9. Wahl zum/ zur BehindertensportlerIn des Jahres

Alke Behrens im Portrait | Foto: Dankend vom Behinderten Sportverband Niedersachsen zur Verfügung gestellt.
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Zum 9. mal veranstaltet der Behinderten Sportverband Niedersachsen die Wahl zur/zum BehindertensportlerIn des Jahres (Weiter Informationen zur Wahl weiter unten)

Folgende Sportler stehen in diesem Jahr zur Wahl des Behindertensportler des Jahres

Alke Behrens (Rollstuhlbasketball, Team BEB / RSC Oldenburg):

Die Paralympics in Peking waren für Rollstuhlbasketballerin Alke Behrens unumstritten der größte Erfolg ihrer bisherigen sportlichen Karriere. Nicht zuletzt, weil sie erst wenige Wochen vor dem Beginn der Spiele in den Kader berufen wurde, da eine andere Spielerin ausfiel, weiß sie dieses großartige Erlebnis und den Erfolg der gewonnenen Silbermedaille besonders zu schätzen. „Es war schon ein Geschenk, überhaupt dabei sein zu dürfen, und ich bin wirklich stolz, einen kleinen Teil zur Medaille beigetragen zu haben“, erklärt sie. Nach ihrem Unfall im Jahr 1996, seit dem sie wegen einer Querschnittlähmung auf den Rollstuhl angewiesen ist, hätte sich die ehemalige Handballerin niemals träumen lassen, einmal leidenschaftlich gern Körbe zu werfen. „Ich komme aus einer typischen Handball-Gegend und fand Basketball früher immer doof“, sagt die Sprachheilpädagogin. Zudem hielten sie gesundheitliche Probleme vom Sporttreiben ab. Als sie sich zu Beginn ihres Studiums schließlich doch in den Sportrollstuhl setzte und das Basketballspiel ausprobierte, packte sie jedoch der Ehrgeiz. Und der wurde belohnt: Alke Behrens arbeitete sich mit großem Trainingsfleiß in die Nationalmannschaft hoch und gewann mit dieser im Jahr 2005 den Europameistertitel. Zwei Jahre später wiederholte das Team den EM-Erfolg in Weimar und toppte diesen im vergangenen Jahr in Peking sogar noch: Alke Behrens brachte damit Niedersachsens einzige Medaille mit nach Hause. Ihre zukünftigen sportlichen Ziele formuliert die 29-Jährige, die für das Team BEB / SG Oldenburg/Sünteltal startet, zurzeit eher vorsichtig: „Da wir mit der Vereinsmannschaft gerade frisch in die 2. Bundesliga aufgestiegen sind und eine neu formierte Mannschaft haben, wollen wir in der Saison erstmal gut mitspielen“, erklärt sie. Alles Weitere, wie etwa die Paralympics in London 2012, sei für sie noch zu weit weg. Die Kandidatur zur Behindertensportlerin des Jahres sieht sie ganz im Interesse des Rollstuhlbasketballs: „Es ist schön, dass unsere Sportart wieder bei der Wahl vertreten ist.“

Christian Götze (Rollstuhlrugby, Team BEB / VFL Grasdorf)

