Charlotte Knobloch – beeindruckend diese Frau!
Wir alle ganz aufgeregt mit Lampenfieber und was weiß ich. Ich noch zur Stadthalle gesaust, Wasser hingebracht. Davor stand der Wagen von Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Ich kannte ihn ja schon von ein paar Tage vorher, wo der Sicherheitsdienst sich alles angesehen hatte.
Oh je, jetzt komme ich auch noch zu spät dachte ich und ab in unser historisches Rathaus. Dort waren unsere Bürgermeister aber nicht Frau Knobloch. Sie saß ganz gemütlich auf unserem Marktplatz im Cafe.
Pünktlich um 16:00 Uhr ging die Türe auf und eine unglaublich sympathische und Wärme ausstrahlende Dame betrat den Sitzungssaal. Sie wurde uns allen vorgestellt und ich, mit meiner spontanen Art, musste mich doch arg zusammennehmen, damit ich sie nicht in die Arme nahm.
Dann begann unser kleiner Spaziergang durch unsere Stadt. Frau Knobloch war sehr interessiert an den Fachwerkhäusern, den ehemals jüdischen Wohnhäuser, an der ehemaligen jüdischen Schule, der ehemaligen Synagoge, eines der ehemaligen Judenhäuser und an den nichtjüdischen Einwohnern, welche damals den Juden heimlich Lebensmittel über da kleine Tor warfen (Aussagen von Zeitzeugen). Sie bedankte sich bei Christel Klein, deren Familie ihren jüdischen Nachbarn, unter Gefahr für ihr eigenes Leben, geholfen hatten. Am Dr.-Sigmund-Wolf-Platz wurde das Mahnmal für die jüdischen Opfer der Nazi-Herrschaft besucht, die alle namentlich aufgeführt sind bis auf einen: Friedrich Levy, dessen Schicksal erst in 2009 geklärt wurde. Frau Knobloch gab die Anregung, den Namen noch „einmeiseln“ zu lassen.
Wieder zurück im Rathaus folgten die Einträge in die Goldenen Bücher der Stadt Linz und der Verbandsgemeinde Linz. Anschließend ab 17:00 Uhr ging es in die Stadthalle.
Die Festrede von Frau Knobloch, nach der musikalischen Einleitung von Johannes Fuchs mit einem Stück von Rachmaninow, konnte man hören und man fühlte sie. Mit sehr bewegenden Worten schilderte sie die Situation der Juden in Deutschland von 1945 bis zu unserer heutigen Zeit, ihre eigene Biographie als sie, die fünfjährige Tochter des Rechtsanwalts und späteren bayerischen Senators Fritz Neuland, von einer ehemaligen Hausangestellten ihres Onkels gerettet wurde. Ihr Vater brachte das Kind zum Bauernhof der katholischen Familie nach Franken, die es aufnahm. Dort galt es als uneheliches Kind der streng katholischen Tochter. 1945 kehrte Charlotte mit ihrem Vater nach München zurück. Frau Knobloch sprach davon, dass es Helfer gab in jener schlimmen Zeit, aber leider nicht genug. Sie mahnte die Jugend, die keine Schuld hat aber es in ihren Händen liegt dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder geschieht.
Der Saal war besetzt bis zum letzten Platz mit fast 200 Personen, darunter sehr viele Jugendliche.
Es war ein Höhepunkt in der 20jährigen Geschichte des Deutsch-Israelischen-Freundeskreises Linz.
Bürgerreporter:in:Gisela Görgens aus Quedlinburg |
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