Doppelflügelaltar zum Thema "Gregorsmesse"

Die "Gregorsmesse" war als Bildtyp des späten Mittelalters am Niederrhein, in der norddeutschen Tiefebene, besonders im Lübecker Raum, anzutreffen. Die Verbreitung des Themas entlang der alten Hanse-Handelsstraßen erreichte besonders Zünfte, Gilden, Bruderschaften, im norddeutschen Raum hauptsächlich aber die Fronleichnamsbruderschaften und Totengilden in einer zunehmend bürgerlicher werdenden Gesellschaft.

Die wohlhabende und vornehme Lübecker Fronleichnamsbruderschaft ließ 1496 einen Doppelflügelaltar zum Thema "Gregorsmesse" schnitzen, um Aspekte und Bedürfnisse der Volksfrömmigkeit zu befriedigen und die Bedeutung der Messe mit den verwandelten Gaben herauszustellen.

Bei der "Gregorsmesse" geht es um diese Legende: Papst Gregor der Große feierte in der Kirche Santa Croce in Gerusalemme in Rom eine Messe, bei der er während der Wandlung daran zweifelte, ob Christus wahrhaftig in Brot und Wein anwesend sei (kirchliche Transsubstantiationslehre). Plötzlich sei ihm Christus persönlich auf dem Altar erschienen und sein Blut sei in den Messkelch geflossen.

Diese Vision zum Thema der Transsubstantiation verlor in der Reformation selbstverständlich an Bedeutung und Verbreitung; entgegen aller bilderstürmerischen Tendenzen blieb der Altar der Lübecker Fronleichnamsbruderschaft erhalten. Er befindet sich heute im St.-Annen-Museum.

Wer genügend Zeit hat, sollte sich auch die Darstellungen auf den geschnitzten Seitenflügeln in allen Einzelheiten ansehen, die sich auf das Alte und Neue Testament beziehen, die Opferung Isaaks, das Manna-Wunder oder der Kreuzestod Jesu.

Dieses Bild der kirchlichen Lehre, das in der Frömmigkeitspraxis einen festen Platz hatte, wurde durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962 - 1965) verändert; aus dem Hochaltar wurde ein schlichter Altartisch, aus dem Messopfer wurde die Eucharistiefeier (Danksagung).