Rätsel um den Wolf-Stein im Wohratal. Was ist wirklich passiert?
An der ehemaligen Landstraße zwischen den hessischen Gemeinden Wohratal und Gemünden/Wohra findet man einen heute unter Denkmalschutz stehenden Sandstein, der zum Gedenken einer Frau errichtet wurde, die im März 1654 einem Wolf zum Opfer fiel. Seine nahezu völlig verwitterte und auf einer separaten Tafel rekonstruierte Inschrift lautet:
“Molls Hausfraw aus Gemünden ward, indem sie auf Wohra gehen und daselbst Geschäfte verrichten wollet, von einem Wolf allhiero ahngefallen und fürchterlich zugericht. Durch wunderbare Regierung Gottes von einem Reisende dem Wolf aus dem Rachen und in ihr Haus zu Ihrem Mann und Kindern gebracht, daselbsten an guthem Verstandt in wahrer, glaubiger Ahnrufung Gottes unter vihlerley Schmerzen und Gebeth sanft und selig in Christo entschlafen, ihres Alters 54 Jar.“
Nach der Darstellung heimatkundlicher Schulbücher wollte die Frau in Wohra Brot verkaufen und wurde, nachdem die auf Ihrer Flucht alle Brote dem Wolf geopfert hatte, selbst von diesem zerfleischt.
Das Kirchenbuch der Stadt Gemünden offenbart dagegen eine andere Version: Danach brach die Frau um 6 Uhr morgens auf, um in Wohra beim Junkher Clauer Schulden anzumahnen, bevor sie vom Wolf an Armen, Beinen und im Gesicht so schwer verletzt wurde, dass sie, um 9 Uhr nach Hause gebracht, dort um 12 Uhr verstarb.
Nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Wolfsforschung sind dagegen so gut wie keine gesicherten Angriffe von Wölfen auf Menschen bekannt. Wölfe wurden in der Mythologie allerdings immer als blutrünstige, angriffslustige Wesen dämonisiert und bis zu ihrer Ausrottung gejagt.
Man kann daher vermuten, dass viele Geschehnisse der damaligen Zeit durchaus einen anderen als den berichteten Verlauf hatten. So könnte es sich auch in diesem Fall vielleicht um ein Verbrechen handeln, das einfach einem grimmigen Wolf untergeschoben wurde. - Oder glaubt etwa jemand das Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf?
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Töpfer aus Marburg |
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