DGB sieht ÖPP-Finanzierungsmodell der Lehrter Feuerwache kritisch
Der DGB-Vorsitzende Reinhard Nold fordert kreditfinanzierte Investitionen, bei der die Kommunen dank der aktuellen Niedrigzinsen selbst für längerfristige Kredite keine Zinsen zahlen müssten anstelle von Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP). „Damit bestünde die historische Chance, die häufig marode öffentliche Infrastruktur zum Nulltarif zu modernisieren und die Grundlage für Wachstum und ein intaktes Gemeinwesen zu schaffen. Das wäre vernünftig und gerecht – gerade gegenüber zukünftigen Generationen“, so Nold.
Die von der Beratungsgesellschaft für Behörden (VDB) ermittelte Einsparung von 12,3 Prozent beim Bau der Feuerwache scheint auch die Lehrter Ratspolitiker zu beeindrucken, doch tatsächlich gäbe es laut Nold keinen Beweis dafür, dass es sich bei dem favorisierten ÖPP-Modell tatsächlich um eine effiziente Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen handele. ÖPPs gewähren vielmehr privaten Unternehmen langfristig staatliche Garantien für profitable Geschäfte.
„Negative Beispiele für gescheiterte ÖPP-Verfahren gibt es viele. Die Europäische Kommission hat in Portugal und Zypern die Umsetzung von ÖPP-Modelle als Mitursache der Haushaltskrise ermittelt“, so Nold in einer Stellungnahme. „Zum Beispiel wurde in Frankreich im Jahr 2004 ein Gesetz erlassen, um ÖPP-Modelle einzuführen. Im Jahr 2010 waren bereits 3,25 Milliarden Euro für ÖPPs unterschrieben, die eine ganze Reihe von Problemen verursachten. Das ÖPP-Gesetz stand auf dem Prüfstand des Verfassungsrates, der den Anwendungsbereich einschränkte. Es entstanden immer wieder höhere Finanzierungskosten, wie beim neuen Hauptsitz des französischen Verteidigungsministeriums, wo eine Investition von 745 Millionen Euro vorgesehen war, doch die tatsächlichen Gesamtkosten betrugen 3,5 Milliarden Euro.“
Die Erfahrung, so der DGB-Vorsitzende weiter, habe vielfach gezeigt, dass lokale, bundesstaatliche sowie zentrale Regierungen ihre Investitionen fernab von ÖPP-Konstruktionen zinsgünstiger refinanzieren können. Traditionelle Modelle zeichneten sich auch gegenüber ÖPP durch größere Flexibilität, bessere Kontrolle und mehr Effizienz aus. Die Transaktionskosten seien niedriger, die vertraglichen Unsicherheiten geringer und Einsparungen höher. Dazu kämen Effizienzsteigerungen.
Deshalb appelliert der DGB Lehrte an die Ratspolitiker, keine Grundsatzentscheidungen zugunsten weiterer ÖPP Modelle zu treffen und zukünftig auf diese Art der Privatisierung zu verzichten.
Hallo Herr Nold ,
der DGB hat mit seiner Skepsis Recht.
Zunächst gibt es 10 höchst unterschiedliche Modelle der Vertragsgestaltung. Selbst Fachleute haben da ihre Schwierugkeiten durchzufinden.
Dann der Bundesrechnungshof warnt vor diesen Modellen , da die Rechtslage noch nicht eindeutig ist.
ATTAC moniert , daß eine Kontrolle durch den Rat oder Parlament nicht mehr möglich ist!! In diesem Falle heißt das, daß die Kommune machtlos ausgeliefert ist , aber zahlen muß!!
Wenn dann der Rat der Meinung ist , die angeblichen überragenden Vorteile nutzen zu müssen , ist eine Grundvoraussetzung , daß das gesamte Vertrags- und Zahlenwerk durch einen unabhängigen , vereidigten Wirtschaftsprüfer durchgerechnet wird. Falls dann das Risiko in einem vertretbaren Rahmen sein sollte , dann kann man an dieses Modell denken.Aber nur dann!
Als Schlußbemerkung: Nur finanzschwache Kommunen , die mit dem Rücken zur Wand stehen , nutzen solche fragwürdigen Modelle. Angeblich ist Lehrte finanziell gut aufgestellt! Es bedarf einer gründlichen Untersuchung der städtischen Finanzen und der städtischen Töchter , um eine treffende Antwort zu finden.
Nach Ratsprotokollen in den vergangenen Jahren hatte der Konzern Stadt Lehrte ein Defizit von ca. 36 Mio.€ Seitdem sind laufend neue Verbindlichkeiten hinzugekommen. Vielleicht erklärt diese Tatsache das angestrebte Finanzierungsmodell ÖPP.