SCHWACHE NERVEN? DANN BITTE NICHT LESEN!

Teneriffa. „Von dem Menschen war furchtbar wenig übrig. Nicht einmal die Gluthitze eines Krematoriums reichte aus, um eine menschliche Leiche vollständig in Asche zu verwandeln, doch dieses Feuer hatte es irgendwie geschafft. Auf dem Boden lag ein Haufen aus schmieriger Asche und Kohle. Das Feuer hatte nicht nur Haut und Gewebe, sondern auch das Skelett verschlungen. Nur die größeren Knochen waren übrig geblieben und ragten aus der Asche wie abgebrochene Zweige aus einer Schneeverwehung. Und selbst sie waren kalziniert worden; der Kohlenstoff war verbrannt, bis sie grau und spröde geworden waren. Darüber ein zersprungener Schädel, der sich mit verkanteten Kieferknochen zur Seite neigte, einer zerbrochenen Eierschale gleich.“
Zitat aus „Kalte Asche“ von Simon Beckett.

„Ich hatte mich bereits neben dem abgestorbenen Gras nieder gekauert. Der Fleck hatte ungefähr die Form der Leiche, die darauf gelegen hatte, eine Silhouette der Fäulnis. Ein paar Maden wanden sich noch in den schwarzen und platt gedrückten Halmen…Man konnte den Eisengehalt des Bodens überprüfen, um festzustellen, wie viel Blut er aufgesogen hatte. Wenn die Kehle des Opfers hier durchtrennt worden war, wo man die Leiche gefunden hatte, dann würde der Eisengehalt hoch sein…Ich stocherte im Boden herum, hob eine reglose Made auf und legte sie auf meine Hand. „Diese Made steht kurz vor der Verpuppung. Je älter sie sind, desto dunkler werden sie. So, wie diese aussieht, würde ich sagen, dass sie sieben oder acht Tage alt ist. Ich kann hier keine Schalenteile herum liegen sehen, was bedeutet, dass sich die Puppen noch nicht gehäutet haben. Der volle Lebenszyklus der Fliege dauert vierzehn Tage, es liegt also die Vermutung nahe, dass die Leiche noch nicht so lange hier gelegen hat.“
Zitat aus „Die Chemie des Todes“ von Simon Beckett.

Kriminalromane gibt es wie Sand am Meer und wir sind längst überfüttert mit all den grausigen Fantasien, die uns dort geboten werden. Deshalb begann ich sehr skeptisch, das Buch „Die Chemie des Todes“ zu lesen. Doch nach Seite 10 konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen und zog es mir völlig gefesselt an einem Stück rein.
Der gruselige Thriller und die darin enthaltenen Detailkenntnisse beeindruckten mich derart, dass ich sofort nach einem weiteren Buch dieses Schriftstellers Ausschau hielt. Und „Kalte Asche“ hielt die morbiden Versprechungen seines Vorgängers. Simon Beckett steht fortan auf meiner persönlichen Literatur-Hitparade ganz weit oben.

In beiden Werken geht es um den forensischen Anthropologen David Hunter, der immer dann zu Leichen gerufen wird, wenn die Kriminalpolizei und Spurensicherung nicht mehr weiter weiß. Er schafft es, Mordgeschichten aus der übrig gebliebenen Asche zu lesen oder Todeszeitpunkte aus Bodenbeschaffenheit oder Fliegenmaden zu bestimmen.
Und während er seine langwierigen Forschungen anstellt, laufen die Mörder frei herum und morden weiter.

Simon Beckett lernte bei Recherchen für seine Thriller die Polizeiarbeit von innen kennen; das gilt insbesondere für seine Erfahrungen auf der Body Farm der University of Tennesseee, USA, einer Forschungsanstalt für Verwesungsprozesse. Dieses Wissen verarbeitet er in seinen Romanen. Inzwischen ist wohl auch sein dritter Thriller „Leichenblässe“ erschienen.

Leser, die es lieben, wenn ihnen bei der Lektüre das Grauen langsam den Nacken hinauf kriecht, sind bei Simon Beckett sehr gut aufgehoben. Ich wünsche angenehmes Gruseln und grausige Albträume.

Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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