GEHEIMTIP FÜR FANS

Vorder- und Rückseite des Bandes von 1968

Teneriffa. Bücher über Musik gibt es wie Sand am Meer. Es herrschen hauptsächlich zwei Typen vor. Die eine Spezies wurde von Leuten geschrieben, die meinen, sie wüssten etwas über Musik, nur weil sie mal als Plattenaufleger arbeiteten oder auf dem Flohmarkt eine billige Restpostensammlung in Vinyl kauften. Die Inhalte dieser Werke beschränken sich meist auf Platzierungen in den Hitparaden, Kurzbiografien der Interpreten, die der Fan sowieso schon lange kennt, plus jede Menge verkrampftes Alibigeschwafel. Die andere Spezies kommt meist von der Hochschule für Medien oder Kunst und langweilt den Leser mit hochtrabenden theoretischen Interpretationen von Musikstilen oder –stücken, sodass beim Leser sehr schnell das große Gähnen ausbricht.

Einen ganz anderen und deshalb besonderen Weg ging da die Süddeutsche Zeitung im Jahre 2005. Die Idee war so einfach wie brillant. Man suchte ein paar echte „Insider“ der Musikszene oder Musikjournalisten, die es nicht mehr nötig hatten, den dicken Molli zu machen, weil sie in Fachkreisen längst ihre Meriten verdient hatten. Die einfach nur als begeisterte Fans locker vor sich hinplauderten, um ganz subjektive Histörchen und Bewertungen ihrer Lieblinge zu schreiben.

Der Verlag entschloss sich, eine Serie von 50 kleinen Büchlein herauszugeben – für jedes Jahr von 1955 bis 2004 je ein Buch plus beigelegter CD, auf der die im Buch beschriebenen Musiktitel hörbar gemacht werden. Doch nicht genug der Brillanz! Cleverer Weise hat man jedes Buch in drei Teile „gesplittet“. Im ersten Teil, dem „Opener“ plaudert ein Musiker oder Musikjournalist über das betreffende Musikjahr unter kurzer Berücksichtigung der politischen und kulturellen Ereignisse sowie sozialen Aspekte. Formuliert in einer einfachen aber starken, mitreißenden Sprache. Es folgt ein Bildteil mit ungewöhnlichen originalen Fotos aus dem jeweiligen Jahr. Im dritten Teil folgen sodann die Perlen des Buches, nämlich die subjektive Bewertung der ausgesuchten 20 Musikstücke einschließlich einiger Kurzinformationen über den jeweiligen Interpreten.

Kein erhobener Zeigefinger. Kein Gruß aus dem Elfenbeinturm. Keine stolz geschwellte Brust weit und breit. Einfach (aber) Klasse! In einer Ramschkiste einer Münchener Buchhandlung entdeckte ich die ersten Exemplare. Im Flugzeug las ich die gefundenen Schätze und – glaubt mir – der Flug zurück auf die Insel war noch nie so kurz. Seitdem jage ich den fehlenden Jahrgängen im Internet hinterher, obwohl – oder gerade weil - ich alle Musiktitel bereits in meiner Vinyl-Sammlung habe. Um ehrlich zu sein, ein bisschen neidisch bin ich schon auf die Leute, die diese fundierten und packenden Rezensionen schrieben.

Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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