Lesebuch als Zeitzeugnis der Schul- und Kulturgeschichte
In einem alten vergilbten Lesebuch aus dem Jahre 1952 entdeckte ich kürzlich das Gedicht der "Wandelnden Glocke". Das dem Schüler "übereignete" Lesebuch der Volksschule Stausebach erweckte Erinnerungen an unsere Dorfschule, in der wir viele Gedichte "auswennich lern" mussten. So wie diese Ballade der wandelnden Glocke.
Damals war es noch eine Selbstverständlichkeit, den Sonntagsgottesdienst zu besuchen. Deshalb wurden wir oft von unseren Eltern ermahnt, wenn wir keine Lust auf den Kirchgang verspürten. "Es ergeht euch so wie dem ungehorsamen Kind, das von der Glocke eingefangen wird", so ihr Sagen. Sicher hatten wir dann schon etwas Angst.
Die ersten Zeilen des Gedichtes, das im Übrigen von dem Freidenker Johann Wolfgang von Goethe stammt, beginnen so:
"Es war ein Kind, das wollte nie zur Kirche sich bequemen,
und Sonntags fand es stets ein Wie, den Weg ins Feld zu nehmen".
Die Mutter sprach: "Die Glocke tönt, und so ist dir`s befohlen,
und hast du dich nicht hingewöhnt,
sie kommt und wird dich holen ..."
Sicher etwas "ungewöhnliche Erziehungsmethoden", mit denen man dem Kind Angst einflößen wollte, damit es seine Sonntagspflicht erfüllt. Das Gedicht scheint eher eine frühe "Jugendsünde" des Dichterfürsten Goethe zu sein; denn mit Kirche und zumal mit den katholischen Traditionen hatte er nichts "am Hut". Auch die Ausdrucksweise lässt kaum vermuten, dass dieses Gedicht ausgerechnet von Goethe stammen könnte.
Ebenso wie Schillers Ballade "Das Lied von der Glocke", die jeder Schüler Wort für Wort auswendig lernen musste, prägte die "wandelnde Glocke" den Zeitgeist der damaligen Schul- und Kulturgeschichte.
das passt so gar nicht zu goethe - vielleicht war es eine auftragsarbeit für den vatikan? ;-)