Vor knapp zehn Jahren kam der 34-jährige Christian Götze vom Team BEB / VFL Grasdorf zum Rollstuhlrugby und hat gewissermaßen die Anfänge dieses rasanten Sports in Deutschland miterlebt. „Die Schnelligkeit und das körperbetonte Agieren sind einfach toll“, begründet er seine Leidenschaft für diesen Sport. Seit einem Badeunfall im August 1997 ist der querschnittgelähmte Athlet auf den Rollstuhl angewiesen und hat bereits während der Rehabilitation nach einer geeigneten Mannschaftssportart gesucht. „Als ich Rollstuhlrugby zum ersten Mal im Fernsehen gesehen habe, war ich begeistert und habe mir sofort gedacht, das will ich machen'“, erinnert er sich. Seitdem hat er sich durch engagiertes Training in der ersten Bundesliga und in der Championsleague fest etabliert und spielt seit fast zwei Jahren im deutschen Nationalkader. Mit diesem belegte er bei den Paralympics im vergangenen Jahr den sechsten Rang, zeigt sich jedoch mit der Leistung nur mittelmäßig zufrieden. „Im Vergleich zu Athen haben wir uns um einen Platz verbessert, das ist auf jeden Fall ein Erfolg.“ Zahlreiche individuelle Fehler seien jedoch der Grund dafür, dass das Team einige Begegnungen hoch verlor. Dennoch kann das Ergebnis als kleine Sensation gesehen werden, weil die Platzierung seit dem Bestehen der deutschen Nationalmannschaft der größte Erfolg ist. Besonders wichtig scheint Christian Götze aber die Wirkung zu sein, die sein Sport in der Öffentlichkeit hinterlassen hat. „Viele Menschen sind durch die Fernsehübertragungen überhaupt erst auf Rollstuhlrugby aufmerksam geworden und waren von dem, was sie gesehen haben, begeistert“, erklärt er und hofft, dass nicht nur der Wiedererkennungswert dieser rasanten Mannschaftssportart gestiegen ist. Im Jahr 2009 stehen für Christian Götze einige internationale Turniere in den USA auf dem Programm. Unumstrittener Höhepunkt werden jedoch die Europameisterschaften, die im Oktober in Dänemark stattfinden.

Siglind Koehler (Rudern, Team BEB / DRC Hannover)

Eigentlich wollte Siglind Koehler vom Team BEB / DRC Hannover einmal in den ganz großen Pferdesport einsteigen und hatte mit ihrer Ausbildung zur Pferdewirtin und ihrer Arbeit auf einer US-amerikanischen Pferderanch bereits alle Vorkehrungen dafür getroffen. Ihr Traum: einmal auf der Pferderennbahn arbeiten. Doch dann passierte im Jahr 2001 der schreckliche Unfall: Ihr rechter Unterschenkel musste amputiert werden, der Traum zerplatzte. Das ist jetzt fast acht Jahre her, und in der Zwischenzeit reihten sich im Leben der mittlerweile 31-Jährigen zahlreiche Erlebnisse aneinander. Nach einer Umschulung zur Bürokauffrau zog sie für einige Jahre nach Südafrika und half dort beim Aufbau eines therapeutischen Reitzentrums, wo sie mit zum Teil schwerst behinderten Menschen arbeitete. Südafrika war es schließlich auch, wo sie den Rudersport kennen und lieben lernte. Ein Bekannter sprach die sportliche Deutsche im Fitnessstudio an und fragte, ob sie nicht Lust hätte, zu rudern. Was folgte, war hartes Training, eine Menge Spaß und zu guter Letzt im Vierer mit Steuermann sogar Erfolge bei Ruderregatten: ein dritter Platz bei den Südafrika-Meisterschaften und Platz vier beim Worldcup 2006 in Amsterdam. Mit dem Ziel, sich mit dem gemischten Zweier, in dem sie in der Startklasse TA nur mit dem Oberkörper und den Armen rudert, für die Paralympics zu qualifizieren, kam sie 2007 zurück nach Deutschland. Der Sieg beim Worldcup in München 2008 sicherte ihr schließlich im letzten Moment die Fahrkarte nach Peking. Und mittlerweile liegen auch die Spiele mit dem neunten Rang in der Gesamtwertung hinter ihr, und Siglind Koehler peilt neue Ziele an. „Ich absolviere ein Fernstudium zur Sport- und Fitnesstrainerin. Wenn ich im Oktober meine Prüfung hinter mir habe, möchte ich gern im Rehabilitationssport oder in einem Krankenhaus mit Rehabilitationseinrichtung arbeiten“, sagt sie. Mit einer festen Anstellung und einer Freistellung für die Wettkampfvorbereitung kann sie sich sogar vorstellen, die Vorbereitung auf die Paralympics 2012 in London in Angriff zu nehmen.

