myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Wo die Brüder Grimm in Marburg wirklich wohnten

Bisher war es unstrittig: Ein Schild an dem Haus Barfüßerstraße 35, angebracht 1886 - im Jahr des 100. Geburtstags von Wilhelm Grimm - weist noch heute darauf hin: „Hier wohnten Jacob und Wilhelm Grimm 1802 bis 1805“. Und der, der es - in dankbarer Erinnerung an seine Märchen sammelnden Paten - hat anbringen lassen, Ferdinand Bang, war ein Sohn des Goßfeldener Pfarrers Johann Heinrich Christian Bang, der – wie auch die Brüder Grimm - zu dem Romantikerkreis um Professor Friedrich Carl von Savigny gehörte und die Grimms bei der Sagensammlung und dem Wörterbuch unterstützte.
Eigentlich war ja schon immer bekannt, dass die auf der Tafel zitierten Jahreszahlen für beide Brüder nicht stimmen, denn der ein Jahr ältere Jacob hat auch ein Jahr vor Wilhelm in Marburg angefangen zu studieren und das war 1802. Wilhelm kam dann 1803 nach. Und so war es auch mit der Beendigung der Studien in Marburg. Während Jacob in 1805 mit Savigny nach Paris ging, hat Wilhelm in 1806 in Marburg sein Studium abgeschlossen.
Die Jahreszahlen auf der Tafel bezeichnen also lediglich den Einzug von Jacob Grimm (Beginn des Studiums) in und dessen Wegzug aus Marburg.

Wenn also schon die Daten als solche für die Brüder Grimm nicht so ganz richtig sind, stimmt denn wenigstens die Adresse? Ob sich das Herr Dr. Stephan Bialas-Pophanken, ein Grimm-Forscher aus Münster, auch gefragt hat oder einfach so „darüber gestolpert“ ist, dass da auch Ungereimtheiten vorliegen, ist nicht so wichtig. In seinem Vortrag jedenfalls, den er am 15. Juni 2012 im Staatsarchiv Marburg gehalten hat und der in dem Buch „Die Brüder Grimm in Marburg“ (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg – Band 25) nachzulesen ist, führte er aus, dass sich aus der Sammlung der vorhandenen Grimm-Briefe eine andere Adresse für die Zeit des Zusammenlebens der Brüder Grimm in Marburg ergibt.
Danach hat Jacob (alleine) unstreitig unter der Adresse Barfüßerstraße 35 - der früheren Hausnummer 39 / Ecke Wendelgasse bei dem Kaufmann Heckmann - gewohnt, bis sein Bruder Wilhelm in Marburg sein Studium begann. Also von 1802 bis 1803. Dann - in 1803 - sind die Brüder gemeinsam in eine Wohnung gezogen, die Bialas-Pophanken unter der Adresse Nr. 149 (bei dem Pedellen Rudolph - zuvor Nr. 144 und heute Wendelgasse 4) ermittelt hat. Ein Haus in der Nachbarschaft zur ehemaligen Wohnung Jacob Grimms.
Wie hat er das festgestellt? Zunächst hat er in einem Brief Wilhelms (enthalten in einer Briefe-Sammlung aus 1881), den er - Jahre nach dem Studium - seinem Bruder Jacob bei einem Besuch aus Marburg schrieb, folgendes gelesen: „….Nämlich dein ehemaliger Hauswirth, der Heckmann hatte gehört, dass ich da sey, glaubte du wärsts, und liess mir eine Stube anbieten. Ich ging also zu ihm, er erkannte zwar seinen Irrthum, sagte aber, dass er dir zulieb gern Wort halte, und so bin ich oben auf dieselbe Stube gezogen und wohne da, wo du sonst gewesen…“. Wenn beide Brüder bei Heckmann gewohnt hätten, dann hätte Wilhelm geschrieben „unser ehemaliger Hauswirt“ und „unsere Stube“. Damit konnte die Wohnung bei Heckmann in der Barfüßerstraße 35 nicht die gemeinsame Wohnung der Brüder Grimm gewesen sein.
So hat Bialas-Pophanken weiter geforscht und eben die tatsächlich gemeinsame Wohnung der Grimms (die Wilhelm nach dem Auszug Jacobs noch bis zur Beendigung seines Studiums weiter nutzte) mit der Wendelgasse 4 ermittelt. Wer sich näher über den Fortgang dieser Forschungen bis zu deren Ergebnis interessiert, dem sei das Nachlesen des Vortrags in der o.a. Veröffentlichung empfohlen.
Wie ging es nun weiter, nachdem in Marburg bekannt war, dass das Schild in der Barfüßerstraße 35 nicht die richtige gemeinsame Wohnung der Brüder Grimm ausweist?
Neue Schilder wurden in Auftrag gegeben. Eines steht - enthüllt in den Abendstunden des 13. September 2013 - nun vor dem Haus Barfüßerstraße 35 und weist darauf hin, dass hier Jacob Grimm von 1802 bis 1803 gewohnt hat und die Brüder Grimm gemeinsam danach in der Wendelgasse 4 wohnten. Das „historische“ Schild wurde am Haus in Höhe des 1. Stocks belassen. Hinter dem (leider derzeit nicht so ansehnlichen) Gebäude Wendelgasse 4 wurde das an der Mauer angebrachte größere Schild erneuert. Darauf werden weitere Informationen zu dem Leben der Brüder Grimm in Marburg gegeben.
Diese Schilder wurden im Anschluss an einen weiteren Vortrag enthüllt, den Bialas-Pophanken - auf Einladung der Marburg Tourismus und Marketing GmbH - im Marburger Rathaus insbesondere vor Stadtführern zu diesem Thema gehalten hat.

  • Das Haus Wendelgasse 4 vom Luth. Kirchhof aus gesehen
  • hochgeladen von Karl Heinz Görmar
  • Bild 1 / 7
  • Tafel am Gebäude Barfüßerstraße 35 aus dem Jahr 1886
  • hochgeladen von Karl Heinz Görmar
  • Bild 2 / 7
  • Neue Hinweistafel vor dem Haus Barfüßerstraße 35 (leider schon durch einen Zigarettenstummel beschädigt)
  • hochgeladen von Karl Heinz Görmar
  • Bild 3 / 7
  • Das Wohnhaus der Brüder Grimm - Wendelgasse 4
  • hochgeladen von Karl Heinz Görmar
  • Bild 4 / 7
  • Die alte Hausnummer am Gebäude Wendelgasse 4 ist noch heute zu sehen
  • hochgeladen von Karl Heinz Görmar
  • Bild 5 / 7
  • Informationstafel hinter dem Gebäude Wendelgasse 4
  • hochgeladen von Karl Heinz Görmar
  • Bild 6 / 7

Weitere Beiträge zu den Themen

Brüder GrimmJacob GrimmBialas-PophankenMarburgGrimm-Dich-PfadMarburger RomantikerFerdinand BangMärchenWilhelm GrimmJohann Heinrich Christian BangSavigny

Kommentare

Beteiligen Sie sich!

Es gibt noch keine Kommentare. Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite