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Die Kleine Kartoffel

Es war einmal eine kleine Kartoffel, von einem Bauern im
Frühjahr, mit Tausenden anderen in die Erde gesteckt, um sich
zu vermehren. Wie alle andere Tausende auch, so vermehrte sie sich
auch, zog große und kleine, schöne und weniger
schöne Kartoffelchen heran. Auf einige war sie stolz, auf
andere wieder weniger, aber so verschieden sie auch waren, alle
wurden im Herbst geerntet.
Eine davon war zwar prächtig gewachsen, aber halt einwenig
verformt, hatte viele Augen, sah nicht gerade zum rein
beißen aus. Aber sie kam wie alle ihre Schwestern auch, auf
den Wagen des Bauern, in die Sortiermaschine und landete, wieder
wie viele ihrer Schwestern auch, auf der Seite zum Verkauf.
Darüber war sie hoch erfreut, denn schmecken würde sie
ja, dachte sie, auch wenn sie nicht gerade wunderschön sei,
aber auf Äußerlichkeiten käme es ja nicht an,
sondern auf den Geschmack. Und so landete sie auch auf der
Verkaufstheke im Supermarkt.
Die Leute kamen, ihre Hände wühlten darin herum und es
wurden immer weniger. Sie blieb unter den wenigen, dachte sich
nicht dabei, dachte halt, sie wurde einfach übersehen. Und
dann, eine Hand nahm sie und dreht sie, schaute sie an, tastete
sie ab und es ging nach langem hin und her in den Einkaufskorb.
Gott sei dank, dachte sich die Kartoffel, jetzt darf ich auch
schmecken.
Sie landete in der Küche, wieder um mit vielen anderen. Doch
immer wieder blieb sie dort liegen, obwohl sie ja schön
groß war, halt nur nicht schön gewachsen, zu viele Augen
hatte, zu große Verformungen, zu viele Ecken und Kanten. Alle
ihre Schwestern wurden vor ihr genommen, nun ja, sie waren ja auch
viel schöner.
Wieder waren es nur noch eine kleine Handvoll mit ihr, die im
Beutel lagen. Die verstrichene Zeit hatte ihr Aussehen nicht gerade
im positiven beeinflusst, aber schmecken würde sie nach wie
vor, und das gab ihr wieder allen Mut.
Mit den wenigen kam sie letztendlich auch an die Reihe. Ihre haut
wurde geschält. Durch die Ecken und Kanten, durch die vielen
Augen kam immer mehr mit ihrer Haut zum Abfall. Letztendlich blieb
nicht mehr sehr viel übrig von ihr, die sie einst so
groß und so schwer war. Zu guter letzt war das wenige, was
noch übrig war, das innerste, langsam Faul geworden, die Zeit
seit ihrer Ernte bis hin zum Küchentisch hatte Spuren hinterlassen. Und so wanderte auch der letzte Rest von ihr in den
Abfall und auf den Kompost.
Bevor sie dort nun langsam dem Ende zu verrottete dachte sie, so
ist es also, es reicht nicht aus einen guten Geschmack zu haben,
man muss auch gut gewachsen sein. Es reicht nicht aus groß
und schwer zu sein, man muss auch noch hübsch aussehen, darf
weder Ecken und Kanten haben, schön rund, eine glatte und
zarte Haut, und nicht wie ich es hatte. Und so vegetierte diese
Kartoffel über viele Wege nicht dorthin wo sie eigentlich hin
gehört hätte, in einen menschlichen oder tierischen
Magen, sondern endete, nur ihres Aussehens wegen, direkt wieder
da, von wo sie gekommen ist, in der Erde!

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15 Kommentare

Ich werde eine Fortsetzung schreiben
und sie zu einem gütigen Happy - End bringen,
so, dass die Kartoffel doch noch zu etwas nutze war.....

Gruß
Luis

Wunderbar - danke!

Danke Luis,
eine Geschichte mit Auge.
Wie man unschwer sieht, rast unsere Gesellschaft weiterhin in Richtung Kieselstein.

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