Kai Sehmer (Golf, VFB Fallersleben / Lebenshilfe Wolfsburg)

Kai Sehmer ist der wohl erfolgreichste deutsche Golfer mit einer geistigen Behinderung, gewann er doch bei den Special Olympics in Karlsruhe im vergangenen Jahr gleich zwei Goldmedaillen. Darüber hinaus ist er amtierender Deutscher Meister in der Sparte Mental Behinderte und spielt regelmäßig auf internationalen Turnieren in Holland, Frankreich, Dänemark und Österreich. Das Ungewöhnliche daran: Die europäische Turniersatzung lässt nur Golfer mit einem körperlichen Handicap zu den Wettbewerben zu. Doch mit einer persönlichen Einladung vom Veranstalter darf auch Kai Sehmer mitspielen und erhält für seine sehr guten Leistungen häufig Sonderpreise und Auszeichnungen. Der 40-Jährige ist darauf sehr stolz und hat durch die vielen Erfolge enorm an Selbstbewusstsein gewonnen. Der Wolfsburger, der immer ein Lächeln auf den Lippen hat und ohne Scheu auf fremde Menschen zugeht, ist höflich und zurückhaltend, besteht aber mit einem „Ordnung muss sein“ auf seine ganz konkreten Vorstellungen von bestimmten Abläufen. Mit seiner konsequenten Einstellung und viel Trainingsfleiß hat es der Golfer vom VfB Fallersleben neben dem sportlichen Erfolg auch zu großer Beliebtheit gebracht. Die Vielzahl der Einladungen zu internationalen Behindertenmeisterschaften zeigt, wie bekannt Kai Sehmer mittlerweile ist und wie gern er auf den Veranstaltungen gesehen wird. Auch in seinem privaten und beruflichen Umfeld hat Kai Sehmer, der in der Werkstatt der Lebenshilfe Wolfsburg in der Kleinteilemontage arbeitet, viele Freunde, mit denen er beispielsweise zweimal pro Woche schwimmen geht. Genauso häufig arbeitet er an seiner Golftechnik, ergänzt dieses Training im Winter durch Skigymnastik, Radfahren und Gymnastik und macht zu Hause Übungen mit den Hanteln und dem Thera-Band. Die Nominierung zur Wahl Behindertensportler des Jahres ist für ihn etwas ganz Besonderes: „Das ist ganz schön aufregend für mich. Ich freu' mich sehr auf den 19. März“, sagt er deshalb immer wieder und strahlt dabei über das ganze Gesicht.

Edith Voigt (Leichtathletik, BSG Delmenhorst / Lebenshilfe Delmenhorst)

Zwei prall gefüllte Aktenordner sind Edith Voigts ganzer Stolz und dokumentieren darüber hinaus ihre gesamte bisherige Laufkarriere. Denn die 46-jährige Marathonläuferin mit einer geistigen Behinderung, die für die BSG Delmenhorst / Lebenshilfe Delmenhorst an den Start geht, bewahrt in diesen Ordnern die stolze Anzahl von 174 Urkunden auf, die sie seit ihrem ersten Wettkampf im Jahr 1994 bei den unterschiedlichsten Laufveranstaltungen verliehen bekommen hat und die sie gern zeigt. Dabei sind die Platzierungen und die gelaufenen Zeiten für sie zweitrangig, wichtiger sind ihr die Erinnerungen an die vielen Zuschauer entlang der Strecke und gutes Wetter. „Ankommen ist wichtig“, sagt sie nachdrücklich. Pro Jahr nimmt die lebenslustige Läuferin an etwa 20 Wettkämpfen im Umkreis von Delmenhorst und Bremen teil. Ganz besonders gern erinnert sich Edith Voigt aber an ihre ganz persönlichen Höhepunkte, den Hamburg Marathon 2007 und den Ruhrmarathon 2008, die sie zusammen mit ihrem Betreuer bewältigt hat. Und den nächsten Stadtmarathon hat sie bereits in Angriff genommen. Anfang Mai möchte sie die knapp 42,2 Kilometer gern in Hannover laufen. Um auch bei dieser Veranstaltung wieder glücklich ins Ziel zu kommen und sich die heiß ersehnte Belohnung – eine Siegermedaille – umhängen zu können, dreht die ehrgeizige Athletin drei Mal pro Woche ihre Trainingsrunden. Zwar immer auf der gleichen 3,2 Kilometer langen Runde, aber eisern wie eine Maschine. Selbst die langen Einheiten von bis zu 30 Kilometern, die so wichtig für die Marathon-Vorbereitung sind, absolviert sie mit ihren schnellen kurzen Schritten allein. Darüber hinaus geht die sportbegeisterte Töpferin der Delme-Werkstatt regelmäßig schwimmen, hat im Jahr 2008 zum 15. Mal das goldene Sportabzeichen abgelegt und beim internationalen Behindertensportfest in Wilhelmshaven zum wiederholten Mal die Tischtennis-Einzelwertung gewonnen. Edith Voigt ist eben eine echt Sportskanone, die ohne die fast tägliche Bewegung „nur eine halbe Edith“ wäre, wie sie sagt.

