Faszinierende Bäume im Leipheimer Donaumoos, Wanderung am 27.09.2013
Die Abeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos (ARGE Donaumoos) und die VHS Günzubrg und Gundelfingen luden unter Leitung von Frau Christine Wiedemann zu einer völlig neuen Thementour in das Donaumoos: Faszinierende Bäume, uralte Begleiter der Moore.
Für alle die viel Zeit in der Natur verbringen, sind Bäume vertraute Freunde. Bei meinen Wanderungen durch die Donauauen begegne ich ihnen immer wieder, uralte Festungen in einer vergänglichen Zeit. Meiner Fantasie wachsen Flügel, wenn ich im Schutz meiner greisen Freunde hocke und mit ihnen spreche. Ich komme mir dabei nie seltsam vor, denn die ruhende Beständigkeit und Stille in diesen Augenblicken folgt mir nach Hause, gibt mir Trost und Kraft. Erst vor kurzem entdeckte ich die Aussage eines Gleichgesinnten: „ Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen und ihnen zuhören weiß, der erfährt die Wahrheit. Sie predigen nicht Lehren und Rezepte, sie predigen das Urgesetz des Lebens. Hermann Hesse“
Zurück ins Donaumoos: Frau Wiedemann verstand es, die große Gruppe von über 20 Leuten mit ihren Erklärungen sofort in den Bann zu ziehen. Mystische Abendstimmung, mildes, herbstliches Wetter und interessierte, informierte Teilnehmer mit vielen Fragen und Ergänzungen trugen dazu bei, dass sich diese Wanderung zu einer ganzheitlichen, „warmen“ Erfahrung entwickelte, innige Verbindungen mit den Bäumen im Donaumoos wurden geknüpft. Gleichgesinnte.
Der erste Baum, der und vorgestellt wurde, war eine imposante „Gemeine Esche“, ein mächtiger, ca. 100 Jahre alter Baum mit gefiederten Blättern, ganz in der Nähe der friedlich weidenden Schottischen Hochlandrinder. Die Blätter der Esche färben sich nie herbstlich, sondern werden wegen einer Besonderheit in der Chlorophyllherstellung grün abgeworfen. Dieser Baum wird bis zu 40m hoch mit einer ausladenden, lichten Krone. Er liebt es, mit den Füßen im Nassen zu stehen und wächst oft zwei- oder mehrstämmig mit relativ flachen Wurzeln. Das extrem zähe und harte Holz der Esche wurde früher zur Herstellung von Rädern für Handkarren genutzt. In der Mythologie erscheint sie als „Weltenesche“ in der „Edda“, der Sammlung nordischer Dichtungen (ca. 1220). Zauberstäbe der Kelten wurden aus Eschenholz geschnitzt. Die Botschaft der Esche: majestätisch, ruhevoll, beschützend, Schutzraum, Rückzugsort. Sie wirkt einhüllend, wärmend, duldet viel, zeigt Tragfähigkeit. Ihre Kompetenzen sind Leichtigkeit und Stabilität.
Bei unserer Wanderung begegneten wir vielen unterschiedlichen Weiden, seit Jahrhunderten landschaftstypisch für Riedgebiete. Die Silberweide (Salix alba) wächst hoch mit feinem, grazilem Laub. Sie wird auch als Kopfweide bezeichnet, bzw. entsprechend geschnitten.
Die unscheinbare, buschige Öhrchenweide war früher wegen ihrer Schnittverträglichkeit ein sehr geschätzter Baum. Die Purpurweide mit ihren roten Trieben liebt das Moor. Die Kelten feierten am 21.3. jährlich das Weidenfest, das „Ostara -Fest“ (Frühjahrstagundnachtgleiche). Der Saft der Wiedenrinde enthält schmerzstillende Acetylsalicylsäure, die durch Auskochungen und als Tee extrahiert werden kann. Die Weide wurde wegen ihrer extremen Fruchtbarkeit (Austriebsfreudigkeit) der „Weißen Göttin“ zugeordnet, sie steht für das „Werden und Vergehen“. Früher glaubte man, dass Baumnymphen in den Weiden lebten, sie erscheinen in Sagen und Märchen. Die Botschaft der Weide ist Vitalität, Annehmen und Gelassenheit.
