MARBURG UND DAS ROTKÄPPCHENLAND- "Es war einmal ein kleines Mädchen ...
... die Großmutter schenkte ihm ein Käppchen von rotem Samt", so beginnt ein Märchen der Brüder Grimm. Bei einem Ausflug in die Ferienregion der Schwalm trifft man immer wieder auf Hinweise; in denen dieser Landstrich als Rotkäppchenland auf verschiedenste Weise, mit Plakaten,Tafeln und sogar als Apothekennamen vermarktet wird. Häufig wird vermutet, dass die Märchenfigur nach der roten Betzel, einem roten Käppchen der Schwälmertracht, benannt sei. Dies kann jedoch nicht sein; denn das Märchen, aus Ungarn kommend, wurde schon 1812 von den Brüdern Grimm in das Deutsche Märchenbuch übernommen. Die für Deutschland einzigartige Tracht mit den vielen übereinandergetragenen Röcken gibt es erst seit 150 Jahren.
Die bunte prächtige Tracht gehörte auch bis in die 60er- Jahre zum Alltagsbild in Marburg. Damals boten ältere Frauen in ihrer eher dunklen Tracht auf dem Marktplatz ihre landwirtschaftlichen Güter an, oder man traf sie einfach nur zum Einkaufen in der Oberstadt an. Für die vielen Touristen und Studenten stets ein herrliches Fotomotiv. Neugierig versuchte man dabei von den Frauen die Anzahl der Röcke zu erfahren.
Noch vor Jahren sah man beim Fahren vom Marburger Land durch Wiera die Bauersfrauen in ihrer Tracht bei ihrer täglichen Arbeit. Dieses Bild scheint der Vergangenheit anzugehören. Wir stellen fest, die Tracht ist ausgestorben.
Nur noch bei Festzügen, wie z. B. bei der Salatkirmes in Ziegenhain, kann man die Tracht mit ihrem Variantenreichtum und den verschiedensten Darstellungen bei Taufe, Konfirmation, Hochzeit und Beerdigung sehen. Auch ein Besuch im Marburger Universitätsmuseum führt uns durch die Bilder des Willingshäuser Malers Bantzer und mit den großformatigen Kunstwerken des Abendmahls und des schwungvollen bunten Hochzeitstanzes in die längst vergangene Zeit zurück.
Schade, dass das Brauchtum immer weniger aktive Anhänger findet.