Der erste Magdeburger Kunstverein, gegründet 1835
Ein Blick in das Internet zeigt für den ersten Magdeburger Kunstverein keinen Eintrag. Um diese Lücke zu füllen, entstand der nachfolgende Aufsatz. Er soll nicht nur in die Vergangenheit mit der Struktur, den Aufgaben und Wirkungen des Vereins schauen, sondern gleichzeitig Anregung für die Gegenwart zur Unterstützung und Publizierung von Kunst sein.
War Kunst im 18. Jahrhundert Privileg des Adels, so änderte sich dies durch die technische Revolution und das aufstrebende Bürgertum im 19. Jahrhundert. Ein Ausdruck dieser Entwicklung waren die Gründungen von Kunstvereinen in beinahe allen größeren Städten. Mit Förderung des preußischen Offiziers, Kreis-Kassen-Rendanten und Dichters Wilhelm Ribbeck (1793-1843) wurde auch in Magdeburg 1835 auf höchster Ebene der 1. Magdeburger Kunstverein gegründet. Die Struktur und die Mitglieder aus Politik, Religion, Bildung, Wirtschaft und Kunst des Vereins waren:
Schirmherr: Prinz Albrecht von Preußen (1809-1872),
Direktorium:
- der Magdeburger Oberbürgermeister August Wilhelm Francke (1785-1851),
- sein Stellvertreter Regierungs- und Baurat Friedrich Albert Immanuel Mellin (1796-1859), vergl. /4, S.456/,
Beisitzer:
- Prediger Dr. Wilhelm Berger (1801-1882), vergl./4, S.49/,
- Stadt- und Schulrat Georg Friedrich Kasper Gerloff (1772-1842), vergl. /4, S.209/
- Kreis-Kassen Rendant Wilhelm Ribbeck (1793-1843), vergl. /4, S.582/,
- Professor Friedrich Wiggert (1791-1871), vergl. /4, S. 801/
Ausschuß
- Ober- Präsidial- und Regierungsrat Johann Jakob Constenoble, Geheimer Justizrat, vergl. /5, S.18/
- Stadtrat Jean Jacques Cuny (1795-1843), vergl. /4, S.117/
- Geheimer Rat Karl Heinrich August Hahn (1778-1854), vergl. /4, S.252/
- Ober-Post-Direktor Johann Daniel Lewecke (1783-1842), vergl. /4, S.418/
- Kaufmann Lücke, wohl Carl Lücke, Kaufmann und Tuchhändler, Schwibbogen 8, vergl. /5, S.70/,
- August Morgenstern, Kaufmann und „Königl. baierischer“ Konsul“, vergl. /5, S.76/
- Ober-Landes Gerichts-Rat Nagel, Große Münzstraße 6, vergl. /5, S.78/ ,
- Portraitmaler Johann Gottlieb Rost (1792-1869), Schulstraße 18,
- Kunstmaler Carl Sieg (1784-1845), vergl. /4, S.682/ und
- Kaufmann George Zuckschwerdt, Kolonial-, Farbe-und Saamenhandlung, Breiter Weg 39, vergl. /5, S.128/
Mitglieder:
1835 – 484 Mitglieder
1838 – 513 Mitglieder
Aktien:
Erwerb von 2 Aktien zu je 2 Thalern je Mitglied;
1836 – 610 Aktien
1838 - 639 Aktien.
Ziele
- Allgemein: Bildungsschule; Neuerscheinungen publizieren, Verkaufsförderung ohne Zwischenhändler,
- Von dem Geld wurden im Statut die regelmäßigen Kunstausstellungen alle 2 Jahre im Börsenhaus, Alter Markt 5, festgelegt.
- Außerdem kaufte der Verein nach gemeinschaftlichem Beschluss Kunstwerke und Vergab Aufträge für Reproduktionsstiche. Zum Jahresende wurden die Kunstwerke an die Mitglieder verlost oder über den Verbleib entschieden.
Beispiele:
- „Wallfahrende Bauernfamilie“ 1835 von Jacob Becker (1810-1872) wurde vom Verein gekauft und vom Rheinischen Kunstverein als Lithographie zusätzlich 1840 erworben. Die Veröffentlichung in der Magdeburger Zeitung 1840 führte zum „Magdeburger Bilderstreit“. Verbleib des Gemäldes unbekannt; als Porzellanmalerei auf einer Tasse der KPM überliefert.
- Das Gemälde 1836 „Rotkäppchen mit dem Wolf im Walde plaudernd“ von dem in Magdeburg geborenen Künstler (Maler der Magdeburger Jungfrauen, Die Plünderung Magdeburgs, heute in der alten Nationalgalerie Berlin unter Nr. 497)) Eduard Steinbrück (1802-182) wird vom Verein gekauft und an Leopold IV. Friedrich, Herzog von Anhalt-Dessau (1794-1871) gegeben. Verbleib unbekannt, als Stahlstich von Payne und sls Lithophanien von Plaue überliefert.
- Der Künstler Johann Georg Meyer (1813-1886) stellt sein Gemälde „Elias in der Wüste, dem der Engel erscheint“ in der Kunstausstellung des Vereins 1838 aus. Verbleib unbekannt.
- Von Steinbrück wurde das aus Zuneigung zu Immermann 1840/41 geschaffene Gemälde „Merlin“ vom Kunstverein bestellt, gekauft und ging in Eigentum des Eisenbahndirektors Julius Guido Wolff (1803-1880) über.
- - Ausgestellt wird das Gemälde „Des Kindes Morgengebet“ von Heinrich Löwenstein (1806-1841). Ein Auszug aus dem Motiv gestaltete die Porzellanfabrik von Carl Heyroth & Co. Magdeburg-Sudenburg um 1850 als kolorierte Lithophanie, Modell BPM 501
Literatur
/1/ Friedrich Wilhelm Lehmann, Beschreibung der Stadt Magdeburg und deren Umgebung, Druck 1839 von W. Rieß & Comp. in Magdeburg (Anmerkung: Wilhelm Rieß verkaufte seine Anteile und setzte das Kapital als Mitbegründer der Buckauer Porzellanmanufaktur ein)
/2/ Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19.Jh., Pantheon-Verlag für Kunstwissenschaft Leipzig, unveränderter Neudruck von 1901, erschienen 1944
/3/ Wolfgang Metternich, J. Becker Der Lehrer der Kronberger Maler, Museumsgesellschaft Kromberg 1991 ISBN 3-7829-0422-2
/4/ Heinrich G, Gunther S., Magdeburger Biographisches Lexikon, Scriptum Verlag Magdeburg 2002, ISBN 3-933046-49-1
/5/ Friedrich Wilhelm Lehmann, Magdeburger Staats- und Gewerbs-Adreß - Buch für das Jahr 1837
/6/ Friedrich Wilhelm Lehmann, Beschreibung der Stadt Magdeburg und deren Umgebung, Magdeburg 1839
Link
https://www.oblivion-art.de/index.php/malerei-graf...
https://www.oblivion-art.de/index.php/porzellan/ku...
Bürgerreporter:in:Detlef Dauer aus Magdeburg |
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