AM RANDE DER EU: RHODOS OHNE SAISON (KREUZFAHRT, TEIL 6)
Teneriffa. Dodekanes heißt die griechische Inselgruppe vor der türkischen Küste. An Backbord liegen nur 17 Kilometer zwischen unserem Schiff und Asien. Wir lassen jedoch die Türkei und die auf dem Kai auf uns einredenden Taxifahrer links liegen und gehen in die nächste Autovermietung. Für nur EUR 40 mieten wir einen PKW und brausen um die Insel. Erster Eindruck: hier sind besonders viele EU Gelder gelandet (periphere Lage), und überall werden die Landstraßen verbessert. „Rhodos an der Baustelle“.
Unser erstes Ziel ist der berühmte Ort Lindos. Im Spanischen bedeutet dieses Wort schön oder hübsch und wir fragen uns, woher die Griechen so gut Spanisch können, denn dies ist ein besonders schönes Fleckchen Erde. Auf einer Halbinsel strahlen uns weiße Häuser vor dem blauen Meer und dem blauen Himmel entgegen. Gekrönt von einer trutzigen Akropolis, bietet dieses Städtchen einen fast mittelalterlichen Anblick. Zeus sei dank, die Busse vom Schiff sind noch nicht angekommen. Wir stromern in aller Ruhe durch die alten Gassen und Winkel, platzen in einem Kafenion in eine Sitzung des Magistrats, der aus Pope, Bürgermeister und Sekretär besteht, und trödeln bergauf bis zur Akropolis, die wir jedoch nicht betreten, da schon von weitem ein Baukran winkt. Stattdessen besuchen wir ein altes Amphitheater und sehen einen Eselbahnhof für Touristen. Und da kommen sie auch schon, die Busse, und spucken ihre Massen aus. Nichts wie weg!
Weiter geht’s in Richtung Süden auf der Küstenstraße. Bei Kattavia biegen wir links ab auf eine Piste, um die Ruinen von Prassonissi zu besichtigen. Plötzlich sind wir inmitten eines Militärgeländes. Martialisch gekleidete Soldaten stehen am Rande der Piste und beäugen uns argwöhnisch. Wir sehen Panzer, die durch die Pampa pflügen und Steuergelder verbraten. Ob sie die EU gegen die Türkei verteidigen wollen, können wir nicht fragen, denn wir werden durchgewinkt. Der Strand von Prassonissi ist menschenleer, die touristischen Schrottbuden geschlossen. Klar, keine Saison im November. Das unwegsame Gelände lässt uns schnell auf die Besichtigung alter Ruinen verzichten und wir brausen an den erstaunten Europaverteidigern zurück auf die Hauptstraße in Richtung Norden.
Über Apolakia geht’s hinein in die einsamen Berge, vorbei an den Ruinen von Monolithos mit seinen hohen Felswänden, wo die Johanniter damals vergeblich die Insel gegen die Türken verteidigten. Durch viele Baustellen der Bergstraße geht es weiter hinab zur touristenleeren, einsamen Küste, die der nächsten Saison entgegenschlummert. An der gesamten Westküste finden wir kein geöffnetes Restaurant, so dass wir unser geplantes griechisches Festmahl kurzerhand in die Hauptstadt verlegen.
Die Augen des Wirtes glänzen, als wir zu fünft das gepflegte Restaurant betreten, denn überall herrscht Kundenmangel. Wir werden fast drei Stunden lang verwöhnt, und die sich anschließende Stadtbesichtigung fällt erheblich kürzer als geplant aus. Was soll’s, haben wir nicht schon genug Ruinen in den letzten Tagen gesehen? Außerdem ist der Großmeisterpalast nur eine Replik, allerdings fast doppelt so groß wie das Original, das die Türken 1522 unter Suleiman dem Prächtigen zerstörten.
Wir geben den Mietwagen zurück und verzichten auf die Erstürmung der Souvenirläden. Zurück an Bord träumen wir von griechischen Gottheiten, den Johannitern und Suleiman dem Prächtigen mit seinem Harem. Morgen erwartet uns „Erholung auf See“, also kein Hafen.
Noch mehr über unsere Ägäis-Kreuzfahrt findet Ihr hier:
Hans hat mir gut gefallen mit Suleiman und Harem. Danke. lg