Jörg Wedde (Sledge-Eishockey, Team BEB / SC Langenhagen)

Fünfmaliger Deutscher Meister, Paralympics-Teilnehmer, WM-Fünfter und Kapitän der Nationalmannschaft – Sledge-Eishockey-Spieler Jörg Wedde vom SC Langenhagen blickt auf eine ereignisreiche Zeit zurück. Und das, obwohl der 43-Jährige erst spät seine Leidenschaft für den Sport entdeckte. Nachdem ihm infolge eines Bahnunfalls im Alter von 13 Jahren beide Unterschenkel amputiert werden mussten, verweigerte er sich lange Zeit dem Sport, wie er sagt. „Für den Schulsport hatte ich ein dauerhaftes Attest.“ Als Sledge-Eishockey im Winter 1996/1997 nach Deutschland kam und ein Freund ihn mit zum Training nehmen wollte, war er „einfach noch nicht bereit, die Prothesen auszuziehen und mich in einen Schlitten zu setzen“, erklärt er. Erst 2002, im Alter von 37 Jahren, wagte er dann doch den entscheidenden Schritt auf das Eis.
Jörg Wedde hat in seiner Behinderung nie „etwas Negatives“ gesehen und sich nie „anders“ gefühlt. Vielleicht hatte er deshalb Schwierigkeiten, sich auf den Behindertensport einzulassen. Mittlerweile sieht er das differenzierter: „Andere ziehen sich Schlittschuhe an, ich setze mich in den Schlitten.“ Seit 2008 ist er sogar Kapitän der Nationalmannschaft. „Ich mach das sehr gern. Man nimmt eine Vermittlerrolle zwischen Trainern und Mannschaft ein und versucht, Anweisungen und Wünsche in beide Richtungen zu kommunizieren.“ Besonders nach einem Vier-Augen-Gespräch komme er sich manchmal vor „wie ein Priester mit Beichtgeheimnis“. Oft genug werden ihm private Schwierigkeiten anvertraut, und für die jüngeren Spieler hat er zudem eine Vorbildfunktion hinsichtlich Kommunikation und Fairness. „Dabei gebe ich, wie sonst auch, immer 105 Prozent.“ Vollen Einsatz wird er auch hinsichtlich seiner weiteren Ziele zeigen. Bei den Weltmeisterschaften Anfang April will er sich direkt für die Paralympics 2010 in Vancouver qualifizieren. Die Voraussetzung dafür ist das Erreichen des sechsten Platzes. Die größte Herausforderung liegt in den eigenen Reihen: „Da die Mannschaft sich seit Turin verändert hat, muss sie sich bis zur WM neu finden.“

Text und Bilder: Behinderten Sportverband Niedersachsen

Hinweis: Gewählt werden kann (vom 13. Februar bis zum 11. März) in den Lotto-Annahmestellen in Niedersachsen, den Geschäftsstellen der Hannoverschen Volksbank, mittels der Stimmkarte in der HAZ und weiteren Tageszeitungen, der Stimmkarten der Magazine des BSN und des LandesSportBundes, im Sportleistungszentrum Hannover und im Internet auf der Homepage des BSN http://www.bsn-ev.de.

Bürgerreporter:in:

Lars Klingenberg aus Lehrte

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