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„Jäger sollten Kritik nicht als grundsätzliche Gegnerschaft auffassen“

  • Eckhard Fuhr, Korrespondent WELT-Gruppe
  • Foto: © djv
  • hochgeladen von Karl-Heinz Huber

Interview: Eckhard Fuhr erklärt, "warum es schön, gut und vernünftig ist, auf die Pirsch zu gehen“

Eckhard Fuhr ist nicht nur Jäger auf den Rieselfeldern von Pankow, bei Berlin. Er ist auch Journalist, der in Berlins Szenebezirk Prenzlauer Berg lebt.

djv Berlin - Vor dem Morgengrauen zieht er mit Hund und Gewehr zu seinem Wagen, der vor dem Veganer-Laden um die Ecke parkt. Und dorthin kehrt er zur Mittagszeit oft mit Beute zurück, wenn Tofu-Burger in den zahlreichen Bio-Lokalen verspeist werden. In unseren urbanen Räumen entscheidet sich nicht nur im politischen, sondern immer mehr im gesellschaftlichen Diskurs, ob die Jagd eine Zukunft hat.

Mit seinem Buch Jagdlust will Fuhr das Waidwerk in die Großstadt schmuggeln, dort wo ökologisch essen und leben voll im Trend ist – aber bitte ohne, dass Tiere dafür leiden müssen. In zehn Kapiteln behandelt er die elementaren Bestandteile der Jagd, ganz ohne überkandidelte Jägersprache und ohne belehrend zu sein. Der DJV traf den passionierten Jäger auf einer seiner Lesungen und bat ihn zum Interview.

DJV: Herr Fuhr, herzlichen Glückwunsch zum Buch – können Sie sich jetzt in Ihrem Kiez überhaupt noch in einem Veganer-Laden sehen lassen oder schmeckt Ihnen die fleischfreie Kost gar nicht?

Eckhard Fuhr: Ich lebe natürlich nicht vegan. Wie könnte ich das als Jäger? Deshalb war ich auch noch nie in dem veganen Supermarkt. Ich kenne ihn nur von außen. Meine Frau hat einmal bei einer Werbeveranstaltung Steak-Ersatz probiert. Sie fand ihn ungenießbar. Ich esse übrigens bei weitem nicht jeden Tag Fleisch oder Wurst. Und ich respektiere es, wenn Menschen aus ethischer Überzeugung auf Fleisch verzichten. Wenn man mich allerdings missionieren will, werde ich grantig.

Apropos Geschmack – haben Sie ein Lieblingswildgericht?

Das beste Wild, das ich je gegessen habe, war Damkalb. Leider habe ich nicht oft Gelegenheit, auf Damwild zu jagen. Ansonsten bin ich mit ausgelöstem Rehrücken, kurz gebraten in Olivenöl und mit einem Rosmarinzweig und einer Knoblauchzehe in der Pfanne, vollkommen glücklich. Wild braucht keine aufwändige Zubereitung. Eine Entdeckung war Brust von der Nilgans. Nilgänse sind in meinem südhessischen Revier am Rhein inzwischen sehr häufig. Sie bereichern die Speisekarte. Leider setzen sie offenbar den Stockenten zu, weil sie gegenüber anderem Wasserwild sehr aggressiv sind.

Als Sie Ihr Buch „Jagdlust“ schrieben – welche Zielgruppe hatten Sie da vor Augen?

Ich wollte ein Buch für Jäger und Nichtjäger schreiben. Jäger sollen angeregt werden, über ihr eigenes Tun nachzudenken. Nichtjägern soll ein Zugang zur Welt der Jagd eröffnet werden. Ich habe mich immer von der Frage leiten lassen, was mich persönlich an der Jagd so fasziniert, dass sie längst nicht mehr nur ein „Hobby“ oder ein „Ausgleich“ ist, sondern ein wesentlicher, auch beruflicher Lebensinhalt. Jagdthemen nehmen in meiner journalistischen Arbeit einen immer größeren Raum ein.

In Ihrem Buch sprechen Sie gleich zu Beginn davon, in Ihrer Eigenschaft als Jäger noch nie „angepöbelt“ worden zu sein. Gleichwohl weht den deutschen Jägern von Jagdgegnern anhaltend heftiger Wind entgegen. Ein Trugschluss?

