichtigen zur Verfügung, aber zu jeder vollen Stunde fand eine Probefahrt statt, die erst zum Bahnhof und anschließend zum Wilhelmsplatz führte und ungefähr eine Viertelstunde dauerte. Am Stand gab es Brezeln und Getränke und die Möglichkeit, sich Fragen zum Bus und seiner Technik beantworten zu lassen. Zahlreiche Leute waren gekommen, und auch eine Gruppe Blinder nutzte die Gelegenheit, das moderne Verkehrsmittel zu inspizieren.
Bei der Fahrt waren erwartungsgemäß wenig Motorengeräusche zu hören, und oft verriet nur das leise Summen der Wechselrichter, dass der Bus nicht abgestellt ist. Im Sommer enstehen allerdings noch zusätzliche Geräusche durch die Klimaanlage.
Ein sehr interessanter Aspekt bei der Nutzung von Elektrobussen ist die Energieversorgung. Während der Fahrt wird der Antrieb aus Batterien gespeist, deren Ladung nicht für einen ganzen Betriebstag reichen würde. Glücklicherweise ist es dank einer praktischen Technik möglich, die Batterien auch während des normalen Umlaufs wieder aufzuladen, nämlich durch induktive Energieübertragung. Das geht im Prinzip einfach durch zwei Spulen, von denen sich eine in der Fahrbahn, die andere im Bus befindet. Die Spule in der Straße erzeugt mit elektrischem Strom ein wechselndes Magnetfeld, während die Spule im Bus aus dem Magnetfeld wieder Strom erzeugt. So wird das auch in Transformatoren gemacht.
Die induktive Energieübertragung wäre prinzipiell während der Fahrt möglich, wenn man die Straße entsprechend ausrüstet. Eine solche Installation wäre jedoch viel teurer als nötig. Deutlich effektiver ist es, den Bus an den Haltestellen aufzuladen. Das lohnt sich an allen Haltestellen mit hohem Fahrgastaufkommen. Dafür sorgt eine besonders leistungsstarke Ladeeinrichtung, welche eine Leistung von 200kW übertragen kann. Mit der in einer Minute aufgenommenen Energie kann der Bus mehrere Minuten fahren, da die Leistung des Antriebs nur 60kW beträgt und der Bus zudem in der Regel nicht mit Vollgas fährt. Durch die Ladung an Unterwegsstationen benötigt der Bus weniger Batteriekapazität, was Gewicht und Platz spart.
Es sei noch erwähnt, dass ein Teil der eingesetzten Energie bei der induktiven Übertragung verlorengeht - allerdings liegen die Verluste unter zehn Prozent.
So einfach das Prinzip der induktiven Energieübertragung ist, so komplex ist die praktische Umsetzung. Zahlreiche technische Details sind zu berücksichtigen.
Der Wechselstrom aus dem Netz hat eine niedrige Frequenz von 50Hz, bei der induktive Energieübertragung nicht sehr effektiv ist. Darum wird die Frequenz mit Wechselrichtern auf 20kHz erhöht. Ähnliches wird heutzutage auch in Netzteilen für elektronische Geräte gemacht, weil man dadurch einen recht schweren Transformator auf einen Bruchteil seiner Größe schrumpfen kann. Für große Ströme mit einer so hohen Frequenz müssen allerdings Spezialkabel verwendet werden, die aus einer Vielzahl von gegeneinander isolierten Litzen bestehen. Das hängt damit zusammen, dass durch die wechselnden Magnetfelder der Stromfluss sonst nur an der Oberfläche des Leiters erfolgen würde und sich nicht über den ganzen Querschnitt verteilte.
Für die hohe Ladeleistung wird die Energie wie bei einer Drehstromverbindung über drei Phasen übertragen. Für die Energieaufnahme sorgt jeweils pro Phase ein Schwingkreis aus Spule und Kondensator, welcher auf die übertragene Frequenz von 20kHz abgestimmt sein sollte. Nun gibt es aber das Problem, dass die Kapazität von Kondensatoren durch das Eintrocknen von Elektrolyten im Laufe der Jahre abnimmt. Das führt zu einer Verstimmung des Schwingkreises mit der Folge, dass weniger Energie aufgenommen wird. Bei der dreiphasigen Übertragung kann es zudem noch zu Problemen führen, wenn die Schwingkreise unterschiedlich verstimmt sind: Dann wird nämlich die Energie nicht mehr gleich auf alle drei Schwingkreise verteilt, was zur Überlastung und Zerstörung von Bauteilen führen würde. Aus diesem Grund wurde die Möglichkeit eingeplant, die Schwingkreise in einem Toleranzbereich von +- 300Hz abzustimmen.
Die zur Energieübertragung eingesetzten Magenetfelder können unangenehme Nebeneffekte haben, welche durch geeignete Maßnahmen auszuschließen sind. Ein Problem sind Metallgegenstände zwischen Bus und Ladefläche. Diese würden sich durch die induzierten Ströme stark erhitzen und stellen nach der Abfahrt des Busses eine Gefahr da. Daher müssen sie vor dem Einschalten der Ladefläche entfernt werden.
Ferner dürfen die Magnetfelder im Bus und der Umgebung vorgegebene Grenzwerte nicht überschreiten (Feldstärke maximal 6,25 µT um Gefahren für Herzschrittmacher zu vermeiden) und keine Störungen von Funkübertragungen verursachen. Abschirmungen aus Aluminium und Ferrit-Elemente sorgen dafür, dass das Magnetfeld nicht in den Fahrgastraum eindringt und in den Induktionsspulen konzentriert wird.
Bei den Tests während der Entwicklung der Ladestation soll es einen Fall gegeben haben, wo eine zu starke Störung des Funknetzes festgestellt wurde. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese nicht von den Ladespulen kam, sondern von einer Mobilfunkeinheit, die Messdaten übertrug und damit die Messung verfälschte.
In Marburg wurde der Bus übrigens über ein normales Kabel aufgeladen - allerdings nur mit etwa 20kW.
Klingt ja nicht so toll...
Der einzige Vorteil dürfte sein, dass man weniger Abgase in der Innenstadt hat... (dafür Magnetfelder und mehr Sondermüll durch die Akkus ;))
Energieverluste hat man gegenüber dem direkten Verbrauch von Energieträgern immer, weil Energieträger erst in Strom verwandelt werden müssen...
Wenn sich Angebot (Takte, Linien) und Preis nicht verbessern, hat der Bürger davon eigentlich nix...