Gustav Braun - Handel und Gewerbe jüdischer Bürger in Linz am Rhein - Teil 6
Von Gisela Görgens – Quelle: „Die ehemalige jüdische Gemeinde in Linz am Rhein“ von Anton und Anita Rings.
Das Haus Zeitgeist Mittelstr. 17 erwarb Moritz Jonas 1892 und eröffnete ein Manufakturengeschäft. 1922 kam Gustav Braun mit seiner Familie aus Posen und kaufte das Anwesen von Moritz Jonas. Er eröffnete ein Geschäft für Manufakturen und Spielwaren.
Frau Christel Klein geb. Wescher erinnert sich: Das Haus hatte zwei kleine Schaufenster und in der Mitte war die Tür. Wenn man das Geschäft betrat umfing die Kunden eine gedämpfte, geheimnisvolle, feierliche Atmosphäre fast wie in einer kleinen Kapelle. In der Mitte war ein Gang und auf beiden Seiten stand eine Theke. Auf der rechten Seiten gab es Textilien und auf der linken Seite Spielwaren. Auf dem Ende der rechten Theke saß jeden Nachmittag der Vorbesitzer Moritz Jonas. Er konnte sich anscheinend von dem Haus nicht trennen.
Verwandte von Herrn Braun in Polen besaßen eine Textilfabrik und Kleidung 2. Wahl wurden in dem Geschäft verkauft. Das Dienstpersonal kaufte gerne dort seine Garderobe. 1933 verstarb Gustav Braun und wurde im April 1933 noch mit großen Ehren und unter großem Anteil der Bevölkerung beerdigt in Linz auf dem jüdischen Friedhof. Er hatte hoch dekoriert mit EK 1 und EK 2 an dem Veteranenumzug teilgenommen und war während diesem ganz plötzlich tot umgefallen. Das Haus wurde 1938 verkauft. Seine Frau und sein Sohn Alfred wurden Opfer der Shoa. Die Tochter Hannah überlebte das Lager. Frau Braun verzog mit Tochter Hannah 1938 nach Köln und beide wurden von dort 1941 deportiert. Die Schwester von Frau Braun emigrierte 1939 nach New York.
Nebenan sehen wir das Hotel „Alt Linz“. Frau Klein geb. Wescher die ehemalige Chefin (sie wurde 1923 geboren) erzählte mir, dass sie und ihre Zwillingsschwester die Freundinnen von Hannah Braun waren. Sie sind praktisch groß geworden in dem jüdischen Haushalt. Als die Mutter Braun 1938 mit ihrer Tochter Hannah nach Köln verzog, wo sie sich versteckten, fuhr die Mutter von Frau Klein mit einer Angestellten über Jahre hinweg nach Köln mit Lebensmittel, damit die Beiden nicht verhungerten. Leider wurden sie doch gefunden und 1941 in´s KZ abtransportiert.
Als Frau Knobloch Linz besuchte, bedankte sie sich bei Frau Christel Klein mit den Worten:“ Ich freue mich sehr, dass ich sie kennen lernen durfte. Im Namen des jüd. Volkes sage ich Dank dafür, was ihre Familie an meinem Volk getan hat“.
Bürgerreporter:in:Gisela Görgens aus Quedlinburg |
6 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.