Birken sind Bäume der Moore. Im Donaumoos gibt es die Sand- und die Moorbirke. Birken sind „Pioniere“, sie suchen sich Flächen wo kein anderer Baum ist, suchen nach Sonne und Licht, sind robuste Einzelgänger. Die feine Rinde der Birke kann abgeschält werden und wurde in Notzeiten oft als Briefpapier genutzt. Die Birke versorgte in alten Zeiten die Menschen mit allem, was sie zum Leben brauchten: Aus der wasserundurchlässigen jungen Rinde wurden Umhänge, Matten und Taschen gemacht, auch Schuhe und Behälter, Löffel und Teller. Kochtöpfe nähte man aus Birkenrinde und verschloss die Nähte mit Birkenharz. Wird die Birkenrinde mit Harnstoff versetzt, gewinnt man daraus Birkenleder für wasserdichte Hausabdeckungen, Getrocknete Birkenrinde wurde eng zusammengerollt und diente als lang leuchtende Fackel. Birkenholz ist selbst in frischem oder gar nassem Zustand durch den Inhaltsstoff Betulin (Harz) leicht zu entzünden. Der Pilz, der auf altem Birkenholz wächst, ist der Zunderschwamm. Er ist leicht entflammbar und eignete sich in Zeiten, bevor es Streichhölzer und Feuerzeuge gab, wunderbar zum Feuer anzünden. Selbst Ötzi trug ihn in seiner Birkentasche mit sich.
Frau Wiedemann vermittelte uns wissenschaftliche und mythologische Informationen über die Pflanzen und Bäume, denen wir auf unserem Weg begegneten: Blätter der Schwarzerle sollen bei Abschürfungen helfen, wir hörten über die schnellwüchsige Pappel, den Faulbaum, der durch seine extreme Verbreitung über das Wurzelwerk zur unerwünschten Verbuschung der Moore beiträgt. Wir lernten, dass der Weissdorn am Waldrand lebt, weil er Sonne braucht, er gilt als Wohnplatz der Elfen und wehrt mit seinen Dornen böse Geister ab. Wir erfuhren vom Kunigundenkraut (Wasserdorst), dass sich daraus eine Tinktur herstellen lässt zur Abwehr gegen Infekte und bewunderten das Pfeiffengras (Süßgras) der Streuwiesen, das golden im Abendlicht leuchtete. Wir diskutierten über die Nutzung der vielen Heilpflanzen, Beeren und Früchte, die Herstellung von Tinkturen, Tees und Likören.
Die fundierte Sachkenntnis der naturbegeisterten Leiterin der Gruppe wurde ergänzt durch Erfahrungen und Wissen der Teilnehmer, führten zu immer neuen Diskussionen über die Wunder der Natur und deren menschlicher Nutzung. Der Wunsch nach einem „Versucherle“ einer der vielen diskutierten Extrakte der Beeren wurde geäußert, es würde die Fülle der Wahrnehmungen während der Wanderung durch ein geschmackliches Erlebnis ergänzen.
Teilnahme lohnt sich
Großen Dank an Frau Wiedemann für die Ausarbeitung und Durchführung dieser neuen Themenwanderung. Ich bin der Meinung, dass gerade der mythologische Aspekt dieser Führung die Teilnehmer inspiriert, ihre eigenen Naturerfahrungen einzuordnen, und dass er Mut macht, sich noch mehr auf die Lebendigkeit, die Seele, das Wirken und die Vielfalt des heimischen Donaumooses und der Natur einzulassen, um vielleicht doch noch das „Urgesetz des Lebens“ zu erkennen.
Bürgerreporter:in:Karola Wood aus Günzburg |
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