Tierische Invasoren breiten sich schnell aus
Monitoring der Jäger liefert fundierte Daten für Waschbär, Marderhund und Mink
djv - In mehr als 27.000 Jagdrevieren – etwa der Hälfte der unbebauten Fläche Deutschlands – haben Jäger 2011 das Vorkommen von so genannten invasiven Arten ermittelt und über das Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands (WILD) wissenschaftlich auswerten lassen. Diese dritte, in dieser Größenordnung einmalige Bestandsaufnahme nach 2006 und 2009 zeigt eindeutig: Mink, Marderhund und allen voran der Waschbär breiten sich rasant aus – mit negativen Folgen für die heimische Tierwelt. Die aktuellen Verbreitungskarten stellte der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) heute auf dem Bundesjägertag in Pforzheim vor. Der Verband forderte von der Bundesregierung auf Basis des Bundesnaturschutzgesetzes ein verstärktes Monitoring nichtheimischer Arten sowie deren effektive Kontrolle. Unabdingbar ist dabei der Einsatz von Fallen, da Waschbär, Marderhund und Mink nachtaktiv sind. „Ein Verbot der Fallenjagd wie von manchen Kreisen gefordert, wäre kontraproduktiv für den Naturschutz“, betonte DJV-Präsident Hartwig Fischer. Als Grundlage für das Monitoring bieten die Jäger WILD an, mit dem bereits zahlreiche Tierarten erfasst werden.
Mittlerweile kommt der Waschbär von Nordrhein-Westfalen über Hessen bis nach Brandenburg vor, wie WILD-Daten zeigen. Besonders schnell verbreitet er sich in Brandenburg: Dort konnten Jäger ihn im Vergleich zu 2005 in knapp einem Drittel mehr Revieren nachweisen. Der aus Nordamerika stammende Kleinbär ist im Kerngebiet (Hessen, Thüringen, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt) in 66 Prozent der Jagdreviere vertreten. 2005 waren es lediglich 45 Prozent.
Der Marderhund erreichte das größte Plus im Fünf-Jahres-Vergleich in Sachsen-Anhalt mit 20 Prozentpunkten. Staupe und Räude haben seine Bestände allerdings in den letzten Jahren regional dezimiert, sodass er in Mecklenburg-Vorpommern in fünf Prozent weniger Revieren gesichtet wurde. Der Marderhund hat sich seit den 1990er Jahren von Russland bis an die deutsche Nordsee ausgebreitet. In seinem Hauptverbreitungsgebiet (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt) wurde der ursprünglich aus China stammende Exot in 76 Prozent aller Jagdreviere nachgewiesen, 64 Prozent waren es 2005.
Der Mink – oder Amerikanische Nerz – hat dasselbe Kerngebiet wie der Marderhund, allerdings nur einstellige Zuwächse beim Vorkommen in Jagdrevieren. Von 2005 bis 2011 lagen die Steigerungen bei bis zu sieben Prozentpunkten (Brandenburg). Der Mink kann in europäischen Vogelschutzgebieten bei Wasservögeln einen Totalverlust der Gelege verursachen. Dort wo sich der Räuber etabliert, verdrängt er sofern noch vorhanden, den Europäischen Nerz und macht eine Wiederansiedlung unmöglich. Der Europäisch Nerz gilt als eines der am stärksten vom Aussterben bedrohte heimische Säugetier.
Invasive Arten sind extrem anpassungsfähig in Bezug auf Nahrung und Lebensraum und sie erobern in Ökosystemen bisher unbesetzte Nischen. Ihr Einfluss auf die heimische Tierwelt in Deutschland ist nachgewiesen. Der Waschbär beispielsweise wird verantwortlich gemacht für den Niedergang der stark gefährdeten Europäischen Sumpfschildkröte in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Gefährdet sind nicht nur die Eier der Reptilien, sondern auch erwachsene Exemplare. In Sachsen-Anhalt hat der Waschbär Europas größte Graureiher-Kolonie mit bis zu 420 Brutpaaren auf dem Gewissen. Und in Thüringen haben Waschbären bereits jeden fünften Horst des Uhus, unserer größten heimischen Eulenart, erobert. Auch international werden tierische Neubürger mit Argwohn betrachtet: Die EU-Kommission listet Marderhund, Mink und Waschbär unter den 100 schlimmsten invasiven Arten, die Berner Konvention empfiehlt, diese Arten streng zu kontrollieren, da sie die Biologische Vielfalt gefährden.
> Der Marderhund hat sich seit den 1990er Jahren von Russland bis an die deutsche Nordsee ausgebreitet.
Wildtiere wandern eben.
Bejagen ist ein Versuch der Eindämmung, schützt aber nicht vor Nachwanderung.