DGB, Verdi Lehrte/Sehnde, GEW sowie Mitarbeiterinnen des Textil-Einzelhändlers Charles Vögele protestieren gegen die Massenentlassungen in der Lehrter Logistikabteilung
Lehrte, den 16.04.11. Der DGB, Verdi – Lehrte/Sehnde, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Beschäftigte der Firma Charles Vögele gingen gegen Mittag in der belebten Lehrter Innenstadt an die Öffentlichkeit. Mehr als 15 Gewerkschafter verteilten Flugblätter, sammelten Unterschriften für das Volksbegehren "Gute Schulen", ließen mit Kinder Luftballons steigen und diskutierten mit Passanten über die Massenentlassung bei der Firma Vögele. Angeführt vom Betriebsratsvorsitzenden der Firma Vögele, Ullrich Radzinski bahnte sich ein 5 - Mann großer grüner Lindwurm den Weg durch die Fußgängerzone und durch einige Supermärkte und Geschäfte. Die große grüne Stoffraupe, in der vier Arbeitnehmer der Firma Charles Vögele steckten, wurde gut aufgenommen. Kinder die den Wurm sahen begleiteten das 6 Meter lange Stoffinsekt durch die Einkaufspassage.
Dem Protest vorausgegangen waren die Verhandlungen um einen Interessenausgleich bzw. Sozialplan. Beide wurden nach zähen und schwierigen Verhandlungen am 11. April abgeschlossen. Wenn Betriebsrat und Gewerkschaft auch durch die fortwährenden Nachforderungen im Verhandlungsverlauf einige finanzielle Härten durch den Sozialplan abfedern konnten, ist der Verlust der Arbeitsplätze dennoch ein herber Rückschlag für die Beschäftigte. Der Betriebsratsvorsitzende Ullrich Radzinski berichtet von einer hohen Verunsicherung und Niedergeschlagenheit unter den Betroffenen.
Obwohl Vögele schwarze Zahlen schreibt, werden Ausgliederung und Lohndumping betrieben. Bei der Firma Meyer & Meyer würden für Lagerarbeiter auf Abruf (einfache Tätigkeiten) 7,60 Euro pro Stunde und für Lagerarbeiter auf Abruf (qualifizierte Tätigkeiten) 8,40 Euro pro Stunde gezahlt. „Die Ausgliederung bei einem derartigen Abfall des Lohnniveaus, führt dazu, dass, die Beschäftigten ihr Einkommen durch Arbeitslosengeld II auf das Niveau der Grundsicherung für Arbeitssuchende aufstockten lassen müssen,“ beschreibt der örtliche DGB und ver.di Vorsitzende Reinhard Nold das zu erwartende Szenario für die betroffenen Beschäftigten bei Vögele.
Auch gehen die Gewerkschafter immer noch davon aus, dass ein Betriebsübergang nach § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch die komplette Schließung des Vögele Logistikstandortes Lehrte umgangen werden soll. Der § 613 a BGB sichere, dass die Arbeitsverhältnisse beim Betriebsübergang auf den neuen Inhaber mit übergehen. Auch Einkommen und sozialer Besitzstand sind in beschränktem Umfang und für eine begrenzte Zeit gesichert. Die Gewerkschafter empfehlen den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemäß § 613 a BGB auf Betriebsübergang zu klagen. „Nur eine Klage bringt letztendlich Klarheit in diese Angelegenheit“, ermutigt Nold die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Klageweg einzuschlagen.
Die Botschaft, dass beim Charles Vögele der Wurm drin ist, wurde im Einkaufszentrum in Lehrte mit großem Interesse entgegengenommen. Die Informationsblätter der Gewerkschafter waren schnell vergriffen und der Slogan "Gegen den Wurm bei Vögele" von vielen bestätigt. Überraschend viele Passanten zeigten sich über die Ereignisse rund um die Massenentlassungen bei Vögele schockiert, aber gut informiert.
Die im Einkaufszentrum unbeobachteten Arbeitnehmer des Unternehmens ermutigten die ver.di-Betriebsräte durchzuhalten und sich nicht unterkriegen zu lassen. Arbeitnehmerinteressen und gesellschaftliche Interessen müssen Vorrang vor Profitgier der Unternehmen haben.
Die etwa 15 Teilnehmer des DGB, der GEW und von Ver.di - Lehrte hatten am Ende der Aktion alle Flugblätter verteilt, mit Kinder über 100 Luftballons gestartet, reichlich Unterschriften für das Volksbegehren "Gute Schulen" gesammelt und waren höchst zufrieden mit der Resonanz und dem anhaltend großen Interesse. "Uns zeigt es, dass es trotz aller Ausgliederungen und Lohndumpingaktionen der Arbeitgeber viele aufmerksame Kolleginnen und Kollegen gibt, die sehr wohl erkennen, worum es den Unternehmen wirklich geht: ohne Kontrolle und häufig durch die politische Gesetzgebung unterstützt frei walten zu können“, sagte ein Lehrter Bürger. „Der gesetzliche Mindestlohn muss, damit die Ausgliederungswelle und das Lohndumping aufhören.“
"Haltet durch lasst den Kopf nicht hängen" war der Apell der meisten Bürger an die Beschäftigten bei Charles Vögele und an die Gewerkschafter.