Fastnacht früher: "met Brooredoag, Struhbähr en Deppewerfe"
Kaum eine Zeit des Jahres hatte bis weit in die 60er Jahre mehr dörfliches Brauchtum wie die "Foasenocht". Leider haben sich nur wenige dieser Bräuche gehalten. Am Donnerstag vor dem Fastnachtswochenende zogen die Kinder in Stausebach von Haus zu Haus, um Speck und Wurstwaren zu sammeln. Auf selbstgebastelteten Holzspießen wurden nach Aufsagen eines Spruches oder Gedichtes die meist fettigen Braten- und Wurststücke aufgezogen. In den Nachkriegsjahren wurde das Sammeln oft wegen der vorherrschenden Lebensmittelnot durchgeführt. Selbst aus dem nahen Kirchhain kamen dann die Kinder ins Dorf; denn man wusste, dass die Bauern im Winter geschlachtet hatten. Die Fastnachtsspeisen zeichneten sich durch viel Fett und Fülle aus. Auch war bekannt, dass in der christlichen Fastenzeit wenig Nahrung zu sich genommen wurde. Also verbrauchte man einen Teil des Wintervorrats, zumal damals Kühlschränke noch fremd waren und die Fleischwaren über die 40-tägige Fastenzeit nicht haltbar gemacht werden konnten. So verzehrte man die Reste vorher. Die Tradition des "Brooredoags", der auch auch "fetter" Donnerstag genannt wurde, verschwand und wurde teilweise nur noch als "Gaudi" durchgeführt.
Rosenmontagsumzüge oder Büttenabende waren vollkommen unbekannt. Erst der Fastnachtsdienstag wurde zum Höhepunkt mit vielen Aktionen in den Dorfgassen. Zunächst zog der "Struhbähr", in Stausebach auch Schuttebär genannt, weil er in geschnittenen Strohstreifen eingepackt war, geführt von einem Bärentreiber, wild kettenrasselnd und lärmend durch die Straßen. Die Aufgabe des Bären bestand darin, einerseits den Winter zu vertreiben, andererseits aber auch die Kinder zu erschrecken.
Ein dritter Brauch, ebenfalls am Dienstag vor Aschermittwoch, war das "Deppewerfe". Um den Familien Glück zu wünschen, warf man alte Teller, Tassen und Töpfe laut scheppernd vor die Haustüren. Zum Dank gab es dafür die selbstgebackenen Kreppeln. Leute, die keine Kreppeln verteilten oder die man manchmal nicht mochte, wurden mit großen Mengen Unrat "bestraft". Diese Unsitte löste bei der Bevölkerung viel Ärgernis aus, sodass oft die Polizei in Anspruch genommen werden musste.
Bürgerreporter:in:Peter Gnau aus Kirchhain |
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