Ich habe tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass die erste Reaktion, wenn ich mich als Jäger zu erkennen gebe, Neugier und nicht Ablehnung ist. Die fundamentalistischen Jagdgegner sind eine, wenn auch lautstarke, Minderheit. Wir Jäger sollten Kritik nicht gleich als grundsätzliche Gegnerschaft auffassen. Es ist ja verständlich, dass man sich nicht gerne „von außen“ in die eigenen Angelegenheiten hinein reden lässt. Aber über die Zukunft der Jagd in dieser Gesellschaft entscheiden die Nichtjäger. Und da sehe ich eigentlich gar nicht so schwarz. Wer allerdings etwa ein Verbot von Bleimunition oder der Hundearbeit mit der lebenden Ente oder die Verlängerung der Bockjagdzeit bis zum 31. Januar für einen jagdlichen Weltuntergang hält, dem kann ich auch nicht helfen.

Sie besitzen seit bald 20 Jahren Ihren Jagdschein. Gab es einen Anlass, das Buch gerade jetzt zu schreiben?

Ich hatte das schon lange vor. Als der neu gegründete Quadriga-Verlag, der mit meinem journalistischen Arbeitgeber Springer kooperiert, sich bereit zeigte, ein Jagdbuch in sein Programm aufzunehmen, war das für mich der Anstoß, endlich zu Potte zu kommen. Ich wollte das Buch in einem allgemeinen Publikumsverlag und nicht in einem Fachverlag veröffentlichen.

Seit jeher wurde von Menschen gejagt, der Begriff „Jäger und Sammler“ ist eingängig. Wie sieht Ihrer Ansicht nach der Jäger von heute aus?

Der Jäger ist im besten Falle ein Mensch, der weiß, wo wir geschichtlich herkommen. Jagen ist tatsächlich ein Urtrieb, der allerdings in vielen Jahrhunderten kulturell durchgearbeitet worden ist. Einfach nur zu sagen, wir fänden im Jagen den Anschluss an das Archaische, das genügt nicht. Wir jagen heute in einer Kulturlandschaft. Das setzt uns den Rahmen und daraus ergeben sich Verpflichtungen. Als Einschränkung empfinde ich das nicht. Es ist eben eine andere Jagd als die etwa der Inuit oder der Indianer im Norden Kanadas. Sie ist eher ein Teil der Land- und Forstwirtschaft. Gleichwohl träume ich davon, einmal, ohne jeden Trophäenhintergedanken, an der Subsistenzjagd im hohen Norden teilzunehmen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Jagd?

Ganz einfach: Dass Jäger mit Leidenschaft Beute machen und sich mit ebenso großer Leidenschaft an der Bewahrung unserer wunderbar vielfältigen Kulturlandschaft beteiligen. Und dass die Jagd in der breiten Öffentlichkeit als ein ganz selbstverständlicher Teil der Land- und Forstwirtschaft betrachtet wird. Es wäre übrigens nicht schlecht, wenn die Jagd ein Teil der landwirtschaftlichen Ausbildung würde und der forstlichen Ausbildung bliebe.

Noch etwas Persönliches: Wie lebt es sich als Jäger in der „hippen“ Großstadt?

Berlin ist eine Metropole, in der Wald und Jagd eine größere Rolle spielen als viele denken. Die Stadt hat einen riesigen Waldbesitz auch außerhalb der Stadtgrenzen. Und von meiner Wohnung im „Szeneviertel“ Prenzlauer Berg brauche ich zu meinem Jagdgebiet auf den Flächen des ehemaligen Stadtgutes Blankenfelde kaum 20 Minuten. Als „Hauptstadt der Wildschweine“ hat Berlin inzwischen Weltruhm erlangt. Man kann sich als Jäger in Berlin also ganz gut aufgehoben fühlen. Und in die Uckermark oder den Fläming ist es nun wirklich nicht weit. Allerdings zieht es mich immer wieder in meine nicht nur jagdlich erste Heimat, ins Hessische Ried, wo ich ein Revier und einen Wohnsitz habe.

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1 Kommentar

Interessantes Interview.

> "Ich lebe natürlich nicht vegan. Wie könnte ich das als Jäger?"

Das verstehe ich nicht. Wenn man Jagd als Umwelt schützende Handlung oder Schädlingsbekämpfung betreibt, kann man doch trotzdem vegan essen - und sogar aus ethischen Gründen, denn Essen ist eine Sache und z.B. Schädlingsbekämpfung eine andere Sache (und Veganer töten auch Schädlinge, wenn nötig).

> "Gleichwohl träume ich davon, einmal, ohne jeden Trophäenhintergedanken, an der Subsistenzjagd im hohen Norden teilzunehmen."

Müsste man dazu nicht tatsächlich so dort leben, dass man sich mit der Jagd dauerhaft ernähren müsste?!
Als Urlaubserlebnis wäre man doch viel zu sehr noch in der Zivilisation verankert und dem Gedanken, wenn ich jetzt nicht treffe, kann ich ja notfalls wieder futtern, wenn ich zuhause bin ;)

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