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Im Portrait: Vico Merklein

Wie schon im letzten Jahr stelle ich in Zusammenarbeit mit dem Behinderten Sportverband Niedersachsen die Kandidaten zur Wahl des Behindertensportler des Jahres

Heute im Portrait Vico Merklein (Handbike Marathon)

So mancher dürfte ihn darum beneiden. Gestern ist Vico Merklein nach Lanzarote geflogen – drei Wochen auf den Kanaren im Tausch gegen den ungemütlichen deutschen Winter, dazu ausgiebige Inseltouren mit dem Rad. Schöne Aussichten! Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Die Sonne des Südens verheißt dem 32-Jährigen ein anstrengendes Pensum, bei dem die meisten schwach werden würden. Bis zu 200 Kilometer wird er täglich auf seinem Handbike zurücklegen, um sich auf das bevorstehende Wettkampfjahr einzustimmen, in dem im Juli mit der Weltmeisterschaft in Kolumbien der sportliche Höhepunkt wartet.

Für Merklein, den Weltrekordhalter auf der Marathondistanz, ist das eine besondere Herausforderung. Erst seit fünf Jahren betreibt der junge Mann, der seit einem Motorradunfall am Tag vor seinem 20. Geburtstag querschnittsgelähmt ist, seinen Sport mit ganzer Konsequenz. Ein Zeitabschnitt, der auch ein großer Sieg über diesen Schicksalsschlag war. „Damals brach für mich eine Welt zusammen“, sagt Merklein. „Ich hatte immer Hummeln im Hintern. Und dann wachst du im Krankenhaus auf und denkst: Ich werde nie wieder aus dem Bett rauskommen.“

Drei Jahre habe es gedauert, um das Geschehene zu verkraften und die Unfallfolgen zu akzeptieren, sagt Merklein. Es war auf einem schmalen Grat unterwegs zwischen Verzweiflung und Hoffen, zwischen Resignation und Kampf gegen das Unfassbare. „Das Leben ist lebenswert. Trotzdem“, sagt Merklein heute – und der Sport, der ihn schon in der Jugend prägte, hat diese Erkenntnis bei ihm entscheidend mitbestimmt.

Vor sechs Jahren ist er sein erstes Rennen gefahren, mit einem sogenannten Vorschnall-Bike, über das so mancher schmunzelte. Fortan habe ihn das Wettkampffieber gepackt, sagt er – obwohl er damals gegen die besser ausgerüstete Konkurrenz keine Chance hatte. Dann kaufte ihm die Oma ein Rennbike. Merklein startete durch, und längst lacht keiner mehr über ihn. Bei einem Halbmarathon in Stuttgart erlebte er 2005 erstmals das Gefühl, das nur Sieger kennen: „Du bist im Ziel, und kein anderer ist vor dir da.“

Dass er Ehrgeiz besitzt, daraus macht der 32-Jährige, der im hessischen Langstedt zu Hause ist und für den GC Nendorf (in der Nähe von Nienburg) startet, kein Geheimnis. „Ich fahre kein Rennen, um Zweiter zu werden“, sagt er. Längst gehen die besten Handbiker mit gehörigem Respekt an den Start, wenn Merklein zum Feld gehört. Erst recht, nachdem dieser im Juli 2009 in Heidelberg den Weltrekord über die Marathondistanz um mehr als fünf Minuten auf 1:00:03 Stunden verbesserte. Zum Vergleich: Haile Gebrselassie, der weltbeste Langstreckenläufer, braucht für die 42,195 Kilometer lange Strecke zu Fuß mehr als doppelt so lange. Der Weltrekord sei nur durch gute Teamarbeit zu schaffen gewesen, sagt Merklein. Was wiederum zeigt: Sein Verständnis von sportlicher Konkurrenz ist nicht eindimensional. „Nach so einem Rennen fällt man sich in die Arme, auch wenn man den Rekord selbst knapp verpasst hat“, sagt er.

Eine Erfahrung der anderen Art hatte Merklein kurz zuvor in den USA gemacht. „Das Härteste, was ich je erlebt habe“, sagt er über das Race Across America, bei dem es zwischen Oceanside und Indianapolis mit einem Viererteam mehr als 4800 Kilometer in weniger als neun Tagen zu bewältigen galt. „Extremsportler haben wohl alle etwas am Kopf, sonst würde man so etwas nicht tun.“ Maximal drei Stunden Schlaf pro Tag, dazu der Zwang, wegen der ungeheuren Anstrengungen so viel essen zu müssen, dass einem davon fast schlecht wird: Er habe sich das alles nie im Leben vorstellen können. In den Rocky Mountains und den Appalachen im Rollstuhl wie wild mit den Händen kurbelnd die höchsten Berge hoch und runter, der Sonnenaufgang in der Wüste, die Schönheit einmaliger Landschaften: Das seien Momente, die er nie vergessen werde.

Merklein und seine drei ebenfalls körperbehinderten Begleiter kamen ans Ziel und blieben im Limit. Sie brauchten acht Tage, neun Stunden und sechs Minuten. Auch wenn das letzte Fahrradteam bei diesem Rennen unwesentlich schneller war: Merklein, obwohl mit seiner Mannschaft Letzter, durfte sich auch dieses Mal als Sieger fühlen.

Mit welchem Sportler/Trainer würden Sie gern einmal zusammenarbeiten?
Mit denen ich jetzt zusammenarbeite, also Errol Marklein, der mich trainiert, oder Ralf Lindschulten vom Behinderten-Sportverband Niedersachsen, der mir schon bei Leistungstests an der Sporthochschule Köln zur Seite gestanden hat und auf dessen Anregung hin ich mich dem GC Nendorf angeschlossen habe.

Womit belohnen Sie sich nach einer harten Trainingseinheit?
Mit einer ausgiebigen heißen Dusche. Aber auch ein Glas Rotwein ab und an ist nicht zu verachten.

Wenn sie eine Traumreise machen könnten, wohin würde sie führen?
Einmal um die Welt.

Welche kulinarische Sünde erlauben Sie sich?
Manchmal zu viele. Das merke ich dann wenig später am Hosenbund. Ich muss schon aufpassen, dass ich mein Wettkampfgewicht im Auge behalte.

Gibt es eine Lektüre, die sie besonders anregt?
Die ist leider noch nicht geschrieben worden.

Bei welchen Musikstücken im Radio möchten Sie am liebsten mitsingen?
Da gibt es viele, die mir gefallen.

Welchen Verwandten oder Freund möchten Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Meinen Papa, meinen Bruder und seine Kinder und alle meine Kumpels.

Gewännen Sie eine Medaille bei den Paralympics, wem würden Sie diesen Erfolg widmen?
Meiner Mama, die am 14. November 2009 von uns gehen musste.

Text: Norbert Fettback
Fotos: Behinderten Sportverband Niedersachsen

Abgestimmt werden kann bis zum 17. Februar entweder auf der HP des Behinderten Sportverband Niedersachsen oder in den Lotto Annahmestellen. Alle Teilnehmer der Abstimmung nehmen an einer Verlosung eines VW Polo und weiteren atraktiven Sachpreisen teil.

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